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Horstson Beautycheck – ist Schönheit wirklich messbar?

Seit dem Verbot der Lancôme Anzeige mit dem retuschierten Gesicht von Julia Roberts in England rauscht es wieder zum Thema Schönheit im Blätterwald. Allerorts macht man sich Sorgen um das Körperbild junger Frauen. Als ob das völlig neu auf dem Globus wäre, dass junge Frauen und nicht nur die, sowieso mehrere Stunden täglich um ihr Aussehen kreisen wie ein Karussell um seine Mitte. Die von den Kritikern des Retuschewahns geforderte Wahrung der Natürlichkeit unserer Gesichter und deren naturgegebenem Verfall wird von den Frauen zu allererst abgelehnt, da Schönheit schon seit mehreren tausend Jahren auch ein Machtfaktor der Frauen untereinander ist. Man versucht, die Konkurrentin oder gleich mehrere davon mit dem besseren Aussehen aus dem Feld zu schlagen, um dann am Ende den Märchenprinz abzubekommen.

Auch mehrere Jahrzehnte intensiver feministischer Arbeit vermochten nichts daran zu ändern, dass Frauen auch im Einundzwanzigsten Jahrhundert mehrheitlich immer noch am liebsten auf die Attraktivitätskarte setzen.
Das Faszinierende daran: Die weitaus überwiegende Mehrheit unter den Frauen schafft es streng wissenschaftlich gesehen trotz allen Maßnahmen nicht, überdurchschnittlich attraktiv zu sein. Das macht aber ohnehin nichts, da erstens Männer sich relativ wenig darum kümmern, da sie wie die Mehrheit der Menschheit der westlichen Hemisphäre ohnehin nur gelernten Schönheitsidealen huldigen, ansonsten aber nicht wissen, wann jemand wirklich schöner vor ihnen steht. Und zweitens die meisten Menschen sich ohnehin viel attraktiver einschätzen, als sie de facto sind.
Viele Männer suchen gerne nach dem Ähnlichkeitsprinzip, das heißt, je öfter ein Typ unter den Frauen in der Umgebung zu finden ist, desto besser passt die Frau in die Norm und wird daher eher als attraktiv empfunden. Ein Umstand, der all den Frauen mit relativ normalen Gesichtern und dieser Einheitsfrisur aus blond gefärbten und gesträhnten Haaren in Deutschland sehr zugute kommt.
Für mich ist an all den Eindrücken nur interessant, dass sich Legenden über Schönheit einfach nicht ausrotten lassen. Seien es nun die Bilder der Missen bei Misswahlen, die so gar nicht dem aktuellen, modernen Frauenbild entsprechen, oder der Irrglaube, Models wären nur wegen der Schminke auf Fotos so schön, der Humbug, die Schönheit hauptsächlich auf die Symmetrie in Gesichtern zurück zu führen und eben die Tatsache, dass wirkliche Schönheit frei nach dem Chaosprinzip funktioniert.
Attraktivitätsforscher wie der Regensburger Psychologe Dr. Martin Gründl, der zusammen mit drei Kollegen im Jahr 2001 für die Forschungsreihe „Ursachen und Folgen von Attraktivität“ mit dem Deutschen Studienpreis der Köber Stiftung ausgezeichnet wurde, versuchen mit Hilfe von standardisierten Portraits von Frauen und Männern und einer Morphingsoftware den Nachweis darüber zu führen, dass wir alle die Mischung aus mehreren attraktiven Gesichtern, die nach den sattsam bekannten, alten Kriterien ausgewählt wurden, als attraktiver empfinden, als real attraktive Einzelpersonen.

