Meinung

Und alle so: Hä?

Das Bild ist 2017 während der Bauarbeiten entstanden, als Chanel von der Maximilianstraße 20 zur Hausnummer 6 zog; Bild: Horstson

Die russische Nachrichtensprecherin und Influncerin Marina Ermoshkina ist sauer. Und wenn sie sauer ist, also so richtig sauer, muss sie scheinbar ihrer Wut freien Lauf lassen. Das macht sie, ganz ihrem Influncer-Dasein gerecht, vor ihren knapp 300.000 Followern. Sie zerschneidet eine Chanel-Handtasche, weil die Luxusmarke keine Ware mehr an Menschen verkauft, die ihren Hauptwohnsitz in Russland haben. „Für uns – russische Mädchen – spielt es keine Rolle, Chanel in unserem Leben zu haben“, wie Ermoshkina unter dem Video schreibt, bei dem Anblick sich ein Gefühl der Fremdscham einschleicht. „Wir waren immer das Gesicht dieser Marke, wir waren diejenigen, die seit unserer Kindheit eine Tasche dieser Marke kaufen wollten. Und das haben wir getan. Aber keine Tasche, kein Ding ist meine Liebe für mein Heimatland wert, nicht meinen Respekt für mich selbst.“ Sie sei gegen Russophobie und zur Folge auch gegen eine Marke, die ihrer Meinung nach Russophobie unterstützt. Ermoshkina fordert ihre Follower zudem auf, es ihr gleichzutun, um Chanel-Produkte zu zerstören.

EU-Ausfuhrverbot für Luxusgüter

Das, worüber sich Ermoshkina empört, ist Teil des vierten Sanktionspakets, das im März wegen des Angriffskrieges, den Russland gegen die Ukraine führt, beschlossen wurde und unter anderem ein EU-Ausfuhrverbot für Luxusgüter beinhaltet – und, oh Wunder, auch den Import von Luxushandtaschen verbietet. Um das zu gewährleisten, hat Chanel „ein Verfahren eingeführt, um Kunden, deren Hauptwohnsitz uns nicht bekannt ist, zu bitten, zu bestätigen, dass die von ihnen gekauften Artikel nicht in Russland verwendet werden“, wie ein Sprecher von Chanel ggü. „The Telegraph“ erklärte. Chanel sichert sich also ab, dass wohlhabende russische Kunden nicht über Umwegen Luxuswaren in Russland einführen.

Auch Victoria Bonya zerstört eine Handtasche von Chanel

Auch die russische Influencerin und Schauspielerin Victoria Bonya (die Komödie „Maximum Impact“, an der die Russin mitgewirkt hat, wird übrigens bei IMDb mit 2,3 Sternen von 10 bewertet) lud ein ähnliches Video hoch, in dem sie eine Chanel-Tasche mit einer Schere zerschneidet. Bonya habe noch nie eine Marke gesehen, die sich ihren Kunden gegenüber so respektlos verhält, wie sie in der dazugehörigen Bildunterschrift schreibt. Respektlos verhalten sich allerdings vielmehr Marina Ermoshkina, Victoria Bonya und all die anderen Influencer:Innen ggü. den Menschen, die die Taschen und die Kleidung hergestellt haben.

Warum Bonya ausgerechnet ihre Chanel-Handtasche zerstört, statt den Rolls-Royce, vor dem sie in Monaco wenige Tage später posierte, mit einem Hammer bearbeitet, erschließt sich dem Betrachter nicht. Stattdessen bleibt ein Gefühl zurück, dass sich am besten mit „Hä?“ beschreiben lässt.
Vielleicht ist sich zumindest Marina Ermoshkina nicht mehr so ganz sicher, was sie mit dieser theatralischen Aktion zum Ausdruck bringen wollte: In ihrem letzten Beitrag schreibt sie, dass sie noch einige Artikel der Marke Chanel übrig habe. „Natürlich werde ich sie nicht wieder ruinieren. Es wurde einmal getan, um einen öffentlichen Aufschrei zu verursachen.“ Sie möchte alle Chanel-Artikel, die sie noch besitzt, verkaufen und mit dem Erlös den Opfern im Donbass helfen … Hä?

  • thomash
    11. April 2022 at 09:47

    Schön wäre es, wenn in der Kundinnendatei bei Chanel ein Vermerk über so eine Aktion angelegt würde, dass solchen Kriegshetzerinnen auch nach dem Krieg nichts mehr verkauft wird. “Das Gesicht der Marke“? Lol

  • Thorsten Schulte
    11. April 2022 at 10:03

    Man will nur angekelt mit dem Kopf schütteln. Hoffe diese Damen werden nie wieder irgendeine Rolle in der freien Welt spielen. Da sterben Menschen durch einen von Russland geführten Angriffskrieg und diese Damen beweinen Handtaschen. Hä…

  • Eva Parke
    11. April 2022 at 10:42

    Den Verdacht, unter selbstüberschätzenden InfluencerInnen könnten sich auch solche befinden, die an einem Zweieinhalberbsengehirn laborieren, hatte ich immer schon. Aber die Impetinenz der gennanten Actricen setzt da noch einen drauf. Unerträglich und nicht entschuldbar ist das!

    Ich hoffe und denke, Chanel hält hier Kurs und schließe mich den Kommentaren von Thomash und Thorsten Schulte an.

  • Künasts Sieg, Nötige ARD-Reformen, “Maskenpflicht, kennste kennste?” - Legaltime
    11. April 2022 at 15:19

    […] 5. Und alle so: Hä?(horstson.de, Sascha Pietsch)Russische Influencerinnen haben öffenlichtlichkeitswirksam auf Instagram ihre Chanel-Handtaschen zerschnitten, darunter auch die Schauspielerin Victoria Bonya. Modeblogger Sascha Pietsch kommentiert: “Warum Bonya ausgerechnet ihre Chanel-Handtasche zerstört, statt den Rolls-Royce, vor dem sie in Monaco wenige Tage später posierte, mit einem Hammer bearbeitet, erschließt sich dem Betrachter nicht. Stattdessen bleibt ein Gefühl zurück, dass sich am besten mit ‘Hä?’ beschreiben lässt.” […]

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    15. April 2022 at 08:01

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