Allgemein

Peter’s Cuttings – Giorgio Armani, der Mann hinter der Weltmarke

Einer der schillerndsten und gleichzeitig mystischsten Persönlichkeiten der Mode ist der berühmteste italienische Modeschöpfer Giorgio Armani. Wenig in der Öffentlichkeit, 1934 geboren, ist seine Marke in den letzten Jahren vor allem auf den neuen Märkten wie Russland oder China in unvorstellbarem Ausmaß expandiert. Dabei ist Armani ein echter Könner und Revolutionär der Damen- sowie der Herrenmode gewesen und hat unsere Zeit und vor allem das italienische Modedesign geprägt wie kein Zweiter. Wie kam es dazu und vor allem was war die Antriebsfeder von Giorgio Armani? Der Mensch hinter der Weltmarke und seine Entwicklungsgeschichte sind super spannend und ich möchte euch ein bisschen was darüber in einem zweiteiligen Cutting berichten.

Am Grabe seines Vaters schwor sich der junge Giorgio „Ich will nicht so werden wie er! Ich muss Wege finden um zu Geld zu kommen und möchte im Leben etwas darstellen“. 14 Jahre später, 1975, besitzt er umgerechnet 20.000 Euro und eröffnet sein eigenes Geschäft. Später in riesigen Schritten wurde er zur Weltmarke. Was der junge Mann sich einst vornahm, hat er erreicht: Giorgio Armani Superstar. Ein Glücksfall für Italien, ein Aushängeschild. So leuchtend, dass es der Konkurrenz schwarz vor Augen wird.

Aber bei allem Erfolg wirkt er immer ein bisschen schüchtern und wie auf der Flucht. Bis heute ist der Mann mit den aquamarinblauen Augen, dem Silberhaar und dem gebräunten Gesicht auf der Flucht vor dem Vater. Man hat das Gefühl, dass das Bild des Vaters ihm keine Ruhe lässt und ihn immer wieder zu noch höheren Leistungen anspornt.

Im Juli 1934 in Piacenza geboren; charakterschwacher Vater, Buchhalter in einer Möbelspedition und Mitläufer des Faschismus unter Mussolini. Er schwankt zwischen Zuneigung und Verachtung für seinen Vater, der die Familie immer wieder in Schwierigkeiten bringt. Giorgio Armani will in eine bessere Gesellschaft – er studiert drei Semester Medizin, merkt, dass es nichts für ihn ist. Aber er hat eine überbordende Phantasie und ist was er damals noch nicht weiß begnadet kreativ.
Im Mailänder Kaufhaus „Rinascente“ (es existiert noch heute) kann man so einen dringend gebrauchen. Armani dekoriert Schaufenster, gestaltet Anzeigen und berät das Fashion Department – von da an gab es bei „Rinascente“ nur noch das Beste.
Armani avancierte zum modischen Oberauge und durfte selbst entwerfen – es wurden Gegenentwürfe zu dem, was die Mode damals bot. Einer dachte ebenso: Nino Cerruti. Der renommierte Herrenschneider holte den namenlosen Armani hinter dem Rinascente Tresen hervor und übertrug ihm die Gestaltung einer eigenen Kollektion. „Entdeckt habe ich ihn nicht,“ sagte Cerruti später, „Armanis Talent hätte auch ein Blinder entdeckt.“

Von Cerruti lernte Armani das Handwerk: Stoffkunde, Zeichnen, Zuschneiden und Nähen. „Mein Metier hatte mich gefunden“ sagt Armani. Er sich selbst allerdings noch nicht. Das gelang einige Jahre später Sergio Galeotti, ein junger Toskaner, den Armani im Urlaub kennen gelernt hatte. Galeotti, Architekturstudent mit dem unerschütterlichem Glauben, dass alles möglich sei, war, wie Armani sein wollte: strahlend, optimistisch und wagemutig. Armani dagegen war schüchtern, eher verzagt und vor allem übervorsichtig. Beide fanden das sie sich prächtig ergänzten und beschlossen gemeinsame Sache zu machen. Die Selbständigkeit war die Folge.

