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Wovon junge Frauen nicht träumen!

Wir leben hundert Jahre nach dem Triangle Fire … und man sollte meinen, die westliche Welt hätte aus dem Arbeitskampf der Textilnäherinnen aus der Triangle Waistshirt Factory in New York die richtigen Lehren gezogen.
In dem schrecklichen Feuer in der Greene Street, das der Bewegung voranging, fanden am 25. März 1911 146 Näherinnen den Tod. Größtenteils unter zwanzig Jahre alt. Viele davon noch minderjährig. Kinderarbeit war wie heute auch, gang und gäbe. Müßig zu erwähnen, es waren junge Frauen mit Migrationshintergrund, die froh sein mussten, überhaupt ein paar Dollar zu verdienen.
In den USA des frühen 20. Jahrhunderts löste die Katastrophe eine Gesetzesnovelle aus, in deren Folge Kinderarbeit verboten werden und Arbeitsschutz- bzw. Brandschutzbestimmungen Platz greifen sollten. Lang, lang ist das her.

Heute, im 21. Jahrhundert erfreuen wir uns an den Segnungen moderner globalisierter Produktion, die es uns ermöglicht, auf dem Rücken der Ärmsten der Armen in der Dritten Welt und dern Schwellenländern, noch mehr Klamotten für relativ wenig Geld einzukaufen.
Die Nachricht von dem Brand in Bangla Desch, bei dem am Samstagabend, nach bisherigen Angaben 109 TextilarbeiterInnen ums Leben kamen, könnte einem buchstäblich wie ein Nadelkissen im Halse stecken bleiben. Es ist mehr als bloßes Unbehagen, das sich da regt. Man bekommt die sprichwörtliche gesunde Wut, wenn man bedenkt, dass das Feilschen um Groschenbeträge, die im Wettbewerb dann den einen oder anderen millimeterdünnen Vorsprung bringen, dazu geführt hat, dass man bei den großen Textilern möglicherweise mal wieder am falschen Platz den Rotstift angesetzt hat.

Betroffene Familien sollen nun einen Betrag von 1230 Dollar erhalten. Dies versprach der Verband der Textilhersteller und -exporteure den Angehörigen der Toten. Selbstverständlich werde man auch die Kosten der medizinischen Behandlung der Verletzten übernehmen.
Der Meldung auf Spiegel-Online ist zu entnehmen: Es gibt alleine in Bangladesch rund 4.000 Textilfabriken dieser Größenordnung und wahrscheinlich mit ähnlichen Arbeits- und Sicherheits- bedingungen. Auszuschließen ist das jedenfalls nicht. Gewerkschafter reden sich die Münder fransig zu dem Thema mangelnder Sicherheitsbedingungen in den Textilbetrieben.
Wir von Horstson fragen uns: Kann uns das wirklich ganz unbeeindruckt lassen, wenn wir Klamotten einkaufen? Sollten wir nicht noch viel öfter mit den Füßen abstimmen, wer weiterhin Erfolg hat mit seinen Klamotten und der dahinter stehenden Einkaufspolitik?

Schon klar, mit dieser Gedächtnisnotiz zur Unterstützung des Kampfes für angemessene und menschlich vetretbare Arbeitsbedingungen in der Dritten Welt rufen wir auch wieder all jene auf den Plan, die da wissen, das selbst die großen Marken in Billiglohnländern produzieren lassen. Aber damit, dass dann immer wieder gar nichts passiert, liebe Modemädels und -jungs, kann man sein Gewissen auch nicht gerade ruhig betten, oder?

Alles in der Welt hängt mit allem zusammen und der viel zitierte Flügelschlag des Schmetterlings kann auch im Positiven alles verändern. Kauft den Kram einfach erst dann wieder, wenn sich wirklich was geändert hat.

Hier noch die Liste der Namen der Triangle Factory Brandopfer. Ob Hemden-, Blusen- oder T-Shirt NäherIn, es steckt immer ein Mensch mit einem Namen, mit Wünschen, Plänen und Träumen dahinter, der wegen der Kurzsichtigkeit anderer viel zu früh ausgeträumt hatte.

  • peter
    27. November 2012 at 12:33

    eigentlich verschieben sich in jedem jahrhundert nur die märkte…..mal sind wir die sklaven…morgen sind es andere…nur leider lernt niemand aus diesen dingen!!großartig daisy hab gerade neulichst die geschichte wieder gelesen und musste auch sofort an die paralelen zu heute denken!!

  • Volker
    27. November 2012 at 12:34

    Da ist sie ja wieder! Zum Thema kann ich nur sagen das ein Skandal ist das Firmen unter solchen Bedingungen herstellen.

  • Daisydora
    27. November 2012 at 12:42

    @Volker

    Ja, und diesmal aber richtig …. tut mir leid, dass ich nach dem Comeback nochmals projekttechnisch verhindert war. Aber nun schreibe ich wieder fleissig und bin froh, alle Horsonians wieder zu haben 🙂

    @peter

    Ich bin vergangene Woche im TV auf die Triangle-Geschichte gestossen, die ich schon wider vergessen hatte, und zwei Tage danach brannte es in Bangla Desch.

    Solche Zustände sind einfach skandalös, darin sind wir uns hier alle ganz sicher einig.

  • Stefanie
    27. November 2012 at 12:55

    Leider funktionieren folgende Links nicht: Feuer der Greene Street (weil doppelt verlinkt) + spiegel.de (ebenfalls doppelt verlinkt) + Namensliste.

