Paris Fashion Week

Das Raf-finement des Monsieur Simons – Christian Dior Womenswear Spring-Summer 2014

Wer würde sein Defilee* mit einem wahren Blütenregen von magischer Farbenpracht durch den Pariser Florist Éric Chauvin in einen Zaubergarten von irritierender Schönheit verwandeln lassen, wäre da nicht Großes zu feiern?
Die Rückkehr von klarer Schönheit und moderner Anmut, rasante Eleganz auf der Höhe der Zeit und eine umwerfend gelungene Kollektion, die wahrlich alles an Talent zeigt, das Raf Simons aufzubieten hat. Der richtige Mann, zur richtigen Zeit, am genau richtigen Ort! Monsieur Simons hat die Aura der Marke Dior wohl längst verstanden, begegnet der Geschichte mit Respekt und verfügt über die Vision, wie man Denkmäler pflegt und mit neuen Facetten anreichert, ohne die selbst eine Ehrfurcht einflößende Legende wie Dior mehr ein Museum als zeitgenössische Luxusmarke mit ruhmreicher Zukunft wäre. >

Magisch, umwerfend futuristisch, wunderschön … das sollte oder besser gesagt, würde schon reichen, die Kollektion “Trans Dior” zu beschreiben. Simons als Transformator für die ruhmvolle Marken-DNA, hin zu Modernität und dem Mut zu neuer Schönheit in der Luxusmode. Für mich kam dies als Botschaft schon in dem Moment an, als mir angenehm auffiel, dass man beim Cast konsequent auf alle It-Models und diese Model –Gremlins verzichtete …

Christian Dior Spring-Summer 2014

Man kennt das ja: Mal mehr mal weniger, springt der Funke bei einer Schau über, oder die Ideen wollen einfach nicht zünden. Irgendwie aber alles ohne diese magischen Momente, wie im Theater, einem besonderen Konzert oder ähnlichem … Als ich dieses Defilee zum ersten Mal sah, war ich ergriffen und auf höchst altmodische Weise gerührt von der Anständigkeit der ehrlichen Leistung, die Raf Simons bei seinem Arbeitgeber und den Fans der Marke gerade abgegeben hatte.

Peter hatte das glaube ich gerade erst auf den Punkt gebracht: Manches an originellen Ideen und Kollektionen bei den Prêt à porter ist so aufgesetzt, dass man regelrecht ermüdet davon … auch ich will manchmal nicht noch mehr aufgetackerte Recht- oder Dreiecke auf Folienkutten sehen … sondern gute Arbeit von jemand, der das kann, was er da macht.
Und Raf Simons Umgang mit dem handwerklich Machbaren ist geradezu virtuos: Da werden die von mir geliebten Sonnenplissees nicht nur reihenweise schräg geschnitten verarbeitet, sondern – verlaufen horizontal, so als könne Simons mühelos über Wasser gehen … Überhaupt sind es die Plissee-Details an Kleidern, Shorts, an Röcken und Jackets, die eine fließende Leichtigkeit verbreiten, die das streng konstruierte, das asymmetrische (fabelhafte Mode-Architektur ist das) und avantgardistische im Wechsel konterkarieren oder intensivieren. Über alles Gängige setzt sich Raf Simons mit kreativer Neugier hinweg, nur am Körper der Trägerin sollten die kühnen Konstruktionen dann schmeichelnd als futuristische Schönmachermode überzeugen. Was ihm mühelos gelungen ist.
Mit farblicher Vielfalt und Eloquenz und der Raffinesse von ungesehenen Kombinationen. Hat man hellblau gestreifte Hemdblusenkleider schon mal besser und aufregender gesehen, als genau hier? Ich jedenfalls nicht!

In der Theorie ist Schwarz mit bunt für mich irgendwie durch – aber hier bin ich hingerissen davon, wie viel Kraft in den Kleidern, den Cache Coeur artigen Oberteilen mit Cut Outs, die diesen handwerklichen Aufwand auch tatsächlich rechtfertigen … mit fliessenden Röckchen, Shorts und so weiter … steckt …
Woraus entsteht Modernität bei einer Marke wie Christian Dior? Für mich aus dem Umgang mit neuen Formen, die man bekannten Kleidungsstücken gibt, die wie gute moderne Modearchitektur wirken – immer mit den perfekten Proportionen, wie das ja bei gelungener Architektur auch stets der Fall ist. Mode darf sich kühner Formen bedienen und auf gefährliche Terrains bewusster Stilbrüche begeben, am Ende muss der Entwurf aber gut sitzen und die Frau irgendwie schöner machen, die das trägt. Niemand braucht kuriose Objekte für mehrere tausend Euro, in denen man seltsam und verkleidet wirkt …

Damit spielt Raf Simons, er kann sich erlauben, neben den unverzichtbaren Handwerkszeugen der High Fashion auch die Segnungen von CAD und Laserschnitt-Technologie in Entwürfen zu nutzen, die ganz schön viel Couture haben, so verrückt das auch klingen mag. An dieser Stelle sei gesagt: Ich liebe den genialen Schachzug der Luxuslabels, jede Saison mehr Elemente und Handwerk der Couture in die Prêt à porter zu übernehmen. Bei Christian Dior nicht erst in dieser Saison unübersehbar.
Habe ich Favoriten? Oh ja, eine ganze Menge, jedenfalls viel mehr, als ich auch nur annähernd kaufen könnte … werde … wer weiß das schon. An meiner wie immer subjektiven Auswahl der Bilder aus der umfangreichen Kollektion kann man glaube ich gewisse Vorlieben ablesen. Das Raffinement des Monsieur Simons bei Christian Dior ist jedenfalls ganz mein Fall!

