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Wie viel Stil ist zu viel?

Vor dem Spiel gegen Spanien, das mit zirka 3: 1 gewonnen wird, haben wir noch eine kleine Stilfrage in Schwarz-Rot-Gold zu klären.
Als unser Bundestrainer seinen letzten gesicherten Fashion-Fauxpas begangen hat, da waren einige der Leser hier noch auf der Grundschule. Damals liefen die von den Strehles adoptierten Strenesse-Drillinge Bierhoff, Loew und Flick noch in quietschbunten Kurzhosen über die Rasen der Republik. Vollkommen unbeschwert von der Sorge, ob Fußballer und deren Betreuer in Designerklamotten auf Fotos der Topfotografin Ellen von Unwerth in Büchern und auf anderen Werbemittelchen auch wirklich gut vermarktet werden könnten.
Doch dann begab es sich, dass mit den Werbegurus und PR-Spezialisten, die in Heerscharen bei uns einfielen, auch hier das totale Marketingzeitalter des Fußballsports anbrach… so wurde unser Bundestrainer Jogi Loew zu einer Werbeikone der Mode und des Lifestyle gemacht. Weil es andernfalls verdammt schwer bis unmöglich wäre, Klamottenkollektionen, Pflegemittelchen, Reisen, etc. zu verkaufen. Da ist das Siegen bei WM und EM schon eine verdammt harte Sache geworden, nun muss Jogi sich auch noch um den Produkt- und Dienstleistungsmarkt der Republik höchstpersönlich kümmern.
Uns treiben aber nicht Neid oder Missgunst auf so viele Werbemillionen an, sondern die Frage: Wie viel Stil ist bei Männern zu viel? Ab wann wirkt es lackaffig? Wer kann warum schon mal etwas dicker auftragen? Macht zu viel Stil alt? Wird mit dem Stilgedöns etwa die Absicht verfolgt, (erfolg)reicher zu wirken, als man ist? Kann Mann uncool wirken, vom Scheitel bis zur Sohle in eine einzige Symphonie der Labels gewandet?
Einige gänzlich unwissenschaftliche Behauptungen dazu: Alles, das allzu bemüht, durchkomponiert oder zwanghaft wirkt, ist definitiv zu viel. Wer will immer mehr Männer sehen, die gleich aussehen. Deren Blueprints jene bekannten Vertreter aus Wirtschaft, Medien und Politik sind, bei deren Erscheinen ich reflexhaft wegschalte oder dringend weiterblättern muss. Lang- weilig und unsicher wirkt das. Ein Mann, der sich nicht allzu viele Gedanken darüber zu machen scheint, ob das Hemd in Petrolblau auch wirklich zu der Lieblings-Schluffihose in Graublau passt, sammelt bei mir mehr Punkte. Wirkt souveräner und sinnlicher. Etwas weniger Savile Row, Zegna und Gucci können jung und schön machen. Ein Mann mit tollen T-Shirts ist tendenziell fantasievoller und origineller, als einer mit 64 Maßhemden, von der Perle nach Farben sortiert. Und das in wirklich jedem Alter!
Weil Horst mir wegen der negativen Wellen in Richtung Südafrika verboten hat, Horstson Leser zu beeinflussen, frage ich fast ohne Hintergedanken, wie euch die Loew-Bierhoff-Flick-Strenesse-Runwayshow in neoexistenzialistischem Schwarz so gefällt. Ist Fußball mit Bundesjogi in Schwarz noch ein echter Jungssport?

Und ein paar Bilder von richtig eleganten Pinkeln, die es sich aber leisten können, gebe ich dazu und stelle sie ebenfalls zur Diskussion. Erhellt uns bitte!

Bilder: Christoph Schlingensief, Tom Ford by Mathias Vriens, Götz Alsmann

  • Rene Schaller
    5. Juli 2010 at 12:46

    @horst: leider auch noch nicht das gelbe vom ei.

    herr löw sieht einfach unangestrengt gut aus, man nimmt ihm das alles ab. sein schnörkelloser stil wurde erst durch boulevard-magazine zum thema, wahrscheinlich war gerade sommerloch.
    und auch die anderen beispiele passen nicht in die schublade ‚eleganter pinkel‘. schlingensief ist immer noch ziemlich schluffig, tom for atmet mode und kann gar nicht anders als elegant zu sein und götz alsmann hat sich nen look zurechtgebastelt der auch zur künstleridentität passt.

    alle beispiele sind glaubhaft, der artikel ist ein bisschen an den haaren herbei gezogen. finde ich zumindest.

  • Lars
    5. Juli 2010 at 13:34

    Ich finde den, von Strenesse verpassten, Stil unseres Bundestrainers langweilig.
    Nichts gegen simple Basics- aber die sehen doch nur an lässigen Typen gut aus.
    Leider hat Herr Löw weder Ecken noch Kanten.

  • Daisydora
    5. Juli 2010 at 16:08

    @Rene

    Nana, vom Boulevard wir hier nichts abgeschrieben…..ist doch gut für Strenesse, wenn es Leute mit gutem Geschmack gibt, denen die Jogi-Runwayshow gefällt…. die blitzblauen Siegerpullis aus Babykaschmir für 299,- sollen aber leider schon aus sein….

    Chapeau übrigens für die tadellose Haltung bei Rene -vs- Darryl – an den Ringen hängend….. mich hat das sehr gut unterhalten.