Die Testbilder dazu kennt ihr vielleicht, habt die errechnete Idealfrau (oben links) irgendwo abgebildet gesehen und euch vielleicht eine Meinung dazu gebildet, wie ihr das attraktivste Durchschnittsgesicht findet, das es auch als Missen-Ausgabe anno 2002 (oben rechts) gibt.
Manchen geht es wahrscheinlich wie mir: Ich finde, das Ergebnis mag als Rechenleistung haltbar sein, aber im wirklichen Leben können beide überdurchschnittlich attraktiven Frauen Dr. Gründl’s keinesfalls mit realen Beauties bzw. nicht mal mit sexy Durchschnittsfrauen mithalten. Die Gesichter, die das Morphing-Programm errechnet hat, treten überhaupt nicht aus der Masse hervor. Man merkt sich diese Gesichter einfach nicht, vergisst sie gleich wieder. Und das nicht nur, weil im Vergleich damit Model- oder Künstlergesichter als feste Bildnisse in unserem kollektiven Bildergedächtnis sehr gut verankert sind.

Was wir öfter sehen und an sich schön finden, wird automatisch schöner. Bilder prägen unseren Geschmack und der ändert sich bei den meisten von uns mit den gerade vorherrschenden Looks. Das Forschen nach den Reizgrundlagen der Attraktivität von Gesicht und Figur finde ich dennoch gut, auch wenn die Ergebnisse für mich nur von abstrakter Bedeutung sind. Man beachte die grundlegende Verschiedenheit der Körperformen von Sophia Loren (oben links), Gwyneth Paltrow (oben rechts) und Angela Lindvall (links), einer Model-Mutter von zwei Kindern. Alle drei galten und gelten heute als schön. Und auch wenn viel an Disziplinwundern wie Madonna herumkritisiert wird, würden sich viele Frauen den drahtigen und zierlichen aber muskulösen Körper der Künstlerin wünschen.
Niemand will wirklich so durchschnittsschön aussehen wie die Frauen auf den Testbildern, aber viele Frauen wollen so aussehen wie Angelina Jolie und andere Beauties, die nur in seltenen Fällen vollkommen symmetrische Gesichter haben, aber trotzdem wunderschön sind.
Ein Ranking der schönsten Frauen der Welt zu erstellen, ist unmöglich und unsinnig. Dazu müsste man viel zu viele Kriterien werten und viele zu viele Gesichter vermessen und bekäme am Ende doch nur ein sehr Präferenz gesteuertes Ergebnis heraus, weil niemand dazu in der Lage ist, alle Frauengesichter zu betesten oder auch nur annähernd relevante Samples zu bilden.
Worauf ich aber bestehe, ist die Bedeutung des richtigen, guten Gesichtsausdrucks, der für die Schönheit steht, die von innen kommt. Ein Gesicht ist nur dann wirklich schön, wenn die Person einen schönen Gesichtsausdruck hat, der unabdingbar ist.
Ihr könnt das ja an meinen zwölf sehr verschiedenen, aber allesamt wunderschönen Frauen überprüfen, die ich auch deshalb ausgesucht habe, weil sie einen unschlagbar schönen Gesichtsausdruck haben. Man kann das manchmal nicht erklären, weshalb ein Gesicht so außergewöhnlich schön ist, schon gar nicht mit dem Vokabular und den Werkzeugen der Wissenschaft. Da ist etwas Magisches im Gesicht einer Eva Green, und zwar auch hinter der überaus schönen Fassade. Und ich finde es darum auch ganz wunderbar, dass es zwar objektivierbar und messbar ist, weshalb manche Gesichter besser wirken als andere, aber ansonsten jeder das Gesicht am schönsten finden darf, das er gerade am schönsten findet.

