Männermode

Travis Scott und Kim Jones für Dior Sommer 2022

(Foto: © Brett Lloyd)

Gut, dass Christian Dior damals gerne gereist ist – so liefert der Modedesigner auch heute noch die Grundlagen für zahllose Kollektionen nachfolgender Designer des Luxushauses. 1947 verschlug es Dior nach Amerika, um genau zu sein nach Texas, um eine seiner Kollektion vorzustellen. Diese Reise scheint einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, „die Lebensfreude und Zuversicht“ von Amerika, wie der Modedesigner den Ethos und Geist des Landes beschrieb.
Inspiriert durch Diors verwurzelte Verbindung zu Texas transportierte Kim Jones diese Tradition in die Gegenwart und kooperierte für die Sommerkollektion 2022 mit dem in Texas geborenen Rapper und Unternehmer Travis Scott. Das Ergebnis dieser Kooperation nennt sich “Cactus Jack Dior”.

Kakteen und Rosen haben mehr gemeinsam, als man vielleicht denken könnte. Nicht nur Stachel haben beide Pflanzen, sondern auch Fans, die ihnen eigene Gärten widmen. So zum Beispiel Christian Dior und Travis Scott. So oder zumindest so ähnlich muss die Assoziation gewesen sein, als es darum ging, das Schauendekor zur Dior-Sommerkollektion 2022 zu entwerfen.
Die Präsentation fand – mit Publikum, aber mit den notwendigen Abständen – in einer Nachbildung des Rosengartens aus Christian Diors Kindheit, der sich in einen Kaktusgarten verwandelt und an Scotts Kindheit in Houston erinnert, statt. Genau dieses Sujet gab auch die Farbpalette der Kollektion vor: Die Gran Canyons und die staubigen Wüstengegenden, die Dior so sehr bewunderte, werden durch eine sonnenverblasste Farbpalette aufgegriffen – Malve, Café, Pistazie, Pastellblau – alles Farben, die sich übrigens auch in den Haute-Couture-Roben finden.

Die Schnitte, die die Handwerkskunst von Dior widerspiegeln, untermalen die Kollektion: ausgestellte Silhouetten, ein hoher Bund und enge Ärmelöffnungen sowie fließende Hosen und schmal geschnittene Mäntel zitieren Diors „Arrow“-Linie aus 1956. Das Tailleur Oblique mit Verschluss hoch am Rumpf sorgt für einen formellen Touch und steht in Kontrast zu sportlichen Elementen: Trainingshosen mit zahlreichen Details, verwaschene T-Shirts im Stil von Merchandising, wie es auf Travis-Scott-Konzerten verkauft wird, allerdings handbemalt und mit Stickereien verziert, was dann auch die Preise rechtfertigen wird (eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die man aber bei anderen Labels immer wieder vermisst: Ein Balenciaga-Sweater mit RuPaul-Druck für 695 Euro?). Käufer finden sich sowohl bei Balenciaga als auch bei Dior, doch Amerika mit Diors Augen zu sehen, führt uns zurück zur feinen Kunst …
Well done, Kim und Travis!

  • Peter Kempe
    28. Juni 2021 at 22:11

    Großartiger Artikel !

  • paule
    28. Juni 2021 at 23:33

    Wo ist denn Ru Pauls Nase hin?
    Die Dior- Sachen sind vielleicht super genäht, aber kein besonders gutes Design. Ziemlich üble Sachen. wer kauft das? Schade.
    Der Rosegarten. Der kleine Christian Dior muss sich ja gefürchet haben, wenn er so riesige Rosen im Garten hatte. Das war keine schöne Kindheit. Das ist eher ein Alice im Wunderland-Horror-Garten.
    Dior sollte befreit werden von dem ganzen Kitsch.

  • paule
    28. Juni 2021 at 23:36

    P.S. Schreiben eigentlich die anderen auch noch? P. Kempe zum Beispiel mal wieder einen inspirierenden Artikel, so wie früher. Sehr lang, kenntnisreich uns mit ein paar Insider-Geheimnissen? Ein Kempe-Bon-Bon im Sommerloch?

  • paule
    28. Juni 2021 at 23:37

    Ein Text von…

  • paule
    28. Juni 2021 at 23:37

    SIR PETER

  • paule
    28. Juni 2021 at 23:37

    K_E_M_P_E!

  • Horst
    29. Juni 2021 at 08:04

    @Paule mir liegen keine Kündigungen vor 😉
    @Peter Danke! 🙂