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Peter’s Cuttings Teil 2 – Als Karl Lagerfeld Art Déco war

Paris 1965, die Moderedakteurinnen haben den Trend der Zeit entdeckt und akzeptieren endlich das Prêt-à-Porter der Couture den Rang ablaufen wird.
„Lagerfeld,“ so jubelt die Zeitung Herald Tribune, die Amerika bis heute (durch Suzy Menkes) über Pariser Modetrends akribisch informiert, „ist ein Jahrhunderttalent“. Seine Kollektionen für Chloé sind in aller Munde und im Ranking der Newcomer landet er das erste Mal unter den Top Ten, zusammen mit dem Japaner Kenzo und der rothaarigen Sonia Rykiel.
„Eine neue Generation tritt an, um den alten Meisterschneidern den Thron zu entreißen“ konstatiert die Herald Tribune. Bei Karl läufts hervorragend – neben Fendi (das macht er bis heute) hat ihm der texanische Millionär Evan Richards engagiert. Richards hat ein neues Modelabel gegründet: Tiziano-Roma. Unter ihm soll das verkauft werden, was man sich unter amerikanischem Esprit der Mode vorstellt. Er braucht nur noch einen Pariser Modeschöpfer der den Geschmack der oberen Zehntausend trifft.

Gesagt getan: Innerhalb kürzester Zeit liefert Karl die Kollektion ab. Sie hängt bei Macy’s in New York, mit knapp 20.0000 Quadratmetern das größte Kaufhaus der Welt. Harry Winston dekoriert dazu seine Schmuckkollektion „Katharina die Große“ – die Hollywood Diven sind entzückt. Liz Taylor wird die erste, die für Tiziano-Roma Werbung läuft.
Karl ist, wenn auch nicht unter eigenem Namen schon damals einer der kreativsten und viel beschäftigsten Stilisten. Zu dieser Zeit bricht unter der Ägide eines anderen Deutschen, Daniel Cohn Bendit, in Paris die Studentenrevolte aus, die die Staatsordnung bis in die Grundfeste erschüttert. Die Sorbonne wird geschlossen, der Generalstreik wird ausgerufen. Dafür hat Karl nichts übrig, seine Uhren tickten schon immer anders.
1968 richtet er sich an der Ecke zwischen Rue Saint Sulpice und Place Saint Sulpice seine erste große Wohnung ein, die stil- und richtungsweisend sein sollte.

Für die Einrichtung sucht er nach ganz besonderen Unikaten und entdeckt einen völlig aus der Mode gekommenen Stil wieder: das Art Déco. Viele der Erstauftraggeber sterben zu der Zeit und die Antiquitäten-Händler der Rue du Seine, wie Cheska Vallois oder Anne-Sophie Duval bekommen aus den Nachlässen die schönsten Möbel von Chareau, Frank und Ruhlmann angeboten. Karl entdeckt als erster diese Sachen die später unbezahlbar wurden und lässt in seiner Wohnung einen Tempel für diese Stilrichtung entstehen. Atemberaubend, aber bald so überfüllt, dass er kaum noch darin atmen kann. Es geht ihm ums Entdecken und Aufbauen als Avantgardist. Damals beginnt er damit, dann, wenn die Welt es entdeckt hat, es zu Höchstpreisen zu versteigern. So wird er es später auch mit seinen 17.Jahrhundert Interieurs oder Memphis Sammlungen machen, wenn etwas von exemplarischer Güte zusammengetragen ist, muss er weiter in die Zukunft. Es ist wie bei seinen Kollektionen. Nur das Klassizismus Zimmer seiner Mutter bleibt immer bei ihm. Gemischt wird das Ganze mit modernen Lampen und Design-Stücken seiner Zeit und setzt damit (wie so oft) Maßstäbe.

Beruflich gehen alle Rechnungen auf. Er katapultiert Chloé in den nächsten Jahren in den Modehimmel. Er kreiert die bis heute typische Chloé Grundausstattung. Die romantischen, hauchdünnen Blusen, die langen Hemden aus Popeline – alles etwas männlich aber zugleich ultra- feminin. Seine Inspiration und Wiederentdeckung des Stiles der als brasilianische Sexbombe geltenden Schauspielerin Carmen Miranda bringen zusätzlich schrille Schnitte und Accessoires in die Kollektion. Noch heute basiert Chloé auf Karls Prinzipien. Chloé kann sich gratulieren: Karl hat dem Label zu Weltruhm verholfen.
Als Großverdiener startet er in die 70er Jahre. Ein Designvertrag nach dem anderen flattert ins Haus. Neben Chloé, Fendi und Tiziano-Roma (heute verschwunden) macht er Damen- und Herrenkollektionen für die japanische Firma Isetan, zeichnet Dessous für amerikanische Firmen, macht die Schuhe für die Schuhmarke dieser Zeit, Charles Jourdan, und die Pullover für Ballantyne. Bei Lagerfeld war Globalisierung schon Zuhause, als das Wort noch nicht mal existierte. Von diesen Jahren erzähle ich euch ein anderes Mal, denn das es rasant weiter geht, wissen wir ja alle – bis heute.

  • Monsieur_Didier
    23. Juli 2012 at 14:37

    …vielen Dank für diesen zweiteiligen Artikel…
    da sind wieder Details dabei, die für mich neu sind, das finde ich großartig (hier die Tiziano-Roma Geschichte)
    die Bilder zu diesem Beitrag sind wieder ganz besonders und in ihrer Gänze so noch nicht gesehen…
    einfach klasse…!!!

  • Siegmar
    23. Juli 2012 at 15:07

    es sind immer die neuen Apekte die ich nicht kannte, die deine Artikel so lesenswert machen und die Bilder habe ich bewußt sonst nirgend gesehen.
    Sein Duft “ Cloe “ habe ich wirklich geliebt, den habe ich sogar mal während meiner Bundeswehrzeit an mich gesprüht, ich stand in einer Runde mit jungen Fähnrichen und auf einmal bemerkt einer “ hier riecht jemand wie meine freundin “ war mir noch nicht mal peinlich 🙂

  • peter
    23. Juli 2012 at 15:29

    @siegmar
    you made my day das wort fähnriche hab ich seit der zeit auch nie wieder gehört toll!!!!

  • Monsieur_Didier
    23. Juli 2012 at 15:36

    …da kannst Du mal sehen Siegmar, wie en vouge Du schon warst…
    während meiner Bundeswehrzeit hab ich nur Aigner Nr.1 und Nr.2 benutzt…
    leider gibt es Nr.1 nicht mehr…
    aber egal, heute nehme ich Jicky von Guerlain…

  • peter
    23. Juli 2012 at 15:51

    @monsieur didier bingo hab ich heute drauf:-))jicky frische ladung aus paris…

  • Renate
    23. Juli 2012 at 16:10

    Du verschönerst mir mit deinen Berichten jeden Montag 🙂

  • Horstson » Blog Archiv » Die Woche auf Horstson
    29. Juli 2012 at 09:59

    […] kennt und verehrt ist sein Wissen natürlich umfangreich. Deshalb gab es glatt Teil 1 und Teil 2 der Cuttings! Tags » Autor: Blomquist Datum: Sonntag, 29. Juli 2012 9:58 Trackback: […]