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Kunst und Einsamkeit – Else Lasker Schüler im Hamburger Bahnhof


Else Lasker-Schüler; um 1925 © Privatbesitz

Es riecht noch immer nach Elchmist, als ich am vergangenen Samstag den Hamburger Bahnhof in Berlin betrete. Ein einsamer letzter halber Fliegenpilz der Pilzuhr von Carsten Höller erinnert daran, dass bis vor ein paar Wochen hier noch zugedröhnte Tiere weideten. Die meisten drängen sich in die Sammlung Marx zu Beuys, Warhol und anderen modernen Künstlern. Viele sind es nicht, die sich am Sarah Wiener Café vorbei die Treppen hoch zur aktuellen Sonderausstellung bewegen. Hier oben geht es an roten und schwarzen Wänden hängenden Wänden um Else Lasker Schüler. Vielen vielleicht namentlich ein Begriff. Aber wahrscheinlich eher als Dichterin als in Verbindung mit Kunst. Auch mir ist ihr Name bisher nur aus dem Deutschunterricht in der Oberstufe hängen geblieben. Hier oben nun umgeben von meist älteren Besuchern wird deutlich, dass sie viel mehr war als nur eine Dichterin.

© Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin © Galerie Michael Werner, Berlin, Köln und New York

Elisabeth Lasker Schüler wurde am 11.Februar 1869 in Wuppertal geboren. Ihr Vater war Jude, ihre Mutter Deutsche. Lasker Schüler selber galt als Wunderkind der Familie, da sie bereits mit 4 Jahren lesen und schreiben konnte. Ihr erstes Werk schrieb sie Anfang des 20. Jahrhunderts. Später wurde sie zu einer der wichtigsten Vertreter expressionistischer Literatur. Zu ihren Unterstützern und Freunden zählte unter anderem Gottfried Benn. Soweit das literarische Wirken zusammengefasst. Wie kommt diese Frau aber zu einer Ausstellung im Hamburger Bahnhof?
Durch ihren zweiten Ehemann kommt Else Lasker Schüler mit den Künstlern der Brücke, einer expressionistischen Künstlergruppe (Schmidt-Rottluff, Nolde, Kirchner) in Verbindung. Unter anderem auch mit Franz Marc, der ihre Zeichnungen wesentlich beeinflussen wird. Marc ermutigt sie das Zeichnen weiter auszubauen und so beginnen aus anfänglich auf Postkarten skizzierten Bildern kleine Kunstwerke zu entstehen. Dabei beeinflusst sie vor allem die ägyptischer sowie die abendländische Kultur. Auf Reisen unter anderem nach Palästina holte sie sich Inspirationen. Marktplatzsituationen zwischen Einheimischen, Kamelreiter und portraitierte einheimische sind auf vielen ihrer wirklich wunderschönen Zeichnungen und Briefe zu finden. „Jussuf von Theben“ (Jussuf: Arabische Form von Josef), eine von Lasker Schüler erfundene Figur sowie Stern und Mondsichel auf der Stirn ihrer Figuren werden zu ihren Markenzeichen und sogar teilweise von Franz Marc übernommen. Alle Motive ihrer Arbeiten sind wesentlich beeinflusst von Marc. Seine ineinander gestapelten Motive sind abgeändert ebenfalls wieder zu erkennen, wie auch seine Arbeiten mit Metallfolie und die im Profil nach links gerichteten Figuren.

Fotos beide: © Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2010

Parallel zu den Zeichnungen erzählen Ausschnitte aus Briefen sowie einige ihrer Gedichte die Geschichte einer Frau, die in ihrem Leben scheinbar nie richtig angekommen ist. Auf Grund ihres halbjüdischen Vaters und der damit verbundenen Schwierigkeiten emigriert sie 1939 nach Zürich. Dort erhält sie jedoch Arbeitsverbot. Nachdem sie im selben Jahr ihre letzte Reise in ihr geliebtes Palästina unternahm und aufgrund des Kriegsausbruches nicht mehr zurück in die Schweiz kann, fühlt sie sich trotz Schönheit und Inspirationsreichtums einsam, denn sie spricht weder die Sprache dort, noch hat sie viel soziale Kontakte. Aus dieser Zeit stammt folgendes Gedicht:

So bange mir in der
Dämmerungweh….
Legen sich auch schlafen
Die Sterne auf meine
Hand.

Du staunst über ihr
Leuchten-
Doch fremd dir die Not
Meiner Einsamkeit.

Else Lasker Schüler stirbt am 22.Januar 1945 in Jerusalem.

„Else Lasker Schüler – Die Bilder“ noch bis 1.Mai 2011

Hamburger Bahnhof/Museum für Gegenwart Berlin
Invalidenstraße 50-51
10557 Berlin

  • siegmarberlin
    16. Februar 2011 at 15:46

    @ jan who

    beeindruckender Artikel, werde mit Sicherheit mal wieder zum “ Hamburger Bahnhof “ gehen, danke

  • Jan Who
    16. Februar 2011 at 16:29

    Ja. Der ist ja auch immer eine Reise wert 😉

  • Daisydora
    16. Februar 2011 at 19:36

    @Jan Who

    Ich freue mich immer, wenn du so ein Kulturthema machst, weil es mich interessiert und du wirklich gut darüber schreibst! 🙂

    …. aber deine Uhrentipps sind natürlich unschlagbar ….