1975 präsentierte Armani seine erste eigene Kollektion und erschütterte damit die Branche. Armanis Männer, stilsicher und perfekt nach dem Mies-van-der-Rohe-Motto „Weniger ist mehr“ geschneidert, schockte die Konkurrenz. Seine von Understatement geprägte Eleganz, sein Gespür für Stoffe und erdige Farben strahlten eine Ruhe aus, die bis in die Modehauptstadt Paris für Unruhe sorgte.

Als dann die Frauen nach Armanis Männersachen griffen und sich der Männer Sakkos bemächtigten, entschloss er sich, in der nächsten Saison gleich eine Frauenkollektion mit den gleichen Grundwerten und Stoffen zu zeigen. Vor allem seine neuen Jacken – leicht, ohne formende Polster, frei fließend, geschneidert, wie man es nur aus Maß-Ateliers kannte – ließen die Kollegen frösteln.

Armani und Galeotti hockten derweil in ihrem Atelier, belieferten 24 Kunden in aller Welt und schmiedeten Pläne für die Zukunft. Armani wollte Armani zur Legende machen und Galeotti aus der kleinen Marke ein Imperium. Die Firma wuchs schnell und Armani gehörte schnell auf die feste Liste der Schauen-Kalender. Lizenzen wurden geschlossen und mit großen Schritten in Richtung Traum gegangen.

Als Sergio Galeotti zehn Jahre später starb, glaubten viele das sei das Ende der Armani Legende. Galeotti hatte Armani von der Wirklichkeit des Business abgeschottet und ihn komplett dem kreativem Schaffen überlassen. Nun sah er sich unvorbereitet mit ihr konfrontiert. Er spürte, wie jeder nur darauf wartete, das er scheiterte „Alle standen am Fenster, um zuzusehen, wie ich untergehe“ ist ein berühmtes Zitat aus der Zeit von ihm.
Armani ging nicht unter. Der Perfektionist des Schönen entdeckte die Lust am perfekten Management. In einer Art Crash-Kurs lernte er Bilanzen lesen und Finanzierungen planen. Er stürzte sich, wohl auch um zu vergessen, in noch mehr Arbeit, puschte das noch mit Galeotti entwickelte Emporio Armani Programm, vergrößerte das Verkaufsnetz und setzte das Konzept der eigenen Boutiquen weltweit um.

Das Gestalten litt unter soviel Aktivitäten nicht. Als Modemacher hat er mit seinen zeitlosen Entwürfen längst abgehoben. Er ist ein absoluter Klassiker jenseits des saisonalen Klamotten Karnevals. Für die New York Times ist er bereits 1990 der Designer des 20.Jahrhunderts. Suzy Menkes sieht in ihm und Karl Lagerfeld die letzte Bastion der Mode. Sein Einfluss hat kultische Züge angenommen und seine Scheu bzw. sein Perfektionswahn sind immer noch da. Große Teams reisen voraus wenn er ein Geschäft eröffnet und gestalten die Umgebung ganz wie es der Meister gewohnt ist. „Für ihn ist alles Fremde ein Trauma,“ erklärt der Teamsprecher, wenn man sich erkundigt warum alles so sein muss. Die Staff hat Uniformen und Möbel, Tischwäsche etc. werden ihm gern vorausgeschickt, wenn er sich länger irgendwo aufhält.

Mit der Globalisierung der Welt und dem erschließen neuer Märkte in Russland und dem fernen Osten beginnend Anfang der Neunziger Jahre, begann eine neue Epoche in der Geschichte der Marke und Legende Armani, darüber berichten wir im zweiten Teil über den Mann Giorgio Armani und seine Marke, die wie keine andere für den Aufstieg von Mailand als Modestadt und der italienischen Mode steht.

  • Volker
    1. Oktober 2012 at 10:28

    Schöne Hintergründe die du lieferst! Ich freue mich auf Teil zwei.

  • Siegmar
    1. Oktober 2012 at 13:01

    der 2. Teil wird sicherlich noch interessanter, Armani ist klasse, sehr schöner Artikel

  • Monsieur_Didier
    1. Oktober 2012 at 13:45

    …was soll ich jetzt noch schreiben…
    und auch ich freue mich auf den zweiten Teil…
    es sind wieder Details dabei, die ich noch gar nicht wußte…

    ein Artikel in der bewährten Peter-Qualität…
    ich freue mich jeden Montag auf die neuen Artikel…!