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Lesetipps: Wie aus Anatol Josephos Vision trotz aller Unwägbarkeiten Realität wurde

Für Erfinder schöner oder nützlicher Dinge konnte ich mich schon als Kind begeistern und das ist bis heute noch so. Erst recht, wenn eine Erfindergeschichte so spannend und nett erzählt wird, wie die des Erfinders des ersten vollautomatischen Fotoautomat der Welt, dem im Sibirischen Omsk geborenen Anatol Josepho.
In ihrem in der Rubrik einestages beim Spiegel platzierten Artikel Karriere einer Knipskiste beschreibt die Autorin Nadine Helms den kämpferischen und hürdenreichen Hergang der Entstehung der Erfindung des Photomatons, die den Erfinder schon als Fünfzehnjährigen von Omsk nach Berlin trieb, um dort Fotograf zu lernen und von dort aus nach Ungarn, wo er mit knapp Neunzehn sein erstes kleines Fotostudio eröffnete. Das ist an sich schon ungewöhnlich genug, mit diesem Alter fern der Heimat selbständig zu sein, aber damals, im Jahr 1913, ein Jahr vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges musste man schon ganz schön verwegen, zielstrebig und zäh sein, um das zu schultern.

Es kam dann auch, wie es kurz vor dem Krieg kommen musste, das Abenteuer dieser Erfindung sollte Anatol Josepho durch mehrere Gefängnisaufenthalte und ebenso viele Ausbrüche und drei Kontinente und mehrere Länder führen, bis er schließlich dort landete, wo seine Idee auf fruchtbaren Boden fiel, weil es in den USA der Zwanzigerjahre zwar den Begriff Venture Capital noch nicht gab aber Geldgeber, die auch an verwegene Ideen glaubten und Erfindern so ermöglichten, anders nicht zu finanzierende Prototypen herzustellen, diese zu testen und darüber zu serienreifen Erfindungen zu kommen, die ihren Siegeszug dann in die ganze Welt antreten konnten. Anatol hatte geschafft, was die Geldgeber zur Auflage für ihr Investment und weitere Geldspritzen erklärten. Seine Erfindung konnte innerhalb eines halben Jahres wahre Menschenmassen dazu bringen, sich in den vollautomatischen Knipskisten aus Holz fotografieren zu lassen.

Die Autorin des Artikels konnte naturgemäß nicht anders, als sich einer naheliegenden Einstimmung auf das Thema zu bedienen, die wir der wunderbaren Welt der Amelie Poulaine zu verdanken haben ….. Wer möchte seitdem nicht selbst so ein Album oder gleich mehrere davon haben, in denen die Bilder und wieder zusammengefügten Schnipsel ganz vieler Automatenfotos zu bestaunen sind. Man sieht darauf vielleicht nicht ganz so schön aus, wie auf einem Foto von Peter Lindbergh aber ein kleiner Spaß ist bei diesen kleinen Fotodokumenten, die wir einem querköpfigen Jungen aus Omsk in Sibirien zu verdanken haben, garantiert.
Ich jedenfalls habe den Artikel mit großem Vergnügen gelesen und empfehle ihn ebenso wie das Buch:
Günter Karl Bose: „Photomaton – Frauen Männer Kinder“. Automatenbilder von 1928-1945, Institut für Buchkunst, Leipzig 2011, 205 Seiten.

Bilder: Die wunderbare Welt der Amelie Poulaine

  • siegmarberlin
    29. August 2011 at 15:37

    schöner Artikel, ein bißchen die berühmte Telewäscher-USA-Karriere. Ihn kannt ich garnnicht

  • Daisydora
    29. August 2011 at 15:58

    @siegmarberlin

    Ja, auf jeden Fall, das ist auch eine Tellerwäscher Geschichte, aber er musste noch zäher sein. Ich kannte ihn ehrlich gesagt auch nicht, war aber schon mal in Omsk und kann mich gut in einen Entrepreneur unserer Zeit hineinversetzen…. wie er das hinbekommen hat, zu seiner Zeit, da waren schon sehr gute Unternehmergene nötig…

    Dankeschön.