Interview

Nachgefragt bei … Scotch & Soda

Marlou van Engelen; Bild: Scotch & Soda

Handwerk, Heritage und jede Menge Details – Wenn man versucht, Scotch & Soda mit ein paar knackigen Stichwörtern einzurahmen, kann man eigentlich nur scheitern. Kein Label steht so sehr für unzählige Variationen an Farben, Mustern oder Stoffen und eben diese Detailverliebtheit. Minimalismus? Fehlanzeige! Glücklicherweise wollen die Verantwortlichen hinter dem niederländischen Exportschlager nicht mit unifarbenem Pullover und schlichter Garderobe punkten. Vielmehr setzen sie mit höchstem Anspruch auf Vintage-Einflüsse, kluge Outfits und immer neue Ideen. Marlou van Engelen spielt ganz vorne mit, als Creative Director ist sie für sämtliche Kollektionen und Entwürfe verantwortlich, Zeit für ein Gespräch. An dieser Stelle verrate ich nicht zu viel über die sympathische Niederländerin, sondern lasse sie lieber selbst zu Wort kommen. Interview ab, ich habe jede Menge neugierige Fragen parat.

Zuallererst: Wie fühlt es sich an, für ein global agierendes Unternehmen wie Scotch & Soda tätig zu sein?
Auch wenn es etwas merkwürdig klingen mag, es erinnert mich oft an eine Familie. Gerade als Kollegen unterstützen und respektieren wir uns immens. Das ist meiner Meinung nach Grundvoraussetzung, um als Designer kreativ und spontan Ideen entwickeln zu können – ein Gefühl von Freiheit. Unsere Einstellung, die wir mit dem Label auch an den Kunden weiterreichen.

Können Sie sich noch an Ihre erste Kollektion erinnern, an der Sie mitgewirkt haben?
Klar! (lacht) Ich habe als Designerin der Jungenkollektion bei Scotch & Soda angefangen. Die Scotch Shrunk Kollektion war mein Start…

Es gibt genau zwei Dinge, die ich mit dem Label assoziiere: Farbenfroh und holländisch!
Das kann ich gut verstehen. Unser Schmelzpunkt ist Amsterdam: Einerseits ein kulturreiches Erbe an Stadt, jedoch auch Magnet für junge, interessante Einflüsse wie z.B. die Popkultur. Ganz besonders stolz sind wir auf die Aufgeschlossenheit, diese Offenheit im Denken. Das ist doch eine der ersten „Amsterdam“-Assoziationen, nicht? Man entdeckt die Stadt, erlebt sie mitsamt ihren vielen Formen des Individualismus! Das sieht man den Leuten modisch auch an, Style trifft eine gewisse Leichtigkeit. Hier sieht man aus, wie man sich fühlt – nicht andersherum.
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Einblick in das Büro von Marlou van Engelen; Bild: Scotch & Soda

Wie würden Sie Ihre Arbeit mit drei Wörtern beschreiben?
Freiheit, Kreativität und Durchhaltevermögen. Ich bin viel unterwegs oder lasse meine Gedanken umherschweifen. Die Tätigkeit bei Scotch & Soda sehe ich weniger als Arbeit oder Job an, vielmehr ist es meine Art der Lebensführung.

Wo treffen Sie sich denn zum, jetzt nenne ich es doch nochmal, arbeiten?
Wir haben einen wunderbaren Platz gefunden, in dem das Design-Team tätig ist: Eine ehemalige Kirche inmitten von Amsterdam, direkt am Kanal gelegen. Dort tragen wir Inspirationen für kreative Ideen zusammen. Noch bevor wir mit dem Kreieren und Fertigen der Kollektion beschäftigt sind, sammeln sich Fundstücke aus der ganzen Welt bei uns.

Was haben Sie studiert?
Zuerst habe ich Kunst und Grafikdesign studiert. Anschließend habe ich mich im Modedesign vertieft und Fashion Design in Amsterdam angeschlossen.

Haben Sie Vorbilder im Modebereich, einen Lieblingsmodedesigner?
Lassen Sie mich kurz überlegen: Das ist schwer zu beantworten, weil es immer wieder variiert. Generell sagen mir eher Designer zu, die für sich selber stehen und mit ihren Entwürfen Einzigartigkeit verkörpern. Das kann ein Yves Saint Laurent sein oder Miuccia Prada, beides kreative Köpfe mit einer klaren, sehr starken Handschrift. Deren Schaffen hatte und hat primär nichts mit Trends zu tun, vielmehr spielt die Liebe zum Detail und Handwerk eine entscheidende Rolle in ihrem Werk.

Wie viele Kollektionen müssen Sie bei Scotch & Soda pro Jahr entwickeln?
Insgesamt müssten es zehn Stück sein, unterteilt in die einzelnen Bereiche Männer-, Frauen-, Denim- und Kinderkollektion.

