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Modisches Promillerechnen

Ihr könnt es von der Weltbevölkerungsuhr ablesen: In wenigen Tagen leben auf unserem Planet sieben Milliarden Menschen. Das sind neun Nullen hinter der Sieben und wer mag, kann sich auf der Website www.weltbevoelkerung.de ansehen, wie schnell es acht, neun und zehn Milliarden sein werden. Mit einer enormen Zunahme all der Probleme, die wir heute schon ungelöst haben. Diese haben entgegen dem flüchtigen Eindruck, den man auf Modeblogs gewinnen könnte, nichts damit zu tun, ob es ein Paar Chucks noch in meiner Größe gibt, welche Farben den Designern für die kommende Saison vorschweben und so weiter.

Es bringt zwar nichts, mir die Bedeutungslosigkeit meiner modischen Gedanken vor Augen zu führen und die Bedeutung von Designermarken und deren Kollektionen zu relativieren. Darüber nachzudenken, dass es sowas wie Modeblogs, die einen täglich über die Dinge informieren, die man dann ohnehin nicht kauft, nur gibt, weil modisch interessierte Menschen Zeit und Lust haben, zu lesen und zu erfahren, was sie zum weitaus überwiegenden Teil auch nicht kaufen und ohnehin nicht vermissen, weil der Kleiderschrank voll ist und viele Leser auch ohne Modevorschläge auf Modeblogs wissen, was sie wollen. Ab und zu muss ich das aber tun.

Das geht aber nicht in Richtung konsequentem Verzichts auf alles Schöne und Wertige, es rüttelt mich nur zurecht, um weiterhin nicht zu viel Zeugs einzukaufen. Es hat lange gebraucht, bis ich das gelernt hatte, dass mein Leben durch noch mehr Miyake und Mouret nicht schöner wird. Dass die meisten Menschen, die mir selbst in Großstädten begegnen, ohnehin nicht wissen, was ich da gerade trage. Zum Glück. Mode ist eine wundervolle Option, sich selbst und anderen mit dem Tragen von guten Stücken Freude zu bereiten, aber auch nicht mehr. Bekleidung brauchen wir in unseren Breiten, auf Mode können wir zurückgreifen, aber so viele Menschen leben auch gut und glücklich, ohne Key-Pieces und Co.

Ich weiß es nicht, aber wahrscheinlich landen wir im niedrig einstelligen Prozentbereich, wenn wir versuchen, rauszufinden, wie viel Prozent der Weltbevölkerung schon mal was von Giorgio Armani gehört haben. Vom Besitz eines Teiles aus seinen Kollektionen ganz zu schweigen. Wenn wir uns dann Marken wie Monki zuwenden, dann landen wir schnell in der Homöopathie, könnten selbst mit viel Geld und bester Marktforschung nicht mehr rausfinden, wie wenig Menschen auf dem Globus davon wissen, das es das Label gibt. Sehr wahrscheinlich findet das, was wir als Schreiber auf Modeblogs so vorstellen, überhaupt erst hinter dem Komma statt. Was uns nicht die Freude daran nimmt, genau das weiter zu tun, über Mode und etwas mehr zu berichten. Aber ohne jeden Zeigefinger will ich mir anlässlich der Feier von sieben Milliarden Menschen auf dem Globus die Freiheit nehmen, mir Luft zu machen und Leute mit Kleiderschränken wie Anna Dello Russo oder Paris Hilton, oder, oder, oder einfach total durchgeknallt zu finden.

  • reiners
    20. August 2011 at 16:54

    Stiftung Weltbevölkerung, sagt doch alles und wie diese Uhr hier tickt müssen ja in Bruchteilen von Sek. die neuen Zahlen dort eingehen, träumt weiter.

  • Daisydora
    20. August 2011 at 17:37

    @reiners

    Natürlich gab es keine weltweite Volkszählung, das steht hier auch nicht.