Normalerweise tu ich das nicht, aber hier schon: Großartig und passend, die Musik (Michel Gaubert), Modernität braucht Tempo; wie schon erwähnt, der freakfreie Cast (Maida), die Maquillage, da kommt ihr nie drauf, wer sich die Goldbrauen und güldenen Augenlider ausgedacht hat (Tyen, virtuos umgesetzt von Pat Mc Grath und Team) und der Sleek-Look der Haare kommt von Guido Palau … Production & Direction, Bureau Betak, Licht, Philippe Cerceau, Video, Videopolis & Tender Night und dann noch mal die Blumen von Eric Chauvin …

Es ist geradezu feierlich und wundervoll, dass man in der Mode ab und zu diese magischen Momente erlebt, in denen man ganz sicher ist, etwas wirklich Schönes gesehen zu haben, hier gemacht von jemand namens Raf Simons, der sich bei Christian Dior nur noch selbst übertreffen kann. Wo hat er gelernt, sich solche Schuhe herbei zu fantasieren?

*immer wieder, müsste es richtig heissen, Eric Chauvin hatte schon einige Male für die Blumen-Inszenieruingen bei Dior Defilees gesorgt. Un Jour de Fleurs: 22, rue Jean-Nicot, Paris 7. Arrond. ; 77 und 85, av. du Roule, Neuilly-sur-Seine

  • peter
    4. Oktober 2013 at 10:58

    Artikel und Dior Kollektion-Superbe!!Merci a Raf-Merci a Daisydora!!

  • Siegmar
    4. Oktober 2013 at 14:02

    ein wundervoller Artikel, die Kollektion ist ein Traum, Raf Simons hat wirklich die Dior-Kollektion zum absoluten Höhepunkt und schönsten gemacht, es sind wirklich magische Momente. Hier ist alles stimmig und die Schuhe sind ebenfalls ein Traum.
    Dein Satz „Das Raffinement des Monsieur Simons bei Christian Dior ist jedenfalls ganz mein Fall!“ trifft es zu 100 Prozent. 🙂

  • Daisydora
    4. Oktober 2013 at 15:33

    @peter

    Dankeschön Peter! … 🙂

    @Siegmar

    Auch Dir vielen Dank … 🙂 und mögen die BerlinerInnen in Deinen Quartiers auch damit lustwandeln …

  • Shout-Outs: Die Blogger-Woche | Fashion Insider
    4. Oktober 2013 at 16:47

    […] Wie bereits bei Lagerfeld setzte auch Raf Simons bei der Dior Show auf ein fantasievolles Setting. Die Models liefen unter einem zauberhaften Blütenregen. „Horstson“ hat einige Eindrücke… […]

  • x x x
    5. Oktober 2013 at 07:11

    neuer designer der einer marke mit RESPEKT begegnet und weiter führt.
    HEDI….please have a look !!!!

  • Eveline
    5. Oktober 2013 at 12:50

    Hach, Raf Simons bringt mich immer wieder zum Staunen. Jeder versucht ja einen Klassiker „neu zu erfinden“. Ihm ist das mit dem Hemdkleid doch tatsächlich gelungen. Insgesamt einfach wieder eine großartige Kollektion. Die Schuhe haben eine so starke Signatur, die erkenne ich aus 100m Entfernung als „Raf Simons für Dior“.

    @ x x x couldn’t agree more!

    @Daisydora und das gesamte Horstson Team, toller Bericht, die gesamte Berichterstattung von den Schauen ist top!

  • PeterKempe
    5. Oktober 2013 at 14:37

    @ Eveline
    Tausend Dank! Wir versuchen uns sehr in die Philosophien hinein zu versetzen und das unterhaltsam herüber zu bringen! Es wird noch ein paar sicherlich genau so interessante Rezensionen geben! Herzlichen Dank fuer die Anerkennung!

  • Daisydora
    5. Oktober 2013 at 16:46

    @x x x

    Ich glaube, da dürfte schon Absicht dahinter stecken … bei Saint Laurent passiert ja nichts zufällig. Aber wer weiß, ob man bei der neuen Klientel auf das richtige Pferd setzt … Für die Kinder der Nouveau Riche ist das Brand Entertainment von Hedi Slimane schon passend … 😉

    @Eveline

    Ich schließe mich Peter an und sage Dankeschön 🙂 … bei solchen Kollektionen schreibt sich das wie von selbst …