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The Royal Wedding Day: Schafft bitte endlich den Adel ab

Bin ich die Einzige, die das Medienereignis des Jahres gar nicht interessiert oder ist da Draußen noch irgendjemand, der heute nicht zu den kolportierten drei Milliarden Menschen rund um den Erdball gehören will, die am TV-Flachbildschirm haarklein mit verfolgen wollen, wie sich der britische Thronfolger Prinz William und seine Verlobte, Catherine Middleton, in der Westminster Abbey zu London vor dem komplett versammelten Hochadel und Teilen des Brief- und Geldadels sowie dem Briefträger und dem Metzger aus das Jawort geben werden.
Wer erfindet eigentlich solche Gerüchte, wie diese absurde Zuschauerzahl?

Daisys wie immer vollkommen unwissenschaftliche Theorie zu dieser Frage: Es sind all die Käseblättchen und TV-Sender, die davon profitieren werden, dass Frauen im Alter zwischen 30 und 64*, in der Nacht von gestern auf heute reihenweise von der Freitagskrankheit befallen oder sogar dahingerafft wurden, um zuhause am Sofa mit Großpackungen streichelzarter Tempotücher schluchzend-ergriffen dabei zuschauen zu können, wie gerade rein gar nichts weltbewegendes passiert. Da möchte ich nicht in der Haut von so manchem Abteilungsleiter oder Personaler stecken, der das hinzunehmen hat, dass so viele Bürostühle an dem Tag unbesetzt bleiben, weil die Damen was Besseres vorhaben, als ihrer Arbeit nachzugehen.

Es winken gefühlte tausend Prozent Glanz und Gloria, die höchste Adelsdichte des Jahres, denn, es ist nicht anzunehmen, dass zur Hochzeit des gerade noch der Junggesellen-Resterampe entkommenen Herrschers der Monegassen, Fürst Albert II. von Monaco mit seiner Verlobten Charlene Wittstock, zu deren Hochzeitstermin im Sommer noch mal alle vollzählig erscheinen werden. Dabei bin ich jetzt schon sicher, dass man dort wegen Carolines Kindern und deren Freunden wesentlich mehr Schönheit zu sehen bekommen wird… Überhaupt dann, wenn Albert es entgegen den Unkenrufen von Kaiser Karl doch noch schaffen sollte, sich in einen der Hochzeitsanzüge von Christian Dior hinein zu hungern, die ebendieser für ihn ausgewählt hat. Daisy tippt allerdings auf solide Maßschneiderei für den Fürst. Ganz sicher werden wir darüber und über alles andere völlig Überflüssige zu dieser Adelshochzeit ungefragt auf allen TV-Kanälen und in sämtlichen Promi- und Adelsmagazinen ins Bild gesetzt werden.

Von allen Käseblättchen der Yellow Press, jenen mit Tonnen von Grützenfotos bunt bebilderten Heftchen aus billigem Papier, in deren Artikeln westweltweit gefühlt am meisten gelogen wird, sind das Goldene Blatt und seine zahlreichen Imitatoren Daisy der allergrößte Dorn im Auge. Für mich sind das gefühlte minus dreißig Prozent Hirnleistung bei der Hauptzielgruppe, an der dieses Hauptorgan der populären Adelsberichterstattung Schuld trägt. Ich habe eigens auf der Website der Emma nachgesehen, ob Alice Schwarzer etwas zu diesem spezifischen Frauenproblem, der Adels-Amnesie, von sich gibt, die zum Glück nicht tödlich verläuft wie die Bovine Spongiforme Enzephalopathie, aber mitunter von ganz ähnlichen Symptomen wie genannter Rinderwahnsinn begleitet wird: Zero, Flatline, Fehlanzeige, bei Frau Schwarzer. Anscheinend sieht Alice auch bei der dümmsten Frau schon von Berufs wegen nur Rosarot und haufenweise böse herum klüngelnde Männer, die dann auch noch verhindern, dass die typische Goldenes Blatt Leserin und Frauke-Ludowig-Bericht-für-Bericht-Verfolgerin den verdienten Topjob in der Chefetage eines DAX-Unternehmens endlich bekommt.

Daisys Kurzananlyse: Wir Frauen haben in Sachen Promis und Adel echt nicht alle Latten am Zaun. Aber solange der Zauber des Adels auch außerhalb der Yellow Press so bombenfest dazu führt, dass im modernen Deutschland die Hacken zusammen geschlagen werden, ist es reine Utopie, zu hoffen, dass ausgerechnet das Goldene Blatt damit beginnen wird, den Adel und damit sich selbst abzuschaffen. Daisy muss in sich hinein schmunzeln, so oft davon die Rede ist, dass mit dem Ende des Ersten Weltkrieges angeblich sämtliche Privilegien und Titel angeschafft worden sind; der Adel damit den Bürgerlichen gleich gestellt wurde. Lediglich als Namenszusatz und so weiter. Ihr kennt die unehrliche Leier ja auch. De Facto trägt jeder dritte P….r – besonders gerne in den Bereichen PR-, Eventmanagement und in Rechtsanwaltskanzleien seinen Adelstitel wie eine kostbare Monstranz vor sich her. Ich lasse es bleiben, auf unrühmliche Vertreter und allzu menschliche Ausrutscher und Verfehlungen bei Vertretern des Deutschen Adels hier nochmals hinzuweisen.
Den modernen Zeiten, die längst angebrochen sind, würde ohnehin nur die ersatzlose Abschaffung jedweder Adelstitel gerecht werden. Auch wenn das all die Hut-tragenden Schrapnellen und den Grandsigneur unter den Adelskennern, Rolf Seelmann-Eggebert, deren Vorhut seit Mittwoch live vom Platz vor dem Buckingham Palace berichtet, sehr irritieren könnte.

