Foto: © Adrien Dirand
Jonathan Andersons Dior-Debüt im Jardin des Tuileries begann mit einem Paukenschlag – oder besser: mit einer Schuhschachtel. Die imposante Installation von Luca Guadagnino und Stefano Baisi, in der Adam Curtis Dior-Geschichte in flackernden Bildern über ein umgestülptes LED-Pyramidendach laufen ließ, war so spektakulär wie schwer verdaulich. Am Ende schrumpfte das Pathos zu einer simplen Dior-Box zusammen – als ob man die Vergangenheit wie ein Paar Pumps verstauen könnte. Clever? Ja. Subtil? Weniger. Gänsehaut? Qui!
Nun geht es natürlich nicht um die Show, sondern um die Kollektion. Die Kleider selbst zeigten Andersons gewohnte Doppelbödigkeit, die er schn bei Loewe unter Beweis gestellt hat und die man bei seiner Dauer-Kooperation mit Uniqlo leider seit einigen Saisons vermisst. Er liebt die Reibung zwischen Alt und Neu, und so verwandelte er für Dior die ehrwürdigen Bar Jackets in verkleinerte, aufgeschwollene Skulpturen, die mehr nach Architekturstudie als nach Couture rochen. Überall Schleifen: mal kokett auf Spitzenkleidern, mal streng auf drapierten Röcken, mal neckisch an Taschen. Was bei Dior einst Zierde war, mutierte bei Anderson zum Grundmotiv – fast obsessiv, fast ironisch.
Doch klickt euch erstmal durch eine Auswahl der 74 Looks:
Zwischen flatternden Capes, voluminösen Shorts und zarten Spitzen mischte sich eine Spur Unruhe. Die Spannung war gewollt, doch nicht jede Idee hatte die Reife, um die Bühne zu beherrschen. Andersons Empathie für das Haus Dior wirkte aufrichtig, doch manchmal schob sich sein intellektuelles Spiel mit den Codes so sehr nach vorn, dass die Mode selbst wie Nebensache wirkte.
Und doch: Es gab Momente purer Schönheit, wenn Stoffe wie Wasser über den Körper flossen oder wenn die Silhouette plötzlich eine Klarheit gewann, die Dior’s berühmten „New Look“ nicht nur zitierte, sondern weiterführte. In diesen Sekunden spürte man, wie viel Potenzial in diesem neuen Kapitel steckt.
Andersons erste Dior-Kollektion war kein perfektes Meisterwerk sondern ein lebendiges Versprechen. Sie spiegelte den Wunsch nach Erneuerung, den Mut zur Überraschung und die Freiheit, ein großes Erbe nicht als Bürde, sondern als kreative Spielwiese zu begreifen. Nach der Show zeigte sich Anderson hinter der Bühne sichtlich bewegt – eine emotionale Echtheit, die vielen Marken im glattpolierten Milliardenmarkt abhandengekommen ist. Doch gerade darin liegt die Kraft dieses Neubeginns, in Andersons Vision könnte Dior nicht nur seine Vergangenheit ehren, sondern seine Zukunft neu erfinden.











