Interview

Nachgefragt bei … Christopher Shannon / Teil I

Bild: Christopher Shannon

Eine zündende Idee – dass Christopher Shannon, gebürtig aus Liverpool, zur Mode gefunden hat, ist vermutlich dem Zufall zu verdanken. Er kehrte seiner Heimat den Rücken, ging nach London und suchte nach etwas, womit er möglichst am Besten seiner Leidenschaft fürs Zeichnen und dem Visuellen gerecht werden könnte. Gesagt, getan: Mr. Shannon bewirbt sich am sagenumwobenen Central Saint Martins College und wird? Aufgenommen! Der Rest hört sich verdächtig nach einem Modemärchen an und ja, genau dieses wahrgewordene Märchen gipfelt seit mehreren Saisons in tosendem Applaus. Kooperationen mit den unterschiedlichsten Unternehmen und ein stetiges Wachstum seines jungen, gleichnamigen Labels, sind die konsequente Folge. Im Fokus seiner Betrachtung steht dabei primär die Erarbeitung von tragbarer Männer- und auch Frauenmode, Street Style absolut. Bevor ich jedoch seine vielversprechenden Kollektionen rauskrame (davon gibt es zugegebenermaßen viele), treffe ich ihn lieber zum persönlichen Gespräch. Gemeinsam mit Zippo hat Mr. Shannon eine Zusammenarbeit der etwas anderen Art ins Leben gerufen und so trumpft er mit seiner ganz eigenen Interpretation des ikonischen Feuerzeug-Klassikers auf. Film ab oder sagen wir lieber: Zündstoff für den Modemenschen …

Los geht’s: Kannst Du Dich noch an deine ersten Gedanken über Dein gleichnamiges Modelabel erinnern?
Ich glaube, das war bei mir in erster Linie ein Prozess, in dem ich mir die Fragen gestellt habe: Was mag ich, was nicht? Was möchte ich gerne machen, was nicht? Für mich war klar, dass ich nach London ziehen wollte und dass ich keinem ‚normalen’ Büro-Job nachgehen wollte. Ich habe immer gerne gezeichnet. Ich habe mich weniger im klassischen Tailoring-Bereich gesehen. Ich sehe mich nicht als ein Modemacher, der technisch versiert Entwürfe schneidert. Vielmehr war ich schon immer fasziniert von Bildern und Visionen, die Mode ausmachen.

Klingt nach einem ungewöhnlichen Zugang…
Mich hat vor allem der Gedanke gereizt, dass man, neben dem Entwerfen der Mode, auch Videos, Produkte oder Bilder gestalten kann. Das Spannende an der Mode ist doch, dass sich verschiedene Disziplinen miteinander kombinieren lassen. Das sind ja alles Teilbereiche, die das eigentliche Thema mit beinhalten und so habe ich mich für Kunst in der Hochschule eingeschrieben. Ich hatte auch erst überlegt, ob ich Grafiker werden soll, aber Fashion erschien mir dann als das Medium, dass mir als Künstler genug kreativen Freiraum lässt. Ich habe damals nicht gedacht: So, das ist hier und jetzt die richtige Entscheidung.
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Bild: Zippo x Christopher Shannon Collection

Rückblickend lässt sich doch mit einem eindeutigen „Es war definitiv die richtige Entscheidung“ antworten, oder?
Ich konnte mir damals wirklich nicht vorstellen, irgendwann einmal ein eigenes Modelabel zu gründen. Das kam mir erst einmal überhaupt nicht in den Sinn. Ich war nicht explizit abgeneigt, aber es war zu diesem Zeitpunkt, also an der Kunsthochschule, nicht Teil meiner Pläne. (lacht)

Wie ging es dann weiter für Dich?
Ich habe damals ein Jobangebot aus den Staaten angenommen und bin nach New York gezogen. Dort habe ich dann weitere Erfahrungen und Ideen sammeln können.

Lass uns noch einmal einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen, bevor es weitergeht: Wann bist du das erste Mal mit dem Thema Mode in Berührung gekommen?
Ich habe einen älteren Bruder und der war leidenschaftlicher Skateboarder. Er hatte die spannenden Sachen immer zuerst, so wie das halt ist, wenn man der kleinere Bruder ist. Ich habe ihm damals seine Klamotten aus dem Zimmer ‚geklaut’ und ich muss zugeben: Er hatte modemäßig ein sehr gutes Gespür.
Dann waren da noch meine Eltern mit ihren Freunden aus dem Musikbereich, die waren in meiner Kindheit ebenfalls inspirierend für mich – gar nicht mal direkt im Bezug auf Fashion. (lacht) Ich war aber schon immer sehr visuell. Ich habe schon immer gerne Dinge beobachtet und angeschaut. Ich fühle mich sogar heutzutage manchmal nicht wirklich als Fashion Designer.

