Interview

Neulich in Kampen: Iris und Valentin von Arnim im Interview

Wenn Iris von Arnim zum Cocktail nach Kampen auf Sylt einlädt, gibt es natürlich auch einen Grund: der Store der Cashmere-Legende wurde neu gestaltet und wenn man ganz genau schaute, konnte man schon das ein oder andere Teil aus der kommenden Herrenkollektion entdecken.
Wir trafen Iris und ihren Sohn Valentin zum Interview …

Wie sieht ihre Vision für ihr Unternehmen aus?

Valentin von Arnim: Wir wollen das modernste Luxus-Stricklabel Europas werden. Daher werden wir bei unserem Kernthema Cashmere & Strick bleiben. Natürlich werden wir diesen mit Röcken, Hosen und Kleidern aus anderen Materialen kombinieren, denn der komplette Iris von Arnim Look soll stimmen. Aber unser Herzstück, der Strick, wird bleiben.

Welche Wünsche haben Sie an Ihre Kundinnen?

Valentin von Arnim: Ich wünsche mir, dass unsere Kundinnen sich selbstbewusst fühlen, wenn sie Iris von Arnim tragen. Die Kundin soll aufgrund ihrer Natürlichkeit strahlen und leuchten, sie soll nicht verkleidet wirken. Wir stehen heute alle sehr unter Druck und dadurch entsteht leider manchmal eine gewisse Verkrampftheit. Oftmals wird versucht, diese Angst bzw. Unsicherheit mit Hilfe von Statussymbolen und damit auch Marken zu retuschieren. Diese Unnatürlichkeit gefällt mir nicht. Wenn sich jemand wohl fühlt, ist er immer am schönsten.

Wie sieht ihre Ideal-Kundin aus, die sie sich während der Entwurfsphase vorstellen?

Valentin von Arnim: Ich denke, unsere Ideal-Kundin ist eine selbständige und unabhängige Frau, vielleicht Ende 30, Anfang 40. Sie diskutiert selbstverständlich auf Augenhöhe mit Männern, hat Stil und ist kultiviert. Sie hat ein Bewusstsein für Qualität und entscheidet sich in jedem Lebensbereich dafür. Sie hat Spaß am Leben, ist mutig und versprüht Lebenslust. Wenn sie tanzt, dann am liebsten barfuß am Strand.

Es ist eine wahnsinnige Leistung, dass Sie über mehrere Jahrzehnte so kontinuierlich Ihren Stil weiterentwickelt und vervollkommnet haben. Sie wollten nie jemand sein, der Sie nicht waren. Glauben Sie, dass das ein Geheimnis Ihres Erfolges ist?

Iris von Arnim: Meine amerikanische Tante, bei der ich einige Zeit als Teenager wohnte, schrieb damals in einem Brief:“you would rather make a bellydancer out of Iris than a secretary.“ Ich war schon immer abenteuerlich und habe vieles ausprobiert. Was das Gestalten betrifft, war wichtig, dass es gelebtes Leben braucht. Bei mir war alles learning by doing – ich hatte weder eine Ausbildung im Design, noch war ich von Luxuskleidern umgeben. Mit Anfang Dreißig hatte ich nicht viel mehr außer einer Jeans und ein paar kratzigen Pullis. Bei mir konnte sich der Geschmack zu etwas entwickeln. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr auf die ganzen Motivpullover, die ich in den ersten Jahren herausbrachte: Ich hatte mich an ihnen satt gesehen und wollte uni machen. Ab dem Zeitpunkt beschäftigte ich mich mit Cashmere…. Aber es ging doch irgendwie immer darum: was hätte ich gerne und was fehlt mir im Schrank.

Für uns von Horstson sind Sie die deutsche Sonia Rykiel. Sie haben sich in einer Phase selbständig gemacht, als auch in Paris Dorothee Bis und Sonia Rykiel den Frauen die Einfachheit und den Komfort von Stricksachen beibrachten. Sie sind Ihrem Metier immer treu geblieben, wollten nie Allround-Modeschöpferin sein, sondern haben in die Weiterentwicklung von Techniken und Materialien gesetzt. Ist das auch die Vision für die Zukunft?

Iris von Arnim: Ja, meine große Leidenschaft ist Strick und ich liebe Cashmere. Das Material ist so vielseitig einsetzbar und kombinierbar. Es gibt Strickteile, in denen man sich immer gut aufgehoben fühlt, ob das der Gang zum Bäcker ist, eine Verabredung zum Lunch oder am Abend. Man kann sich darin immer wohlfühlen und das ist für mich purer Luxus. Deshalb lohnt es sich für mich immer wieder, mit meinem Team auf der Suche danach zu sein, wie das Perfekte noch weiter perfektioniert werden kann. Außerdem kreieren wir mittlerweile Konfektion, beispielsweise aus Leder und Seide, um Strick im Total Look zu inszenieren.

Bleiben wir bei Sonia Rykiel. Vor ein paar Jahren kooperierte die Designerin mit dem Unternehmen H&M – wäre eine Zusammenarbeit mit dem schwedischen Fast-Fashion Unternehmen für Sie auch denkbar?

Valentin von Arnim: Es wäre großartig. Bessere öffentliche Aufmerksamkeit könnte man nicht bekommen. Doch dafür müssen wir noch etwas wachsen, bevor H&M bei uns anklopft.

