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Sprung in den Jungbrunnen

(„H&M“-Store in Shibuya/Tokyo; Bild: Ivan Mlinaric / CC BY 2.0)

Kaum ist man ein, zwei Wochen raus aus dem Modezirkus aka im Winterurlaub abgetaucht, schon überschlagen sich die Neuigkeiten. An erster Stelle: H&M launcht neues Label. Wie, schon wieder? Ist das eine News wert? Geht’s hier erneut um ARKET die hochpreisige und sicher empfehlenswerte Concept Store-Kette der Schweden? Nope, denn die war schließlich im letzten Jahr das große Novum! Jetzt geht es mit /Nyden an ganz anderer Stelle weiter, Stichwort Schulbank und Identitätssuche. 2018 setzt Hennes & Mauritz weiter das Segel der Veränderung und fokussiert unter dem eigensinnigen Markennamen samt vorausgehenden Schrägstrich die gleichermaßen omnipräsente, wie hektische Zielgruppe der Millennials. Au Backe, wer braucht denn das noch, kommt es jetzt sicherlich aus der Ecke der Kritiker geschnellt, denn mit konzerneigenen Teen-Ablegern wie Weekday und Monki scheint die ewig hungrige social media crowd der Jungspunde doch bestens versorgt.

Einen konsequenten und zeitgemäßen Schritt der gezielten Zielgruppenansprache, werden hingegen Befürworter der Idee von umsatzfördernder Fast Fashion darin erkennen. Denn hinter dem Medienecho der neuen Marken schallt es aktuell mindestens genauso laut durch die Presse, dass der ikonische Modediscounter – also derjenige Verlassladen, der global mit jeder Menge Basics, mehr oder weniger interessanten Designerkooperationen und hübschen Weihnachtskampagnen für mehr als zwei Jahrzehnte die Kundschaft becircte, bevor Konkurrenten wie Zara und Uniqlo in Sachen Schnelligkeit den Kampf ansagten – nicht die besten Quartalszahlen vorzuweisen hat. Es ist also nur eine logische Konsequenz, dass „gezieltes Streuen“ jetzt im Vordergrund steht – Ableger wie COS und &Other Stories laufen schließlich erfolgreich weiter im Expansionskarussell, während die ein oder andere H&M-Filiale im Umkehrschluss vom Markt verschwinden wird.

Rücken wir also die neue Marke etwas in den Vordergrund: Der Jungbrunnen /Nyden wird unter der Leitung von Oscar Olsson gelauncht, als neu ernannter CEO (seit knapp fünf Jahren ist er bei H&M im Bereich Analyse und Expansion tätig) lässt er im Gespräch mit dem New York Magazine schon ein paar interessante Gedanken fallen. So setzt sich der Name aus den schwedischen Wörtern „ny“ und „den“ zusammen, „neu“ und „es“ verrät subito die Übersetzung von Google. Und gegen meine oben genannte Einschätzung, wird bei /Nyden nicht unbedingt die Generation der Millenials fokussiert, es geht noch einen Zacken schärfer: Hello, Netocrats. Ähem, hört sich erstmal gefährlich an. Für einen kurzen Moment sehe ich mich mit Mitte Zwanzig näher mit Angela Merkels „Neuland“-Ausspruch verbunden, als mit den inflationär genutzten Begriffsbezeichnungen der heranwachsenden 2000er-Jungspunde. CEO Oscar Olsson bringt im New York Magazine etwas Licht ins Dunkeln: „Der Netocrat reagiert sensibler als je zuvor auf Glaubwürdigkeit, Authentizität und Persönlichkeit. (…) Er reagiert außerdem empfindlicher auf die Ausbeutung anderer Menschen und seiner selbst.“

Wir können also aufatmen und können fortan ansatzweise beschreiben, was in den Köpfen unserer Kinder, Nichten und Neffen vor sich geht. Soweit, so gut. Trotz des ganzen Rattenschwanz an Bestandsaufnahme und Erklärungen geht es hier auf Horstson natürlich hauptsächlich um Mode und Ausdrucksformen. Also los: Bei /Nyden sieht man vor, weniger im Saisongefüge zu arbeiten und stark auf Kooperationen einzugehen. Nicht umsonst steht der Schrägstrich vor dem eigentlichen Namen der Marke. Laut Olsson wird es keinen festen Kreativdirektoren geben, stattdessen wird gezielt auf Co-Creation eingegangen. Den Start machen dabei die Schauspielerin Naomi Rapace und der Tattoo-Profi Doctor Woo, die im kalifornischen Studio von /Nyden die Entwicklung der hauseigenen Designer begleitet haben. Die Co-Creationen werden ab Anfang diesen Jahres ausschließlich online und in ausgewählten Pop-up-Events zum Verkauf angeboten, in limitierter Auflage und nicht vorbestimmten Preissegment – versteht sich von selbst.

Ob es nun ein buntes Potpourri an Influencer-Schauspieler-Sänger-Zusammenarbeiten mit dem neuen H&M-Ableger geben wird oder dennoch eine klare Linie der Designsprache gefahren wird, ist indes nicht geklärt. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf die ersten Bilder von /Nyden und wünsche Euch bis dahin eine schöne Zeit! Klar, Eure Meinung zu dem Thema interessiert mich natürlich auch…

  • Peterkempe
    5. Januar 2018 at 00:51

    Diversifikation ist das neue Zzauberwort ! Vermeintlich individuelle kleinere Einheiten die von Allroundern ablenken und nicht wie Großkonzerne wirken, Sehr schlau von H&M und genau der richtige Weg ! Bin sehr gespannt darauf.

  • Karl
    5. Januar 2018 at 11:21

    Hängt vermutlich mit dem Umsatzeinbruch zusammen 😉