    Ansonsten: Wahre Worte.

  • Daisydora
    27. November 2012 at 12:57

    Liebe Stefanie, danke für den Hinweis. Ich rufe Horst gleich mal an …..

  • Sandra
    27. November 2012 at 14:03

    Finde ich superklasse, dass das Thema auch in einem Modeblog aufgegriffen wird. Ich fage mich nur, ob nicht auch teure Marken günstig und unter widrigen Zuständen Ihre Kleidung produzieren lassen?

  • Siegmar
    27. November 2012 at 14:35

    @ Daisydora

    toll wieder einen Artikel von Dir zu lesen, gerade zu diesem Thema gibt es sicherlich viel zu sagen, natürlich produzieren auch sehr hochwertige Labels in 3. Welt-Länder, es geht natürlich in erster Linie um Gewinnmaximierung der Unternehmen, die billigend solche Zustände in Kauf nehmen. Vor kurzem habe ich einen Artikel gelesen, wo ein großes Unternehmen die Produktion gewechselt hat, weil die neue Firma ca. 0,75 € billiger war als der bisherige Produzent. Der Großteil der Konsumenten interessiert das aber nicht, Hauptsache billig.

  • Daisydora
    27. November 2012 at 14:39

    @Sandra

    Auch darauf haben wir ein Auge, ob und wenn ja welche der großen Marken noch unter suspekten Bedingungen produzieren lassen. Wir haben immer wieder Berichte zu dem Thema und damit verwandten …. und ich werde anlässlich der Reaktionen auf das Drama die alten „Sünder“ noch mal genauer unter die Lupe nehmen. Absolut niemand sollte so produzieren lassen.

  • Daisydora
    27. November 2012 at 14:45

    @Siegmar

    Ich danke dir, nun bin ich aber wirklich wieder ganz hier und Horst hat schon einiges von mir auf Halde und ich nehme mir wieder die Zeit, viel zu schreiben. Freue mich auf euch!

    Ganz sicher hast du recht, da liegt auch bei Labels, die wir mögen, ganz sicher noch Vieles im Argen und wir werden das sicher noch öfter thematisieren müssen und uns gerade auch über die Produktionsbedingungen bei den großen Labels schlauer machen. Den Artiekl habe ich nicht gelesen (wo war der denn?), aber schlimm ist das ohne Ende.

  • Siegmar
    27. November 2012 at 17:35

    @ daisydora

    der Artikel war in der NZZ, gab es glaublich auch auf Arte, bin mir aber nicht sicher.

  • Wolfram
    27. November 2012 at 18:39

    Ich denke, dass man das weiter spannen muss. Es fängt nämlich schon in dem reichen Deutschland an.
    Mehr als 1/3 aller Arbeitnehmer heute sind Teilzeitbschäftigte, Mini- o. Midijobber, haben nur befristete Verträge. Momentan haben wir rund
    7,4 Mill Minijobber (vergleich 2003 5 Mill) 26% haben Teilzeitvertäge. In dem Unternehmen für das
    ich arbeite, liegt der Anteil der unbefristeten
    Vollzeitmitarbeiter bei unter 20%(Textileinzelhandel)Diese prekären Arbeitsverhältnisse führen dazu, dass die Mehrzahl der Konsumenten beim Einkauf die erste und wichtigste Möglichkeit sehen, die Ausgaben einzuschränken. Sie sind folglich nicht bereit mehr Geld für ein T-Shirt usw. ausgegeben, also das günstigste Angebot zu nehmen, dass der Markt hergibt (siehe den Erfolg von Primark in Deutschland)Die Politik muss dafür sorgen, dass die Menschen wieder von ihrer Arbeit leben können,ohne aufstocken zu müssen oder einen 2. Minijob annehmen, wobei dann beide Jobs steuerpflichtig werden. Diese Menschen werden nicht mit ihren Füßen abstimmen, weil sie sich kein T-Shirt für 50€ leisten können. Sie kaufen eben bei H&M, C&A, Primark usw., wollen trotzdem
    modisch dabei sein, ohne dafür viel Geld auszugeben.

  • Daisydora
    28. November 2012 at 10:11

    @Siegmar

    Dankeschön, ich mache mich auf die Suche …..

    @Wolfram

    Du hast natürlich recht, wenn man das Thema auf eine abstrakte Ebene hievt, dann müsste man viel weiter ausholen und wir sind da ganz bei dir, inklusive vieler Leser. Wir hatten uns hier auch schon zu ähnlichen Themen wie Deinem Ansatz etwas weiter aus dem Fenster gelehnt.

    Weil wir aber ein Modeblog sind und auch mit uns die Begeisterung das eine oder andere Mal durchgeht, sind wir leider auch nicht über jeden Zweifel erhaben, haben aber auf einem guten Weg schon eine Teilstrecke zurückgelegt. Und, dafür kann jeder Schreiber auf Horstson garantieren, Horst würde seine Seele, die seiner Schreiber und Leser nie dafür verkaufen, von einem dieser Heinis Geld für sponsored Posts oder ähnlichen Käse von Billigheimern zu nehmen.

    Und als kleine kritische Anmerkung dies hier: Auch Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen brauchen nicht so viele Klamotten, wie viele davon im Schrank haben. Man kann auch mit weniger Klamotten modisch sein.