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Are We Powerful? … heute ist Weltfrauentag!

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The Suffragette Movement

Ob Lilliluise Ristow das bei ihrer Pensionierung im Jahr 1970 geahnt hatte, dass mehr als vierzig Jahre danach immer noch die wenigsten Frauen dort landen, wo sie gut elf Jahre war: im Vorstand eines Bluechips oder DAX-Unternehmen.
„Wenn eine Frau nach oben will“ … In Deutschland haben die Männer noch immer ein Führungsmonopol … so Heidi Dürr in DIE ZEIT vom 18. Dezember 1970. Seit damals haben sich die Arbeitswelt und die vorangestellte Schulrealität für Frauen und Mädchen sehr zum Besseren verändert. Aber erstens nicht überall und schon gar nicht für alle. Für zu viele Frauen steht fest, wenn es nicht klappt, womit auch immer: Schuld daran sind immer die anderen. Erkläre mir bitte jemand, warum das noch heute so ist: Es war entweder Mutti, die bessere Hälfte oder der Heilige Geist. Daran, wie Frauen selbst ihre Karrieren verhindern, haben auch all die Jahre des Feminismus nicht grundlegend etwas geändert. Nichts gegen die einschlägigen Leistungen von Alice Schwarzer. Mit ihr verhält es sich ungefähr wie mit den Grünen, seit ihrem Erscheinen. Ohne sie wäre Deutschland nicht dieses Land geworden. Leider haben weder Zeit noch Beobachtungen Sie gelehrt, dass es der Sache diente, auch den Frauen ab und an den Spiegel vorzuhalten und unbequeme Wahrheiten zu sagen.
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Screenshot Zeit; World Womens Day

Aber am heutigen Weltfrauentag soll den Abermillionen Frauen Raum gegeben werden, die für ihre Rechte kämpfen und auch denen, die sich in den Dienst der guten und richtigen Sache stellen. Oft gibt es ganz in der Nähe Heldinnen und Helferinnen. Frauen, die einen lehren, dass es so viel zu tun gibt. Wer weiß schon in Deutschland, dass in einem Land wie Tschetschenien, Frauen geraubt werden und den Räuber dann heiraten müssen. Und wenn der Mann, der so viele Frauen rauben kann, wie er mag und benutzen will, von einer genug hat, kann er sie ohne Scheidung und alles einfach vom Hof jagen. Und wenn im selben Land eine Frau fremd geht, ich bin sprichwörtlich aus dem Stuhl gekippt, als ein Vater von vier Töchtern mir das erzählte, ist es üblich, dass die Familie des Betrogenen die Frau tötet und einfach verscharrt. In der Regel mit dem Wissen und Einverständnis der leiblichen Eltern. Da passt es mal wirklich, diese Zustände unfassbar zu nennen.

Zum Glück haben auch unaufgeklärte und vollkommen rückständige und durch die Sozialisierung in diesem Land barbarisch gewordene Väter sehr kluge und mutige Töchter. Die den Mut aufbringen, aus ihrem Dorf, das umringt von altem Wald, in dem sehr große Bären nach Nahrung suchen, und in dem sie neunzehn Jahre außerhalb der wirklichen Welt lebten, zu flüchten. Die Eltern monatelang in Ungewissheit lassend. Ihren eigenen Weg in die Freiheit suchend. Seinen Platz in der modernen Welt zu finden, kein einfaches Unterfangen. Aber wer sich traut, aus dem tiefsten Mittelalter, in dem Frauen gar nicht so weit von uns entfernt, ihren Mund halten, wenn der Mann sie „mein Schaf“ nennt, ins 21. Jahrhundert Deutschlands zu flüchten, dem werden auch weitere schwere Dinge gelingen.
In diesem Sinne ehre ich heute Seda aus Walerik bei Atschoj-Martan (ich kann das aussprechen, viel mehr, ich weiß auch, wie man Dneprpetrovsk, das ist eine Viermillkionenstadt in der Ukraine, richtig ausspricht) und eine der ehrenamtlichen Helferinnen, Barbara Gladysch, die schon so vielen Menschen auf der Flucht half und bei dem Wind aus der falschen Richtung schon mal eine Ehrung aus Protest wieder zurück gibt, weil der Bürgermeister der Stadt Düsseldorf nicht die Fahne der Solidarität für Tibet hisste, wie in so vielen anderen Städten Deutschlands geschehen. Das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse lehnte sie ab. Zusammen mit den anderen 999 Aktivistinnen war sie für das Projekt PeaceWomen Across the Globe für den Friedensnobelpreis mit nominiert. Das sind nur zwei ganz stille Heldinnen, aber von der Sorte, die in Summe all derer, die auch so geartet sind, peu à peu unsere Welt zum guten verändern.
Erzbischof Desmond Tutu steht als Patron der Aktion im Dienst des weltweiten Kampfes um gleiche Rechte für Frauen: „Join us for WOMEN’S DAY LIVE.“
„I invite women and men to gather in every city around the world to celebrate over a hundred years of progress for women. Seize the clear opportunity to make poverty history by empowering women and girls in the world today.“ Women and girls hold tremendous potential and if we come together to be their champions we will benefit and change the future course of humanity.“
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Screenshot CNN; World Womens Day China