Wie groß ist Ihr Team, mit dem Sie hierfür zusammenarbeiten?
Unser Team besteht aus insgesamt 40 Mode- und Grafikdesignern.
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Bild: Scotch & Soda

Mode, ein ständiges Wechselspiel mitsamt Wiederholung?
Ich verstehe worauf Sie hinauswollen und kann Ihren Ansatz durchaus nachvollziehen. Wir für unseren Teil versuchen jedoch immer unseren eigenen Weg zu gehen. Wir sehen gerade in den unterschiedlichen Kulturen und Zeiten eine unerschöpfliche Quelle an Inspiration. So beschäftigen wir uns mit den verschiedensten Themen und ergänzen diese durch unsere ganz eigene Interpretation.

Klingt nach jeder Menge Arbeit: Beschreiben Sie mir bitte exemplarisch die Vorgehensweise beim Entwickeln einer neuen Kollektion!
Jeder Designprozess geht mit einer Geschichte einher. Eine Story, die auf wahren Inspirationsquellen – sei es in Form von Artefakten oder weltweiten Begebenheiten – beruht und authentisch ist. Dabei belassen wir es jedoch nicht einfach. Vielmehr lassen wir in einem nächsten Schritt unsere Fantasien und Ideen mit einfließen. Das kann so ziemlich alles bedeuten und spiegelt sich unterschiedlich in unserer kreativen Arbeit wider: Eine Kuhglocke oder ein alter zerklüfteter Regenschirm kann der zündende Funke für eine Kollektion sein. Ähnlich ein Charakter aus einem Märchen oder eine bestimmte Zeile aus einem Gedicht…

Können Sie mir diesen Prozess an einem Ihrer Entwürfe aufzeigen?
Mein Favorit aus der aktuellen Menswear Herbst/ Winterkollektion 2016 ist eine Velourlederjacke in Kombination mit einer verwaschenen Canvas-Arbeiterhose. Als Inspiration diente hier beispielsweise die Ausrüstung von Fischern. Die Farbkombination gibt dem Look meiner Meinung nach eine ganz besondere Note: Erd- und Gewürztöne, dennoch sehr frisch. Eine sehr hochwertige Materialauswahl mitsamt perfekter Waschung…

Nicht schlecht!
Die Oberbekleidung für Männer ist immer wieder ein spannendes Thema für uns.
Scotch and Soda New York RTW Fall Winter 2016 February 2016Scotch and Soda New York RTW Fall Winter 2016 February 2016
Bilder: Scotch & Soda

Lassen Sie uns nochmal über Ihre Person sprechen: Wann sind Sie das erste Mal mit der Modewelt in Berührung gekommen?
Ich bin mit einer großen Begeisterung für Handwerk und Kunst aufgewachsen. In der Hoffnung, irgendwann einmal eine bedeutsame Künstlerin zu werden, habe ich für vier Jahre Kunst und Grafikdesign studiert.

Wie ging es dann weiter?
Als ich 17 Jahre alt war, zog ich für ein halbes Jahr nach London. Ich absolvierte ein Praktikum als Schaufensterdekorateurin bei Liberty’s. Genau dort habe ich herausgefunden, dass es wohl doch eher die Modewelt wird! (lacht) Mein Studium im Fach Fashion Design folgte und mit 21 Jahren habe ich dann meinen ersten Job angetreten.

Wie haben Ihre Eltern auf Ihre Entscheidung reagiert?
Meine Mutter ist durch und durch eine kreative Seele. Sie hat mich immer in meinen Entscheidungen bestärkt. Die Tätigkeit in einem solchen Bereich geht mir vielen Unsicherheiten einher, sie hat trotzdem an mich geglaubt…

Gibt es einen Rat, den Sie gerne zu Beginn Ihrer Karriere gehört hätten?
Da muss ich nicht lange überlegen: Sei ehrlich zu dir selbst, verfolge deine Wünsche und Ziele. Lass dich nicht aufgrund Meinungen anderer von deinem Weg abbringen.

Teil II des umfangreichen Gesprächs folgt in Kürze!

  • siegmar
    9. September 2016 at 14:56

    COS ist ja nicht unbedingt ein Billigheimer und die Klamotten von Scott & Soda würde ich in die gleiche Kategorie einordnen. sorry

  • René
    9. September 2016 at 16:24

    Ich kannte die Frau gar nicht 😉

  • Julian
    9. September 2016 at 16:30

    @siegmar

    hey mein Lieber,

    Ich bin verflixt großer Fan von COS und wüsste nicht, wo und wie ich das auf die Ebene von „Billigheimer“ gefasst habe? Zwei völlig unterschiedliche Arten mit Design umzugehen und genauso finde ich zum Kombinieren sowie Tragen die Kollektionen von Scotch & Soda klasse!

    Freue mich über ein kurzes Feedback und wünsche bis dahin ein schönes Wochenende,

    Julian

  • siegmar
    12. September 2016 at 15:39

    Ich hatte es aus einem anderen Artikel heraus so verstanden, ich mag COS auch sehr, leider hat die Qualität wirklich gelitten. Scotch & Soda ist für mich irgendetwas zu Buntes 🙂

  • Nachgefragt bei … Scotch & Soda / Teil II des Interviews | Horstson
    14. September 2016 at 11:11

    […] Märkte und bevorstehende Projekte zu sprechen (den ersten Teil des Gesprächs gibt’s hier zum Nachlesen). Kein Label steht so sehr für unzählige Variationen an Farben, Mustern und […]