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Deutsche Weltmeister: Ein Fest für Berlin, Harald Schmidt und Daisy

Manchmal muss man als Blogleser einfach tapfer sein, die Zähne zusammen beißen und Daisys Kulturanfälle durchstehen. Denn, auch wenn das Wort Weltmeister in der Headline steht, werdet ihr in diesem Bericht hinsichtlich WM-Fußbällen oder Formel1- Boliden enttäuscht werden. Es waren immer die Deutschen Weltmeister, die man in Deutschland so wenig kennt, die mich aus dem Häuschen gebracht haben. Und nun verlangt es der Anlass, dass ich das mit euch teile. Der Weltmeister, um den es hier geht, heißt Gert Voss und ist der beste Bühnenschauspieler der Welt. Wie ich dazu komme, das zu behaupten: Ich habe so viele Stücke mit ihm gesehen, einige davon mehrmals und nie war irgendjemand auf einer Bühne besser als er, hat das Spiel mit den Rollen so ausgekostet und sich damit an die Spitze gespielt.

Er ist in Wien geblieben, als Claus Peymann nach den besten und erfolgreichsten Jahren, die er Wien und dem Burgtheater beschert hatte, nach Berlin ging um das Berliner Ensemble zu übernehmen, das er bis heute mit Bravour als aufregendes – aber nicht modernistisches – Theater führt. Für das vollkommen theaterverrückte Publikum seiner Wahlheimat ist Gert Voss so etwas wie eure Heiligkeit, der Dalai Lama des Burgtheaters, nur facettenreicher und viel sinnlicher…. Er spielt alles wie ein Berserker, verausgabt sich wie kein Anderer, nichts wirkt aufgesetzt, zu getragen oder manieriert, er geht an die Grenzen der Charaktere und manchmal darüber hinaus… George Tabori sagte über Gert Voss: „Er ist ein gefährlicher, nackter Schauspieler, ein unheimlicher Clown, ein wilder Stier, aus dem Käfig ausgebrochen.“ Peymann war immer einer seiner idealen Regisseure und ich bin ganz glücklich darüber, dass man nun zu Ehren des achtzigsten Geburtstages von Thomas Bernhard, den dieser – wenn er noch lebte – am neunten Februar nicht gefeiert hätte, das Stück Einfach Kompliziert in einer Koproduktion von Berliner Ensemble und dem Burgtheater Wien erarbeitet. Das Stück muss von nur einem Schauspieler getragen werden. Es gibt niemand sonst als den alternden Schauspieler und ein zehnjähriges Mädchen, das Milch bringt. Bernhard hatte das Stück für Bernhard Minetti als Geschenk zu dessen achtzigsten Geburtstag geschrieben. Und Minetti spielte seinen Monolog so gut, dass man dabei hätte vergessen können, Luft zu holen, um die Stille nicht zu stören. Und nun ist Gert Voss dran, mit neunundsechzig, alt und weise genug. Ich bin gespannt, aufgeregt und glücklich zugleich.

Und ihr solltet den Weltmeister aller Schauspieler unbedingt auf der Bühne erleben. Sei es in Einfach Kompliziert, das seine BE-Premiere am siebzehnten Februar feiert, oder, in irgendeinem beliebigen Stück … passt nur gut auf, dass ihr nicht hinter Harald Schmidt sitzen müsst, der ein großer Kenner und Fan der Akteure Voss, Peymann und Bernhard ist, denn das würde dann schon als erhebliche Sichtbehinderung gelten. Dokumentiert wurde die Affenliebe und Bewunderung Harald Schmidts auch von André Heller, der ein Gespräch der beiden Theaternarren unter sich* für das Fernsehen aufzeichnete, das bei der Viennale aufgeführt wurde. „Scheitern, scheitern, besser scheitern!“ ist ein großartiges, spannendes Dokument dessen geworden, was Theater ist und sein kann: unterhaltsam, komisch und absurd, leicht lächerlich und immer auch ein bisschen traurig. Außerdem ein glänzendes Gert-Voss-Porträt. *Schrieb die Welt dazu. Und für Daisy ist es Zeit, sich bei Deutschland für Gert Voss zu bedanken, ohne den mein kulturelles Leben definitiv weniger reich und schön verlaufen wäre…. viel Glück für die Premiere im Akademietheater am Samstag, also heute, Gert Voss und Claus Peymann. Um die Klamottenfrage muss man sich bei den Herren nicht sorgen. Die sind immer wie aus dem Schwarzen oder Mitternachtsdunkelblauen Ei gepellt.

www.berlinerensemble.de

  • Rene Schaller
    12. Februar 2011 at 14:06

    Zuviel Kultur gibt es nicht. Und ‚durchstehen‘ muss hier auch keiner was, schließlich gibt es kaum vergleichbares Niveau auf anderen Blogs zu finden. Jeder deiner Beiträge ist eine Bereicherung. Danke dafür!

  • Daisydora
    12. Februar 2011 at 18:09

    Lieber René,

    ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar und das Lob darin, das ich, auch weil es von dir kommt, sehr schön finde…. ich kann das Komliment aber nur an dich zurückgeben,. weil du ja immer Kulturthemen auf deinem Blog behandelst, was einer der Gründe dafür ist, dass ich deine Arbeit sehr mag. Danke dir!

  • my-tag » Horstson » Blog Archiv » Deutsche Weltmeister: Ein Fest für Berlin …
    12. Februar 2011 at 19:04

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