Für mich sind Amber Valetta, Cate Blanchet, Charlotte Cashiragi, Charlotte Gainsbourg, Christy Turlington, Diane Lane, Eva Green, Jennifer Connelly, Julianne Moore, Liya Kebede, Marion Cotillard und Natalia Vodianova (oben; von links nach rechts) ganz ohne Zweifel zwölf der schönsten Frauen der Welt und damit heute meine zwölf Favoritinnen, mit denen auch sehr verschiedene Geschmackspräferenzen abgedeckt werden können. Zum Glück verlangt niemand von uns, auch genauso schön zu sein, denn neben einer dieser Frauen kann man weder als zigtausendfach abgebildetes und bejubeltes It-Girl noch als Prinzessin wirklich glänzen.
Mit dem zwanghaften Verhalten von Frauen und Teens haben die vielen Bilder wirklich schöner Frauen in Magazinen glaube ich wenig zu tun. Die würden sich so und so auch weiterhin mit allen Mittelchen bearbeiten und dekorieren, die der Kosmetikmarkt so hergibt, auch wenn der unrealistische Fall eintritt, dass gutes Aussehen, oder das, was viele dafür halten, nicht mehr wichtig wäre. Man definiert sich über einen bestimmten Look und will damit die Konkurrentin aus dem Feld schlagen, um den besten Mann und Versorger abzubekommen. Interessanterweise sind aber laut einer aktuellen Umfrage von Forsa nur vier Prozent der Frauen und zwei Prozent der Männer Deutschlands mit ihrem Gesicht nicht zufrieden. Sample: 1000 Menschen über 18 Jahren.
Das Thema Schönheit steckt voller Widersprüche und wir sind weit davon entfernt, hier irgendwas Wasserdichtes erforscht zu haben. Kommen aber zum Glück im Alltag bestens ohne Wissen darüber zurecht. Würde man mich nach eine guten Rat in Sachen Schönheit fragen, hätte ich nur diesen: Es ist doch ohnehin gar nicht möglich, so strahlend schön wie eine dieser zwölf Frauen zu sein. Oder doch? Sagt ihr mir, welche euch am besten gefällt, bei welcher ihr mir unbedingt widersprechen müsst und wen ihr ansonsten in ein inoffizielles Ranking der schönsten Frauen der Welt hinein reklamieren wollt.

Bilder: Header Steven Klein, Inez Van Lamsweerde, Vanityfair.com, www.beautycheck.de, Screenshots

  • siegmarberlin
    18. August 2011 at 11:09

    Die Auswahl ist wirklich sehr gut, ich würde noch die wunderbare Sophia Loren u. die schöne Lauren Hutton dazunehmen.

  • Horst
    18. August 2011 at 12:10

    Die Idealfrau und die ideale Miss sehen aus wie Zwillinge! 🙂 Kate Moss fehlt noch!

  • Daisydora
    18. August 2011 at 13:36

    @siegmarberlin

    Dankeschön, du hast natürlich recht, die Aufzählung ist naturgemäß nicht vollständig …

    Sophia Loren und Lauren Hutton halten sich schon seit Jahrzehnten in solchen Rankings, die finden einfach viele Leute schön, ich auch … Es gibt übrigens ein französischestämmiges Model, bzw. eine Schauspielerin, wie wie Sophia Loren in jung aussieht: Magali Amadei

    @Horst

    Ich finde die gemorphten Schönheiten gruselig, in beiden Ausgaben …. und Kate Moss ist super, aber eben ganz anders schön ….

  • klaer
    31. August 2011 at 20:48

    ui spannendes thema ..zumal ich gerade aus dem urlaub komme, geflashed von einem ganz anderen schönhetsideal … hotshortest-paints und highheel ( nein eigentlich skyscraper ) –> also eher nicht mein bild von schönheit….( und nebenbei bemerkt meine kuzhaarschnitt ist dort älteren damen vorbehalten:-))

    deinee auswahl : find ich sehr treffend weil alle frauen samt keinen bestimmten typ bediene ( blond –> blodndchen, oder lia kedebe …sieht auch irgendwie internatinal aus..wenn das jetzt vertändlich rüber kommt

    zu diesem thema gabe es auf gallileo einen versuch/ untersuchung .. ein mathematiker hatten den goldenen schnitt ausgerechnet etc. und um das ergebnis einigermaßen vergleichzu machen hatte man nur models genommen..
    fazit die frau mit dem goldesten schnitt ( von allen männer auf platz 1 gewoählt) kam bei mir auf den vorletzen platz.. zu guten halten muss ich mir aber dass meine nr 1 von dem modelscout auch auf platz 1 gelandet ist.. bie den probanden auf mittleren plazt…
    ausserdem find ich den ansatz, dass wenn man schön seiin will auch richtig schön sein muss ..und nicht symmetrisch

    ergänzen würde ich die riga um penelope cruz und giesel und daria