Glosse

Feuerwerk, Föhnfrisur, Finalfieber – der ESC 2025 rollt an

Soviel ist sicher: Glitzer

Am Samstag ist es wieder soweit: Natürlich schaut man den ESC. Nicht wegen der Musik – Gott bewahre – sondern wegen des Spektakels. Der Eurovision Song Contest ist das, was passiert, wenn man einen Moodboard-Algorithmus mit zu viel Tüll, zu wenig Selbstkritik und der gesamten Lagerware eines LED-Herstellers füttern. Und 2025? Wird das Ganze in Basel inszeniert, was passend ist – niemand versteht Glamour mit sozialdemokratischer Kühle besser als die Schweiz. Nicht.

Während also halb Europa hofft, dieses Jahr mit „einem ganz neuen Sound“ zu überraschen (Spoiler: Es wird wieder eine Hymne in Moll mit dramatischem Drop und bedeutungsschwangerem Blick in die Totale), schicken andere lieber gleich die musikalische Antwort auf den Eurotrash der frühen 2000er. Man nennt es „kulturelle Vielfalt“, aber im Grunde ist es ein Remix aus Drag, Dystopie und einem Synthesizer auf Speed.

Und Deutschland? Hat wie immer den einen Act gewählt, den die meisten bei irgendeinem beliebigen Festival in der ersten Reihe ganz „cute“ fänden. Natürlich haben Abor & Tynna eine Message – um Liebe geht’s, oder genauer: Den Schmerz des Wiedersehens mit der verlorenen Liebe, aber auch die klare Entscheidung, nicht zurückzukehren. Das klingt konsequent, genauso wie die Prognose.

Modisch? Der ESC pendelt traditionell zwischen Fiebertraum und Festival. Da stolzieren dann sich auch in diesem Jahr Schulterpolster, die vermutlich eigene Postleitzahlen haben, neben Teilnehmer:innen, deren Kleid aus mehr Spiegeln besteht als die Garderobe bei Selfridges. Accessoire des Abends? Windmaschine. Immer Windmaschine. Ohne sie ist es kein ESC, sondern nur ein launiger Abend in der Karaokebar.

Und ja, am Ende zählt sowieso nur das: Wer hat’s überlebt, wer hatte das bessere Meme-Potenzial und wer kommt in den Instagram-Feed der Eurovision-Redaktion mit dem Hashtag #SlayQueen?

Der ESC ist kein normaler Musikwettbewerb. Es ist Haute Couture auf Rauschmitteln. Es ist Pop, der keinen Chartplatz braucht bzw. für den es auch gar keinen Platz in den Charts gibt. Es ist eine große Bühne für kleine Dramen und noch größere Schulterposter. Und wir? Lieben es.

Also: Lichter an, Glitzer raus, Ironie aus – es ist wieder Zeit für das größte Spektakel zwischen Trash und Transzendenz.

Vive la chanson.