Kultur

Staatsballett Berlin x Balanchine, Forsythe, Siegal

(Foto: Yan Revazov)

Drei Choreographen und drei Stücke, die verschiedener nicht sein könnten. Die derzeit in der Staatsoper Unter den Linden gezeigten Performances sind nach Aufführungen wie „Doda/Goecke/Duato“ oder auch „Duato/Shechter“ erneut eine gute Möglichkeit, sich modernes und klassisches Ballett anzuschauen, ohne Gefahr zu laufen, sich zu langweilen oder sich bei klassischem Einheitsbrei zu langweilen.

George Balanchine x „Theme and Variations“
Die große Ära des russischen Balletts heraufzubeschwören und die Grundelemente des klassischen Balletts in ihrer Entwicklung zu zeigen ist das Ziel von George Balanchine und „Theme and Variations“. Ein strahlend blauer Hintergrund und große antike Kronleuchter – mehr braucht er dazu zumindest in Punkto Bühnenbild nicht. Sehr klassisch und anmutend sind auch die Tänzer, die hier performen. Alles erinnert an das klassische russische Ballett und dessen glanzvolle Hochzeiten. Das ist natürlich kein Zufall. Der 1904 als Georgi Balantschiwadse geborene und in Russland aufgewachsene Choreograph ist nämlich eng mit seinem „geistigen Vater“ Marius Petipa verbunden, seines Zeichens Vater des klassischen Balletts. Und auch Balanchine selber eilt der Ruf voraus, einer der einflussreichsten Choreographen und „Begründer des Neoklassizismus“ zu sein. Entsprechend klassisch und im Vergleich zu den anderen beiden Choreographien eher unaufgeregt kommt diese Inszenierung daher. Für alle, die mit den Eltern in dieses Ballett gehen auf jeden Fall der ideale Einstieg.

William Forsythe x „The Second Detail”
Ich erspare euch an dieser Stelle Auszüge aus dem gedruckten Abendprogramm zu diesem Stück, da man daraus auch nicht schlauer wird, was genau William Forsythe mit seinem Stück aussagen will. Das Schöne ist aber, dass man das auch gar nicht muss. „The Second Detail“ entfaltet mit seinem ebenfalls minimalistischen Bühnenbild (eine Reihe Hocker im Hintergrund und das Wort „The“ vorn auf der Bühne) nämlich auch ohne das Wissen um den Sinn dieser Inszenierung seine volle Wirkung. Wirken die Tänzer am Anfang noch willkürlich nebeneinander her tanzend, bewegen sie sich im Laufe des Stücks immer synchroner und sind dann aber doch wieder asynchron. Die Musik von Thom Willems trägt ihr Übriges zur Verwirrung bei. Diese klingt nämlich wie eine wildgewordene Ziehharmonika, die parallel von einem Akkordeon begleitet wird, wozu jemand begleitend auf Küchengeräten herumschlägt. Und wer sollte besser geeignet sein als Issey Miyake, der das „weiße Kleid“ am Ende entworfen hat. Klingt alles ähnlich verwirrend wie der Programmtext, erschließt sich aber, sobald man es sieht. Auf jeden Fall eines der beiden besten Stücke des Abends.

Richard Siegal x „Oval“
Ich bin ja immer sehr dankbar für moderne elektronische Musik im modernen Ballett. Insofern hat mich „Oval“ vor allem musikalisch begeistert. Die Musik stammt übrigens von Alva Noto. Aber auch das Bühnenbild (ebenfalls von Richard Siegal) überzeugt als wohl bestes Bühnenbild an diesem Abend. Ein riesiges Oval bewegt und schwebt stetig über den Tänzern. Dabei passen sich die LED-Lichter und ihre Bewegungen stetig dem Beat an, bis sie am Ende flackernd erlöschen. Im Vergleich zu den vorherigen Stücken wirkt Siegals Inszenierung sogar noch getriebener und energetischer als das Stück von Forsythe. Damit holt das Staatsballett dann noch einmal die Besucher ab, denen alles vorher noch immer zu klassisch war.

Im Grunde ist bei dieser Aufführung also für jeden etwas dabei. Für Fans des klassischen Balletts, für Fans des modernen Balletts und für Fans von beidem. Zwei lange Pausen sind bei diesen vergleichsweisen kurzen Stücken allerdings überhaupt nicht nötig und zögern die Aufführung mit 130 Minuten Gesamtzeit unnötig heraus.

Weitere Termine:
DI 04.06.2019
DO 06.06.2019 
MI 19.06.2019 
FR 21.06.2019 
SA 22.06.2019
 

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