Die Wahl des ehemaligen Givenchy Designers Mark Thomas, der seit dem letzten Jahr die Menswear für das Londoner Label Joseph kreiert, hat für mich eine der schönsten und vor allem zwischen tragbar- und zukunftsweisenden Überraschungen an Kollektion der Londoner Fashion Week letzte Woche hervorgebracht.
Joseph ist nicht nur ein Label, das eigene Damen- und Herren-Prêt-à-porter macht, sondern eigentlich ein Multibrandstore mit Ursprung in der King’s Road in London. Mittlerweile hat Joseph allein in London über 20 Filialen plus einiger Läden in Paris und anderen Weltstädten. Firmengründer ist der Geschmacks-Papst Joseph Ettedgui, der im Friseurladen seiner Brüder Maurice und Franklin in der King’s Road Anfang der Siebziger Jahre Mode des jungen Designers Kenzō Takada verkaufte. Er war von der „Jungle Jap Collection“ so begeistert, dass er schon bald weitere junge Designer der Zeit nach London holte. 1979 kam dann der erste, sofort wegweisende Store in der Sloane Street hinzu, in dem die Kunden auch Designs von Joseph Ettedgui kaufen konnten: Das Stricklabel „Joseph Tricot“ war geboren. Der Sitz und die Passform seiner Hosen wurden legendär und die Frauen rissen sich regelrecht darum …
Bilder: © Joseph
Später kam auch die Herrenkollektion dazu und viele Kooperationen mit Katharine Hamnett, Azzedine Alaïa oder John Galliano machten Joseph zum Sprungbrett oder auch zur Heimat vieler Designer. Joseph suchte immer neue Herausforderungen und dank seiner Kreativität betrieb er auch Restaurants oder entwarf Home Collections. Seine Wohnungen zierten Magazine wie „Architectural Digest“ oder „House & Garden“ in Dutzenden Produktionen. Joseph Ettedguis Name steht in London für Stil, Zeitlosigkeit und für Innovation.
Damit eben dieser Spirit wieder in das Label einzieht, entschied man sich für Mark Thomas, der seinen Beruf eindeutig nicht als Job sieht, sondern als Berufung. Der klassischen Menswear mit sartorialen Anklängen wird er genauso gerecht, wie dem Casual Look, der seine Wurzeln in „Joseph Tricot“ hat.
Bilder: © Joseph
Mark Thomas‘ Linie für Herbst-Winter 2015 richtet sich an einen entspannten Mann. Die Silhouette ist voluminös und die Details sind angelehnt an Erbstücke (Briten lieben Vintage Kleidungsstücke) und an alte Schuluniformen. Im Ergebnis wird dann alles lässig miteinander kombiniert.
Rugby Shirts werden in Webstoffen neu interpretiert und in Leder luxuriös aufgelegt. An den voluminösen Jacken finden sich sportliche Reißverschlüsse und die typische Joseph-Knitwear wird „Jumbo Size“.
Farblich lässt sich Thomas vom irischen Künstler Sean Scully inspirieren, der auch die Patterns der Fair-Isle-Patchwork-Strick-Bilder mit seinem linear-flächigen Stil prägt.
Materialien der Kollektion werden in der Sportswear mit dem ganz besonderen „Touch“ verwandelt, wie zum Beispiel Kreide- und Pinstripes in Wolle als Drawstring Pants.
Bilder: © Joseph
Mir imponiert die Sinnlichkeit, die besonders die Strickpullover ausstrahlen und die sofort zum „Haben wollen“ einladen. Auch wenn die weite Silhouette noch ungewohnt wirkt, weiß Thomas genau was er tut. Als Zielgruppe seiner Designs setzt gleichermaßen auf Fashionistos und gestandene Männer – denn die werden diesen Classic Casual Look ebenso lieben.
Bilder: © Joseph
Die Präsentation während der Herren Fashion Week am Sonntagabend in London hat sofort für große Furore und Resonanz gesorgt. Sicherlich ist von Joseph noch viel zu erwarten und mit dem Begriff „Label to watch“ werden wir es in vielen Männermodemagazinen im Herbst sehen.
London steht oft für Avantgarde oder Experimentelles, dass Klassik neu sein kann, wird bei dieser Kollektion aufs Schönste bewiesen.
Definitiv eines der Highlights der Londoner Saison Openings …
blomquist
17. Januar 2015 at 12:06Ich würde ausnahmslos alles aus der Kollektion tragen wollen!
Markus
17. Januar 2015 at 13:52großartige Kollektion, entspant und von der silhouette wegweisend
Manfred
17. Januar 2015 at 14:18Kannte das Label nicht, gefällt auf den ersten Blick, kommt aber auf die Materialien an. Einiges erinnert an Marni
thomas
18. Januar 2015 at 11:45nicht nur schön geschrieben…
thomash
20. Januar 2015 at 19:07zum glück ist es ja noch ein bisschen hin, bis die sachen im laden sind. da hat man noch zeit, etwas zu sparen.
und der artikel macht soviel spaß zu lesen, dass ich mich bestimmt noch im herbst daran erinnern werde, welche ich von den sachen oben haben will : -))