Stichwort Kindheit: Heutzutage verbringt man diese kaum noch ohne Hashtag und Social-Media-Kanal. Wie stehst Du zu dieser Entwicklung?
Manchmal gebe ich Kurse an der Kunsthochschule und ich finde, dass der Prozess der Ideenfindung, sagen wir Research, heute ein ganz anderer ist. Das hat sich durch den Einsatz der sozialen Medien zunehmend gewandelt und da war vor zehn Jahren, als ich an der Kunsthochschule war, nicht mal dran zu denken. Ich bin nicht gegen Instagram und Co., aber ich denke, dass diese Formate Inspirationen zu schnell zugänglich machen. Verstehst du, was ich damit meine? Diese ganzen Bilder und Kommentare machen die Welt plötzlich so klein und man muss ganz genau hinschauen, um Menschen zu finden, die ihre ganz eigene Meinung und Vision vertreten und nicht einfach nur konsumieren oder teilen. Es wiederholt sich sehr viel.

Frei nach dem Motto: Liken und teilen?
Genau. Dieses ständige Teilen und kommentieren. Es lassen sich zwei verschiedene Menschen daran erkennen: Diejenigen, die fleißig Bilder teilen und dadurch Teil des Dialogs werden und diejenigen, die Bilder zum Teilen erschaffen. Aber es gibt mehr Menschen, die einfach nur teilen, anstatt etwas zu erschaffen. Bei uns am Central Saint Martins College wurden überwiegend Bilder erschaffen. Das vermisse ich manchmal im Alltag.
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Bild: Zippo x Christopher Shannon Collection

Suchst du dir vielleicht gerade deshalb Herausforderungen und Kooperationen mit Unternehmen wie Zippo?
Bei dieser Zusammenarbeit haben wir gemeinsam mit dem Fotografen Jason Evans Bilder entwickelt, die sehr gut zu uns passen. Ich bin schon seit Jahren von seiner Arbeit begeistert und insofern war das eine tolle Gelegenheit mit ihm zusammen arbeiten zu können. Er macht ganz selten mal einen Shoot, der dann wirklich toll ist, und verschwindet dann wieder für eine Zeit lang. Lass mich kurz überlegen: Es muss vor ungefähr zwölf Jahren gewesen sein, dass ich ihn kurz einmal getroffen habe und ich war damals etwas eingeschüchtert. Wie das halt so ist, wenn Du die Arbeit von einer Person wirklich bewunderst. Über Freunde habe ich dann irgendwann vor ein paar Jahren erfahren, dass er meine Arbeit mag und so haben wir dann endlich zusammengefunden. Was mir an ihm sehr gefällt: Er fotografiert jeden Tag und veröffentlicht täglich genau eine Aufnahme auf seiner Website „The daily nice“. Ich liebe seine Momentaufnahmen und seine Art der Dokumentation.

Dann habt Ihr euch für die richtigen Feuerzeug-Motive zusammengesetzt?
Genau. Wir haben uns dann zusammengesetzt und überlegt, was wir machen könnten. Mir war ganz wichtig, dass er seine Ideen mit einbringt. Weniger wichtig war es mir, irgendein Modemotiv abzubilden. Das sollte etwas ganz Persönliches werden und das ist es dann auch geworden – nennen wir es eine Art Dialog zwischen uns beiden. Ich war sehr gespannt, inwiefern er sich darauf einlassen würde, da er als Typ nämlich eher etwas reserviert ist. Ich war also etwas aufgeregt! (lacht) Aber er hat sich wirklich sehr in das Projekt reingehängt.

Das finde ich mal eine sympathische Anekdote…
Bei unserer Zusammenarbeit denke ich immer an den Filmemacher John Maybury, der in den 1980er-Jahren eine Menge spannender Projekte realisiert hat. Heute kopieren Miley Cyrus und Konsorten seinen Stil. Damals in seinen Videos gab es immer jede Menge Blumen und viele, viele visuelle Inspirationen.
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Bilder: Zippo x Christopher Shannon Collection
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Bilder: Zippo x Christopher Shannon Collection

Der zweite Teil des Interviews folgt in Kürze!
Apropos, weitere Infos zu den Feuerzeugen gibt’s hier: shopchristophershannon.com/shop
(da kann man sie übrigens auch gleich kaufen)