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Friedhof der Kuscheltiere: Die Kuscheltier-Schlachterei

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Bild: Miroslav Menschenkind

Es gibt zwei gute Gründe, die einen in das Münzviertel führen: entweder man hat sich verlaufen, oder man weiß um den etwas runtergerockten Charme des Quartiers mitten in der Hamburger Innenstadt. Einen dritten Grund liefert in regelmäßigen Abständen die xpon-art gallery, vor deren Schaufenster sich z.Zt. merkwürdige Dinge abspielen: Handys werden gezückt, Bilder geschossen, erschrocken geguckt oder gelacht. Schuld daran ist die Kuscheltier-Schlachterei, die laut Beschriftung schon seit 1886 existiert.
Das stimmt so natürlich nicht, doch tatsächlich war in dem Haus in der Repsoldstraße mal eine Schlachterei. Nun ist es eine Galerie und ich traf Miroslav Menschenkind, einer der Künstler, die die Ausstellung „auf_hängen“ bzw. die Kuscheltier-Schlachterei initiierten …
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Bild: Miroslav Menschenkind

Herr Menschenskind, als ich auf meinem Facebook-Profil ein Foto ihres Schaufensters gepostet habe, waren die Reaktionen sehr unterschiedlich – von „Manche Menschen haben eine seltsame Art von Humor“ bis „Find ich super“ war eigentlich alles mit dabei. Kennen Sie derlei unterschiedliche Reaktionen auf die Kuscheltier-Schlachterei?
Ja klar, die erste Reaktion der Besucher oder Passanten am Schaufenster ist eher ablehnend oder gar schockierend. Männer sind schnell amüsiert und Frauen brauchen ein wenig länger. Nachdem sie sich mit der Kuscheltier-Schlachterei auseinandergesetzt haben, sind in der Regel aber alle begeistert. Ich habe sehr viel Zuspruch und Lob erhalten.

Was ist die Message hinter der Kuscheltier-Schlachterei bzw. der Ausstellung auf_hängen?
Das Thema „auf_hängen“ wurde von der xpon-art gallery vorgegeben. Hierzu haben zwölf Künstler etwas beigetragen. Jeder hat auf seine Art und Weise dieses Wortspiel interpretiert. Ich habe mich von meinem eigentlichen Schwerpunkt, der Fotografie, abgewandt und mit der Installation etwas Neues ausprobiert. Die Kuscheltier-Schlachterei zielt schon auf die oben genannten Reaktionen ab. Es sollen Emotionen freigesetzt werden. Diese sollen einen Denkprozess anregen: Warum bin ich gerade so schockiert, aufgrund der Tatsache, dass hier Teddys geköpft wurden. Am Ende ist es doch nur ein Stück Stoff mit Füllung und doch ruft es mehr Reaktionen hervor als die aufgehängten Schweinehälften in einer Schlachterei oder Bilder von Massentierhaltung.
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Bild: Miroslav Menschenkind

Wie viele Kuscheltiere haben sie geschlachtet und wo haben Sie die alle her? Die Teletubbies hat man ja nicht unbedingt mehr in seinem Keller liegen, oder?
Die ersten Kuscheltiere stammen aus meiner Kindheit. Ich habe sie und die meines Bruders vom Dachboden meiner Eltern geholt. Die meisten kamen aber infolge eines Aufrufs über Facebook. Jede Menge Leute haben noch Kuscheltiere im Keller oder auf dem Boden. Wegschmeißen mag man sie nicht so richtig und spenden kann man sie auch nicht. Ich habe allerdings nur Kuscheltiere angenommen, zu denen keine emotionalen Bindungen mehr bestanden.

Zumindest eine geköpfte Diddl-Maus habe ich in der Galerie entdeckt. Auf eine merkwürdige Art wurde mir die Maus dadurch sogar sympathisch … aber wie sind die Reaktionen von Kindern?
Kinder sind da vollkommen entspannt. Viele experimentieren ja mit ihren eigenen Kuscheltieren auch herum und da ist bestimmt auch schon mal ein Kopf abgefallen. Die Eltern kommen meist eher in Erklärungsnot. Ein Kind wollte unbedingt einen kopflosen Teddy kaufen. Er konnte seine Mutter, obwohl sie kein wirkliches Argument dagegen hatte, aber letztendlich nicht überzeugen. Ein anders Kind fragte seine Mutter, ob in der echten Wurst auch Augen seien. Dieses konnte sie auch nicht überzeugend und reinen Gewissens verneinen.

Haben Sie Zuhause noch Kuscheltiere?
Nein, jedenfalls keine zum Kuscheln. Es lagern aber noch einige im Keller, die bislang noch nicht verarbeitet wurden.
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Bild: Miroslav Menschenkind

Die Ausstellung ist bald zu Ende – was passiert danach mit den Kuscheltieren? Gibt es einen Sale wie in Supermärkten oder landen alle auf dem Friedhof der Kuscheltiere?
Die werden alle fein säuberlich verpackt und warten auf ihren nächsten Auftritt.

Was haben sie als Nächstes geplant? Die nächste Ausstellung der xpon-art gallery heißt „einsicht“ – werden Sie da auch wieder vertreten sein?
Ich habe noch viele Ideen in meinem Kopf, die vor allem mit Fotografie und Musik zu tun haben. Die unerwartete Resonanz auf die Kuscheltier-Schlachterei hat aber auch für den Bereich der Installation neue Ideen freigesetzt, sodass es hierzu in Zukunft auch etwas zu sehen geben wird. Ob schon zum Thema „einsicht“ kann ich allerdings noch nicht sagen.
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Bild: Miroslav Menschenkind

Herr Menschenskind, ich danke für das Interview!
… ich habe zu danken und möchte, da es hier im Blog ja vorrangig um Mode geht, noch auf einen der anderen Künstler der aktuellen Ausstellung hinweisen. Sean Jewallhat sich mit seinem Beitrag dem Thema: ‚Was soll mit getragenem Pelz geschehen? Wegschmeißen oder Recyceln?‘ beschäftigt …

xpon-art gallery
Galerie für Zeitgenössische Kunst
Repsoldstr.45
20097 Hamburg, Germany

Die Ausstellung „auf_hängen“ läuft noch bis zum 23.März 2014

Öffnungszeiten: Samstag bis Dienstag von 18 Uhr bis 21 Uhr
Finissage: Sonntag den 23.03.2014 von 11 Uhr – 16 Uhr

  • Daisydora
    12. März 2014 at 17:25

    Irgendwie skurril und sehr originell, kann ich leider nicht sehen … werde ich aber im Auge behalten!

  • monsieur_didier
    12. März 2014 at 20:34

    …gefällt mir ganz großartig…

  • Siegmar
    13. März 2014 at 15:42

    zuerst dachte ich “ das geht überhaupt nicht “ dann gefiel es mir immer besser :-9