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Zuwachs bei Chanel – die Schotten ziehen ein.

In der schottischen Provinz, um die Stadt Hawick herum, ist es, wenn man arbeitslos wird, nicht einfach einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Region ist berühmt geworden durch ihre hervorragenden Strickwaren-Manufakturen wie Peter Scott, Robertson, Drumohr und natürlich Barrie.
Lambswool, Merino und besonders der festgestrickte Cashmere machten die Schotten berühmt und schottischer Strick ist von nicht bezwingbarer Qualität, hält ewig und ist im Gegensatz zu den italienischen Strickfabrikanten eher klassisch ausgerichtet. Gute Qualität hat seinen Preis, doch Ende der 80er Jahre begann auch dort das große Textilsterben, weil immer mehr Produktionen in Billiglohnländer abwanderten oder die Importe aus Fernost kleinere Betriebe zur Aufgabe zwangen.

Barrie, seit 140 Jahren bestehend, konnte sich behaupten, weil sie neben einer eigenen klassischen, typisch englischen Linie für Firmen wie Brooks Brothers arbeitete und vor allem für die Häuser des gehobenen Prêt-à-Porter auf dem Festland in Frankreich. Hermès gehört ebenso zu den treuen Kunden, wie seit über 25 Jahren Chanel.
Die berühmten Twin-Sets mit den farbig abgesetzten Kanten, die kleinen Rundhalspullover und die Cardigans sind seit eh und jeh „Made in Scotland“.

Anfang des Jahres kam die Firma, die zur Dawson Gruppe gehörte, in Schwierigkeiten und die Unternehmensberater KPMG versuchten eine Rettungsaktion für das Unternehmen, das traditionelle Stricktechniken als einer der wenigen noch beherrscht.
Jetzt wurden die 176 Arbeitsplätze in Hawick für die langfristige Zukunft gerettet. Die Gebrüder Wertheimer von Chanel verfolgen seit vielen Jahren die Strategie, nicht nur ihre Zulieferer und Manufakturen zu erhalten, sondern auch für andere Firmen dieses wertvolle Kapital zu sichern. Tradition, Verträge mit anderen Firmen, auch wenn sie zu den Mitbewerbern gehören und das Personal werden dabei erhalten, gefördert und mit finanziellem Rückhalt versorgt.

2002 wurde die sogenannte Paraffection gegründet – es handelt sich hierbei um eine Art Rettungsschirm unter dem Dach der Chanel Gruppe, die die Zulieferer, mittlere, kleine und Kleinst-Unternehmen aufkauft und neben den Aufträgen für die diversen Chanel Kollektionen das Handwerk und die Ausbildung für die gesamte Branche übernimmt. Dadurch wird für dies Zukunft vorgesorgt, damit die Plattform, auf der alles ruht, dass Handwerk, langfristig gesichert ist.
Anfangs bildeten 7 Firmen den Grundstock: Die Stickerei Legende François Lesage, die Schmuck Manufaktur von Robert Goossens, der Knopf und Metallmacher Desrue, Federatelier Lemarie, Schuhmacher Massaro, Hutmacher Maison Michel gehören genauso dazu, wie der Spezialist für Seidenblumen: Guillet. Der Sticker Montex (von ihnen stammten die Meisterwerke der Frühjahrs Couture) kam später dazu. Jüngster Spross der Familie ist die Handschuhfirma Causse in Millau, dass einst das Zentrum der französischen Gantiers war – schon die Handschuhe der drei Musketiere kamen daher.
Alle diese Betriebe liegen in Frankreich, nun sichert Chanel sozusagen als erster Schritt fast zweihundert Arbeitsplätze im hohen Norden von Großbritannien.

Bruno Pavlovsky, Präsident der Fashion-Departments von Chanel (im Bild oben rechts; nebem ihm der Dirktor von Barrie, Jim Carrie) und ein wirkliches Chanel-Urgestein sagt, als er den Kauf bekanntgibt, stolz „Unsere Firmen arbeiten seit über 25 Jahren partnerschaftlich zusammen und wir erneuern damit unser Versprechen, dass handwerklich kulturelle Erbe, die Tradition und das außergewöhnliche Können zu erhalten!“

Das bewährte schottische Führungsteam bleibt erhalten, genau wie alle Arbeitsplätze und im Gegensatz zu anderen Konzernen will Chanel nicht nur für sich produzieren, sondern die eigenen Pullover und das Arbeiten für Hermès und Co geht wie gewohnt weiter. Schließlich sollen solche Betriebe für alle erhalten werden. Sozial, nachhaltig und mit Blick in die langfristige Zukunft zu investieren, ist ja auch das Schlauste was eine Firma tun kann. Es wäre super, wenn mehr Unternehmen so denken würden.

Wir sind gespannt auf viele schöne Chanel Pullover – vielleicht ja demnächst mit Rauten oder Schottenkaros – Made in Scotland.

Alle Bilder: Chanel/ Barrie

  • Ludger
    19. Oktober 2012 at 18:44

    Ein Grund mehr Chanel zu lieben!

  • Theo
    19. Oktober 2012 at 18:50

    Bei Chanel ist es wenigstens nicht so wahllos wie bei LVMH

  • Monsieur_Didier
    19. Oktober 2012 at 19:23

    …dann zieh‘ ich mein neues Twin Set um so lieber an 😀

    …ich muss gerade wieder an die 5-teilige Doku denken, die auf Arte lief…
    dort wurde diese Denkweise eindrucksvoll unter Beweis gestellt…
    ganz ganz großartig…!

  • Temperance
    19. Oktober 2012 at 22:55

    Groß!!!
    Großartig!!!
    Sozial&nachhaltig!!!
    Und sooo schön!!!