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Hot Stuff – Yves Saint Laurent launcht die Weltsensation Opium 1977

Zweifellos war Yves Saint Laurent der größte Couturier des zwanzigsten Jahrhunderts, der das Bild der modernen Frau und der Rive Gauche Gemine revolutionierte und der emanzipierten Frau zu einem unnachahmlichen Stil verhalf. Es ist sehr schwer, über ihn zu schreiben, weil man nicht nachvollziehen kann aus heutiger Sicht wie die Stimmung war. als Saint Laurent 1966 das Prêt-à-Porter praktisch für die Couture erfand, und seine erst Boutique Rive Gauche in der Rue Tournon No. 21 in Paris eröffnete. Seine Mode war plötzlich auch den Frauen außerhalb der Couture Salons zugänglich, und man konnte seine Sachen einfach so kaufen. Vorher wurden die Sachen erst gemacht und kosteten das Zehnfache. Trotzdem waren die Looks vollkommen und entsprachen in abgewandelter und etwas vereinfachter Form der Original-Kollektion. Saint-Laurent hatte mega sensible Antennen für die gesellschaftliche Entwicklung und was auf der Straße vor sich ging – das war ihm bei Dior zum Verhängnis geworden als er die brave Couture der End-50er 1960 plötzlich wandelte und Motorradjacken in Kroko, Wollmützen und – wie man heute sagen würde: Streetstyle – in die Kollektion einfließen ließ. Dior feuerte ihn und mit seinem Partner Pierre Bergé machte er sich 1961 mit einem eigenen Couturehaus selbständig, um dann vier Jahre später den nächsten Schritt zu gehen und seine Mode von der Stange zu verkaufen.

Die Boutiquen waren psychedelisch und lässig und entsprachen dem neuen Ladentypus der Boutique – so etwas war vorher noch nie dagewesen: Chanel, Dior etc. machten nur Couture und verkauften in ihren Läden im Erdgeschoss ihrer Häuser nur Parfums, Schals etc. – also keine richtigen Kleidungsstücke.

In den siebziger Jahren waren frische Düfte bei den Parfums modern Bestseller wie Fidji von Guy Laroche, Chanel No.19 oder auch Saint Laurents Rive Gauche waren grasig, grün frisch und es gab praktisch keine schweren Düfte, die zu der Zeit getragen wurden. Die alten Guerlain Klassiker Mitsouko, Shalima etc. gab es zwar noch, aber sie schliefen einen Dornröschenschlaf. Im Frühjahr zündete Yves Saint Laurent eine Bombe und brachte ein Parfum auf den Markt gleichzeitig mit seiner chinesischen Kollektion der in zweifacher Hinsicht ein totaler Skandal war: Erst einmal war er schwer, schwül, mystisch und orientalisch und zweitens trug er den Namen einer Droge: Opium.

Der Flakon ist ein Kunstwerk aus Opulenz: Roter Chinalack, gepaart mit einer schweren orientalischen Quaste, in der Mitte ein Sichtfenster in der die sonnengelbe ölige Droge zu sehen ist. Paris stand Kopf und die Frauen standen Schlange um das für damalige Zeit sündhaft teure Parfum zu ergattern. Opium wurde sofort Marktführer.

Die Welt war zu diesem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt des Discofiebers und der alles verheissende Ort dieser Welt war das Studio 54 in New York von Steven Rubell. Die Welt Prominenz stand Abend für Abend Schlange vor der berühmten Kordel und auf der Empore waren neben Halston, Warhol, Capote und Liza Minelli, Fürsten, Schauspieler, Bianca Jagger, Baryshnikov und und und vertreten. Die Liste der Stars, die das Studio 54 besuchten, würde den gesamten Blog füllen würde man versuchen sie auf Vollständigkeit aufzulisten. Es war der Ort aller Sehnsüchte von tausenden von Menschen und jeder wollte hin. Wo anders als an diesem Ort sollte Saint Laurent die Partys aller Partys machen, um seinen grandiosen Duft zu launchen? Natürlich im Studio 54 mit einer Gästeliste, die in etwa so hochkarätig war, wie die Teilnehmer einer Krönungszeremonie eines neuen Kaisers. Und alle wollten hin an diesen Ort, den der Otto-Normalbürger für die Reinkarnation Sodom und Gomorrhas hielt.

Das Fest war unbeschreiblich wie man es an Opulenz, Stimmung und dem Auftrieb von den bestangezogensten Menschen der Welt nicht mehr überbieten konnte. Zwei Superlative trafen sich in einer bis zum Exzess aufgeladenen Stimmung und die Bilder können nur einen kleinen Eindruck davon geben. Saint Laurents Launch von Opium gehört zu einem der Sternstunden der Mode und der Düfte. Düfte die auch nicht nach zwei Jahren wieder aus den Regalen verschwinden, sondern bereits beim Erscheinen ewige Klassiker sind und mythischen Status erreichen.

Studio 54 meets Saint Laurent – Ach wie gerne wäre man dabei gewesen!!!

  • Jan
    25. November 2010 at 18:04

    „…Paris stand Kopf und die Frauen standen Schlange…“ 🙂 ein toller Satz!
    Ganz im Ernst, deine Texte lesen sich immer wieder sehr spannend, und das obwohl ich 1977 noch nicht einmal geplant war

  • Christopher
    25. November 2010 at 18:19

    Ganz ganz toller Text!

    Very nice 2 Read and Know.

    🙂

  • L
    25. November 2010 at 18:38

    <3 das waren noch zeiten! ich glaube wir wären da alle gerne dabei gewesen, oder auch an einem ganz normalen tag im studio (gab es da normale tage??)

  • Daisydora
    25. November 2010 at 19:40

    Eine schöne Geschichte … man stelle sich vor, es gäbe heute noch diese Art Geschichten rund um die Lancierung eines Duftes….. Danke Peter 🙂

  • Horst
    25. November 2010 at 19:47

    @daisy …dann wären wir im studio54 mit dabei 🙂

  • Daisydora
    25. November 2010 at 19:52

    Au ja Horst, kann ja auch um die Ecke sein… 🙂

  • Horst
    25. November 2010 at 20:07

    und tanzen dazu: http://www.youtube.com/watch?v=Rkrdmf7GzKg !

  • Danny
    26. November 2010 at 01:55

    Ein wirklich interessanter und lesenswerter Text.

  • siegmarberlin
    26. November 2010 at 10:59

    wunderbar Text, wir, damals wohnte ich noch in Frankfurt/M., hatten das wirklich tolle “ Dorian Gray “ und das war einer meiner Lieblingssongs:

    Starz on 54 If you could read my mind 1998

  • blomquist
    26. November 2010 at 18:53

    @ siegmarberlin: Ich liebe den Song!