Warum schafft ein modernes Land wie Deutschland das nicht, was in Österreich direkt nach dem Ersten Weltkrieg von einem Tag auf den anderen ohne Heulen und Zähneknirschen und ohne diese Hintertüren, die eben allesamt geschlossen wurden, prima geklappt hat. Der Sohn des letzten Kaisers heißt Dr. Otto Habsburg. Weitere Vornamen sind nur dem Taufschein zu entnehmen. Basta. Ob er einen Schaukeldoktor nach Guttenbergscher Manier erworben hat, ist Daisy nicht bekannt.
Schaffen wir das auch mal, den Adel endlich ganz und gar abzuschaffen? Nach der Traumhochzeit des Jahres sollten wir eigentlich genug von all dem unromantischen Kommerz-Plunder haben, den drei Milliarden Menschen in aller Ruhe auf dem Bildschirm verfolgen wollten, während uns die Welt gerade an mehreren Stellen um die Ohren fliegt.
Können so viel Altruismus und Egoismus wirklich Ausdruck einer edlen Gesinnung sein? Eher nicht. Streng genommen ist das bedenklich und peinlich, dass zwei junge Menschen, die naturgemäß um nichts besser oder wertvoller sind, als jeder andere Mensch rund um den Erdball, sich selbst und ihre Heirat so wichtig nehmen, dieses unwürdige Schmierentheater als kraftvolle PR-Veranstaltung für die Monarchie genauso mit zu machen, wie die unverzüglich noch in den Flitterwochen zu erfolgende Serienproduktion von putzigen Thronfolgern. Das Goldene Blatt und seine Leserinnen zählen schließlich nicht zu den Geduldigsten, wenn es darum geht, der Natur ihren Lauf zu lassen. Wenn sich da bei Catherine kein Bäuchlein gegen die vorher mit Wunderdiät erhungerte Size Zero wölbt und partout kein Nachwuchs ankündigen will, dann wird eben welcher erfunden…. schließlich gilt es mehr als 1,5 Millionen verzweifelte Hausfrauen mit charmanten Lügen – gegen die Leere in deren Leben – bis zum royalen Platzen überglücklich zu machen.

Holt am besten schon mal eure auf handgeschöpfte Bütten kalligraphierten Stammbäume und die bestickten Batist-Taschentücher mit Krönchen und dem Familenwappen anno 1325 raus….

*und guckt euch die Malaise mit der Monarchie bitte auch in den Mediadaten des Goldenen Blatt an

  • Rob
    29. April 2011 at 10:31

    Der Adel trägt zumindest zur Unterhaltung auf aller unterstem Niveau bei (Prinz Foffi etc.) 😉

  • Niko
    29. April 2011 at 10:45

    ich guck mir das Spektakel an und Beckham sah geil aus!

  • siegmarberlin
    29. April 2011 at 11:21

    egal wie, die Prinzen in Uniform ist schon sehr nett

  • siegmarberlin
    29. April 2011 at 15:06

    mit den Käserblättchen gebe ich dir absolut Recht, was da erfunden und fotomontiert wird ist unglaublich u. grottenschlecht auch noch gemacht. Werden aber interessanterweise wirklich überdurchschnittlich gekauft. Man sieht es doch oft genug im Supermarkt, das die älteren Damen gleich mehrere Examplare dieser Blätter einkaufen, eintauchen in eine künstliche heile Welt, wo das goldene Blatt etc. entscheidet, wer glücklich in der Promiwelt ist od. nicht. Ich weiss auch nicht ob der Adel abgeschafft gehört, irgendwie regelt sich das doch von selbst. Ich habe mir heute mal den royalen Glamour gegönnt und fande mich mehr als gut unterhalten. Nur der Hype der jetzt folgt bei Fr. Ludowig u. Konsorten,der wird grusselig.

  • Daisydora
    29. April 2011 at 19:02

    @siegmarberlin

    Ja klar, gegen die Prinzen in ihren Uniformen habe ich nichts einzuwenden ….. die sehen nett aus.

    Aber die Berichterstattung dürfte streckenweise etwas grottig und provisorisch gewesen sein, hat man mir gesagt, stimmt das?

    Und es tut mir ja leid, aber so viel Gedöns und Aufwand für eine Hochzeit, die dann dramaturgisch anscheinend ganz schön dünn verlief, das weist schon eher darauf hin, dass sich da jemand unbedingt verewigen wollte…

    Das Goldene Blatt und all dieser Kram ist für viele Frauen neben Romanheftchen und Frauenliteratur der Hauptlesestoff… traurig, traurig….

    🙂

    @Rob

    So ist es … 🙂

    @Nik

    Da bist du ja voll auf deine Rechnung gekommen, so gut wie Becks aussah…

    🙂