    Die Zahl in der Weltbevölkerungsuhr ist wie üblich eine Hochrechnung, die auf Geburten- und Sterberaten basiert, denen zufolge man ziemlich sicher gehen kann, dass die Weltbevölkerung im Moment jedes Jahr um dreiundachtzig Millionen Menschen wächst.

    Es kann also sein, dass es schon sieben Milliarden sind oder erst in drei Monaten so viele sein werden…. Niemand weiss das. Aber wesentlich weniger sind es garantiert nicht, oder ist es das, was du damit zum Ausdruck bringen willst?

    Ich kannte die Stiftung vorher nicht, aber die haben das DZI Spendensiegel und so ganz doof scheint das nicht zu sein, was dort erarbeitet wird.

  • Sören
    20. August 2011 at 23:38

    Dieser Beitrag war jetzt ohne Zeigefinger geschrieben?
    Das ist ja verwunderlich.

  • isa
    21. August 2011 at 02:02

    Mensch Daisydora, warum muss man Mode und Weltbevölkeung denn überhaupt in einem Atemzug nennen. Das hat nichts miteinander zu tun und eine Debatte was Wichtigkeit betrifft ist da echt nicht nötig. Genauso, wie die Tatsache, dass man sich rechtfertigen muss, nen Blog zu haben, der sich oft mit Mode beschäftigt.
    Gebe es diese Blogs nicht, wäre das Bevölkerungsproblem nicht kleiner.
    Und die Tatsache, dass du Marken trägst, tust du doch für dich, und nicht, weil deine Mitmenschen sehen/wissen sollen: Schau mal, die Alte trägt doch tatsächlich „Miyake und Mouret“. Das hat schon mehr mit deinem persönlichen Glück zu tun, diese Marken zu tragen. Was hat ne Anna Dello Russo denn ausser Mode? Die findet sich doch sogar richtig hässlich hab ich mal gelesen. Wenn die jetzt nicht ihren vollen Kleiderschrank hätte, wär die sicher richtig depressiv.

    Naja, ich mein ja nur, dass du dich nicht angegriffen fühlen brauchst, weder als Autorin hier und auch nicht als eine von sieben Milliarden Menschen.

  • isa
    21. August 2011 at 02:02

    Oh, vergessen….
    dein Aufmacherbild find ich super

  • Daisydora
    21. August 2011 at 02:41

    @Sören

    Ich bin ja ein Teil dieser Welt und alle paar Monate darf ich auch einen Bericht schreiben, im dem es mit darum geht, dass ich mich und ein paar andere Verrückte hinterfrage.

    Aber selbstverständlich geht es in dem Bericht auch darum, zu relativieren, wie wichtig oder unwsichtig das in Wirklichkeit ist, worüber ich als Schreiber auf einem Modeblog schreibe. Das sind zumeist Dinge, mit denen man nicht mal vor dem Komma landet. Tut mir leid, wenn du das komisch findest, wir dürfen hier auch denken und reflektieren, was außerhalb des Kleiderschranks stattfindet und uns dabei selbst kritisch sehen 🙂

    @isa

    Danke, das Aufmacherbild ist aus einer ganzen Reihe, die bei der Zeit hinter dem Link in den Credits liegen.

    Ansonsten: In abstrakten Betrachrungen hängt Alles mit Allem zusammen. Aber ich hatte hier nicht den Plan, mir irgerndwelchen Weltschmerz von der Seele zu schreiben. Es ist einfach eine Reflektion darüber, worüber ich als ein Schreiber auf einem Modeblog berichte, wenn man die Welt als Ganzes sieht.

    Heute ist Samstag, da ist auf vielem Modeblogs Ruhezeit oder besser gesagt bereichtefreies Wochenende. Warum also nicht mal an so einem Tag einen anderen Blickwinkel einnehmen?

    Und ich will Anna Dello Russo ja nicht ändern ….

    Danke für deine Kommentare. 🙂

  • Modisches Promillerechnen | Placedelamode
    21. August 2011 at 15:07

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