Allgemein

Peters Cutting’s – Margaux Hemingway


Margaux Hemingway by F.Scavullo, 1976; via bittersweet-vogue

Ostern hatte ich eine Begegnung der dritten Art, weil ich bei meinen Schwiegereltern eine Zeitschrift von 1989 fand, in der Margaux Hemingway durch Paris führt, dass im Zeichen des 200 Jahrestages der französischen Revolution Kopf stand. Paris war im avantgardistischen Rausch. Die Bilder und die Orte ließen in meinem Kopf – wie in einer Slotmaschine – alles wieder vor meinen Augen erscheinen, als wär’ es gestern gewesen.

Abfotografiert von der Bunten; 1989

Sie ist in „La Palette“, im Herzen von Saint Germain, noch heute absolute Kult-Institution für Freitagnacht. Geht dann mit dem begehrtesten Jung-Gesellen der achtziger Jahre, Alain Boucheron (kleines Bild links; wir fielen damals alle fast in Ohnmacht wenn er um die Ecke bog – heute kaum mehr nachvollziehbar), in seinem Juwelen Geschäft am Place Vendôme besuchen. Kenzo zeigt ihr seine neuesten Kreationen am hippen Place des Victoires und der Megastar der Jahre, Azzedine Alaïa, liegt als nächste Etappe an. Gewohnt wird standesgemäß im“ Le Bristol“ und gegessen im Grand Vefour. Natürlich sind solche Sensationen verzeichnet, wie die neue Pyramide im Louvre von I.M Pei, die pünktlich zum Jubiläum fertig wurde oder der Nobeltreff Café Costes brandneu von Jungdesigner Philippe Starck entworfen. Das Magazin ist nicht von Condé Nast sondern aus dem Burda-Verlag und man wundert sich, welches Niveau damals Zeitschriften hatten. Es gibt nur 3 Sterne Gastronomie als Empfehlungen (das Jules Verne ist das harmloseste darunter), eingekauft bei Thierry Mugler, Issey Miyake, Comme des Garçons, für die Jungs gibt’s Unterwäsche bei Nikos und Männersachen bei Gaultier und Browns.

Erinnerungen über Erinnerungen – und vor allem wird auch mit einem Schlag klar, wie hochwertig früher Magazine berichteten – fern des Massentourismus’ und mit einem Bildungsbürger-Anspruch. Die Protagonistin Margaux Hemingway hatte man ja auch schon fast vergessen, für mich genau der Anlass euch von ihr zu berichten. Außerdem fällt einem natürlich sofort der Hemingway Familien-Fluch ein. Aber der Reihe nach:

Margaux Hemingway wurde 1954 in Portland /Ohio geboren und war nicht nur die ältere Schwester von Mariel Hemingway, sondern in erster Linie die Enkelin des Nobelpreisträgers Ernest Hemingway, der sich im Juli 1961 das Leben nahm
Margaux, wie auch ihre Schwester Mariel, wollte Schauspielerin werden. Margaux hatte relativ schnell Erfolg und wurde durch einer ihrer ersten Rollen 1976 in dem Film „Eine Frau sieht Rot“ bekannt. Richtig Karriere machte sie aber als Model – vor allem zierte sie in Windeseile die Cover von Vogue, Harper’s und Elle. Margaux wurde weltbekannt und gehörte sozusagen zu den „well known“ People der beginnenden achtziger Jahre. Sie verkörperte perfekt den Stil der Zeit. Stark geschminkt bildete sie den Gegenpol zu der in der gleichen Zeit aufkommenden Brooke Shields.

Sie personifizierte das schöne Gesellschaftsmädchen mit intellektuellen Wurzeln. Ihre zwei Ehen scheiterten und trotz allem Erfolges und der Begehrtheit verfiel sie dem Alkohol.
Ende der achtziger Jahre ließ sie sich in die Betty Ford Klinik einweisen, aber der Entzug scheiterte – Margaux wurde immer einsamer und der Ruhm wurde spärlicher.
1996, einen Abend vor dem Selbstmordtag ihres Großvaters, nahm sie sich das Leben mit Tabletten und wurde erst Tage später von der Polizei gefunden. Außer Ernest und Margaux nahmen sich auch der Urgroßvater und ihr Bruder das Leben – Der Fluch der Hemingway Familie wie man sagt.

Margaux Hemingway ist für mich ein typisches Schönheitsideal einer Epoche der Mode in denen amerikanische Modeschöpfer die Bühne betraten und die ersten Sportswear Einflüsse nach Europa kamen. Amerikanerinnen galten als fortschrittliche und emanzipierte Frauen (was sich später als Trugschluss herausstellte) und stellten vielleicht auch ein Symbol einer Freiheit da, die nicht vorhanden war.

Heute würde man wahrscheinlich mit Lady Gaga solch eine Reportage machen, aber an ganz anderen Plätzen – schön das Margaux uns an Paris 1989 erinnert hat und an sich selbst.

  • Siegmar
    16. April 2012 at 11:25

    toller Artikel über eine wirklich schöne Frau, wie ihre Schwester Mariel und bei Deinem Bericht über Pariser Cafe´s wollte ich noch das Cafe Costes erwähnen, ich war total begeistert davon, leider wurde es nicht als Instituion erhalten, sondern irgendwie verkommen lassen.

  • Ulrike Teterycz
    16. April 2012 at 11:28

    Vielen Dank Peter für diesen wundervollen Bericht. Es ist das Paris, wie ich es kennengelernt habe, als ich als junge Designassistentin anfing regelmäßig zur premier vision zu reisen. Unvergesslich, der Azzedine Alaia Showroom im Marais Viertel, den ich durch Zufall entdeckte, die Läden, welche mich prägten, wie z.B. Sybilla oder neu eröffnet, Jean Paul Gaultier nahe des Place de Victoire oder einer der ersten l’eclaireure Läden in einem ehemaligen Schwimmbad im Marais?! Man ging zum Essen ins Jezebel und wie hieß noch gleich die legendäre Disco (heute würde man Club sagen), nordafrikanisch inspiriert?

  • Ulrike Teterycz
    16. April 2012 at 11:35

    Das Café Costes ist immer noch kultig. Es wurden ihm sogar drei Nagellackfarben von uslu gewidmet, die allerdings mittlerweile nicht mehr exclusiv erhältlich sind. Ich denke, es liegt auch an der leider extremen Kommerzialisierung des Viertels rundherum, dass man es nicht mehr so cool findet. Schade, leider die traurige Entwicklung vieler Innenstadtlagen und historischer Plätze europäischer Metropolen.

  • thomas
    16. April 2012 at 12:10

    Wie immer schön zu lesender Artikel.

  • Ulrike Teterycz
    16. April 2012 at 12:18

    Oder wurden die Nagellackfarben, sind es drei oder vier, dem Hotel Costes gewidmet?

  • Siegmar
    16. April 2012 at 14:56

    @ Ulrike

    war das nicht das “ le bains douche “ ?

  • Ulrike Teterycz
    16. April 2012 at 17:18

    @ Siegmar

    Ich bin mir leider nicht mehr sicher, verwechsle so manches, was ich zu der Zeit so gemacht habe, aber ich glaube es war La Casbah.