Was mit den Suffragetten und politischen Aktivistinnen wie Emmeline Pankhurst und Wegbegleiterinnen in England begann, die für das Wahlrecht der Frauen erstmals in London und dann New York auf die Straße gingen, haben moderne Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer weitergeführt. Emily Davison ist dafür gestorben, dass sie und alle anderen Frauen das Wahlrecht und Zugang zu Universitäten bekommen, viele der Aktivistinnen wurden dafür inhaftiert … und heute lebt in westlich geprägten Ländern eine Generation junger Frauen, die aus alledem schöpfen und wählen kann, was Suffragetten und „Emanzen“ für uns Frauen erstritten. Vollkommen paradox: die latente Unzufriedenheit mit jedem und allem, insbesondere mit der Unfolgsamkeit der Männer, dem eigenen Look, dem anderer Frauen und so weiter und so weiter, war erlebt noch nie so groß wie heute.
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Schuld sind immer die anderen! Die Nachwehen des Feminismus. Frustrierte Frauen und schweigende Männer von Astrid von Friesen von Ellert & Richter

Ich habe entgegen all meinen Lesegewohnheiten, das sehr treffende Buch einer Fachfrau gelesen und vor Vergnügen alle paar Seiten vor mich hin gequiekt. Darin beschreibt die Journalistin, Diplom-Pädagogin, Psychotherapeutin und Buchautorin Astrid von Friesen sehr anschaulich, warum (manche oder viele, nicht alle!!!) Frauen über jedes und alles lamentieren und die wandelnde Unzufriedenheit sind. Ihre besseren Hälften ständig herumkommandieren wollen und dies auch in aller Öffentlichkeit ohne jede Not tun. Ohne mal darüber nachzudenken, wie das wirkt und dass es auf einen selbst zurückfiele, hätte man sich ohne Zwang ausgerechnet einen Blödmann ausgesucht. Das Buch kann ich allen Frauen und Männern, die Frauen bessere verstehen lernen wollen, nur wärmstens empfehlen.

Kurzum: Es gibt überall noch viel zu tun für Frauen und deren Anliegen. Jeder und jede muss für sich entscheiden, wo anzusetzen, am sinnvollsten ist. Mich hat man in meinen Rechten noch nie beschnitten. Es gab noch nicht mal die kleinste Diskussion. Mit Männern klarzukommen, die leichteste Übung. Mit modernen und klugen Frauen, desgleichen. Daher widme ich die Zeit und Energie, die ich habe, um etwas für Frauenrechte zu tun, den Frauen in den Teilen der Erde, deren tagtägliche Sorgen nicht von Nabelschauen, Jourlooks, Outfitlieben, Glitzertops, der Frage „Bin ich schön“ oder ist Sylvie van der Vaart schöner und der neuesten Designer Kollaboration bei H&M handeln.

In diesem Sinne, YOLO, Mädels. Macht euch ruhig mal für andere Frauen nützlich. Es gibt auch für Frauen in Deutschland keine Zeit zu verschenken. Man macht sich weiter hübsch, will sich und anderen gefallen, aber dann auch noch stundenlang drüber sabbeln, wie alte Weiber auf Parkbänken über ihre Wehwehchen und Krankheiten, dafür hat eine moderne Frau im 21. Jahrhundert bestimmt keine Zeit!

Und in genau einem Jahr, gibt es ein großes Konzert.

Das wars von Daisy am Weltfrauentag!

  • monsieur_didier
    8. März 2014 at 19:03

    …ich bin in einem von Frauen dominierten bzw. geprägten Haushalt aufgewachsen und bin sehr glücklich, dass Gleichberechtigung mit der Muttermilch aufgesogen wurde…

    ich weiß noch wie heute, als meine Mutter mir erklärte was eine Suffragette ist…

    Frauen, die sich klein machen und „bedauern“ dass sie nicht die gleichen Rechte wie die männer haben finde ich eher nervig…
    niemand muss sich bedauern wegen etwas, das ihm/ihr zusteht…
    sich mit Charme zu nehmen und vor allem zu leben ist für mich ein wundervolles Recht für alle…

  • PeterKempe
    8. März 2014 at 20:05

    Suffragetten kennt doch bestimmt heute kein Mensch unter 30 mehr – toll, dass Du das erklärst! Leider hab ich in den letzten Jahren eher das Gefühl, dass viele Frauen sich wieder auf ein sehr konservatives Frauenbild zurückziehen – nach dem Motto „Hauptsache er hat
    Geld und man ist versorgt “ … das find‘ ich schade für die Emanzipation.

  • Daisydora
    9. März 2014 at 10:19

    @Monsieur_Didier

    Du also auch, ich habe drei Schwestern 😉 … und sicher hilft es, das Selbstverständnis, mit dem gleiche Rechte für alle ohnehin das Normalste sind, von zuhause mitbekommen zu haben. Und an Deinen Zeilen zu Thema, lese ich wie so oft heraus, dass Du mich genau richtig verstanden hast und ich mit Dir genderthematisch auf einer Linie liege 🙂 … jetzt müsste ich nur noch bessere Las Vegas Schuhe finden … und Charme hilft immer!!!!

    @PeterKempe

    Vermutlich hast Du recht … ich habe mich lange nicht über das Thema mit Jugendlichen unterhalten … in der Schule sollte das ja hoffentlich mal 30 Minuten drankommen … ich stimme Dir zu, das neue Frauenbild ist zum Teil eine gekonnte Rolle rückwärts. Die Motivforschung bestätigt Dein Statement und ich könnte stundenlang darüber staunen, wenn ich diese modernen Supermuttis beobachte, die ihre (manchmal missratenen) Kinder auch noch wie Weltwunder bestaunen …. 🙂