Wir glauben ja, das knallharte Disziplin und der Respekt vor der Qualität es ermöglichen, zeitlose Produkte mit eigener Handschrift zu schaffen. Würden sie diesen Satz unterschreiben und kommt Ihnen da Ihre von guter Erziehung geprägte Herkunft entgegen?

Valentin von Arnim: Natürlich unterschreibe ich diesen Satz, allerdings fehlt etwas. Durch knallharte Disziplin kann man Qualität hinbekommen. Das ist die Grundvoraussetzung. Doch die eigene Handschrift braucht mehr. Die Kulturgeschichte und Inspirationsquelle spielen eine wesentliche Rolle. Viele Designer sind begeistert von Bildbänden aus gewissen Epochen. Doch wer sich mit dem Hintergrund der Frauen auf den Bildern beschäftigt, sprich mit ihren Ängsten, Tugenden, Traditionen, Alltagsbegebenheiten, Hintergründen – der versteht ihre Kleidung. Und wer das heutzutage umsetzt, kann noch Unverwechselbares schaffen.

Was sind die Grundmaximen ihres Lebens?

Valentin von Arnim: Ehrlichkeit. Gerechtigkeit. Freundschaft.

Was sind die vier Eigenschaften, die Sie Ihrem Sohn wünschen würden, um genauso erfolgreich wie Sie in den letzten Jahrzehnten das Schiff durch die Brandung zu fahren?

Iris von Arnim: Valentin hat diese Eigenschaften bereits: Geduld, Begeisterung, Neugierde und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.

Was finden sie an der heutigen Generation, die als Mode Konsumenten nachwächst, besser als früher, was schlechter? Ist die Frau von heute emanzipierter als in den siebziger Jahren?

Iris von Arnim: In den Siebzigern mussten wir für die Emanzipation kämpfen. Heute müssen viele Frauen alles auf einmal können. Das ist dann leider manchmal doch noch nicht wirklich emanzipiert. Nichtsdestotrotz gibt es viele starke, unabhängige und mutige Frauen – sie sind es, für die ich Mode mache. Ihnen geht es darum, sich wohl zu fühlen und ihren Typ zu unterstreichen.

Wenn Sie in Ihrem Kleiderschrank schauen – welches ist Ihr absolutes Lieblingsteil und gibt es dazu eine besondere Geschichte?

Iris von Arnim: Mein Cashmere Doubleface Mantel, den ich jetzt schon eine Weile habe und von dem ich mich nicht mehr trennen will. Er ist zu einem Lieblingsteil geworden, über das ich mich immer wieder freue und das ich jedes Mal gerne trage. (…)

Haben Sie auch Lieblingsteile bei Ihnen im Kleiderschrank, Valentin?

Valentin von Arnim: Klar. Ich habe einen 12 fädigen Cashmere Zopfpulli im Schrank. Wenn ich den anhabe, dann geht’s mir einfach gut. Oder einen richtig langen Strickmantel mit Schalkragen.

Bei Chanel gibt es Signale, wie die Kamelie, die gesteppten Taschen, das Beige oder den Tweed, die den Stil des Hauses ausmachen. Welches sind die Komponenten und Signale, die eindeutig ein Iris von Arnim Produkt ausmachen?

Valentin von Arnim: Handstrick. Eine längere Strickjacke mit perfekten Patentrippen und den schönsten Minderungen.

Die Lancierung der Herrenkollektion steht kurz bevor – können Sie uns schon verraten, was uns da erwartet?

Valentin von Arnim: Unsere Herrenkollektion sollte wertvoll, unkompliziert und maskulin werden. Der Gedanke des puren Luxus stand beim Designen im Vordergrund. Es sind die besonderen Details, durch die sich Iris von Arnim Uomo auszeichnet. Highlights sind reversible Doubleface Blazer und handgefertigte Pullover aus reichem Zopfstrick, bei denen die Strickarchitektur sofort erkennbar und spürbar ist, soviel sei verraten.

Suzy Menkes brachte mit dem Artikel „Die Pfauen in der Manege“ die Diskussion um die Selbststdarsteller in der Mode in Gang und kritisiert unter anderem Blogger, die sich in der Berichterstattung in den Mittelpunkt rücken – wie stehen Sie zu dem Thema?

Valentin von Arnim: Mode ist per se etwas Persönliches. Sie darf und muss Einfluss auf den Träger nehmen. Warum soll er nicht darüber bis ins letzte Detail berichten dürfen? Designer inszenieren ja nicht den Menschen, sondern er inszeniert sich selbst. Dann darf der Blogger sich auch in den Mittelpunkt stellen. Ob einem das als Leser am Ende gefällt, kann man ja selbst entscheiden.

Lesen Sie Blogs? Wenn ja, welche?

Valentin von Arnim: Leider viel zu wenig. Ich mag das Persönliche an Blogs. Ich mag nur die gewollte Inszenierung nicht. Im Grunde lese ich wirklich regelmäßig nur den ProFashionals Blog von Jürgen Müller. Allerdings ist das auch ein reiner Industrieblog mit vielen Hintergrundinformationen über die Geschehnisse.

Vielen Dank für das Interview!