Music

Arbeitsspeicher x Daft Punk – „Random Access Memories“

Acht Jahre ist es her, da flimmerte ein unglaublich unheimlicher Humanoid mit rot leuchtenden Augen und ebenso rotem rohem Zahnfleisch über den Bildschirm und wiederholte gebetsartig was so alles „Technologic“ ist. Wer 2010 „TRON – Legacy “ –geschaut und gehört hat konnte sich noch ein bisschen Daft Punk zu Gemüte führen, bevor es dann ruhig wurde um die beiden Glitzerhelmchen. Bis da auf einmal dieser SNL-Spot auftauchte. Und was sahen wir da? Guy Manuel de Homem-Christo &Thomas Bangalter (aka Daft Punk), Pharell Williams und Nile Rodgers gehüllt in Paillettensakkos von SAINT LAURENT. Die Jungs glitzerten und funkelten nur so vor sich hin. Hätte man das Video nicht gesehen, wäre man wohl niemals darauf gekommen, dass der Song von Daft Punk ist. Einen Tag später überschlugen sich die Postings auf Facebook und Blogs regelrecht. Das klang in etwa wie: „Mein Sommersong“, „Immer und immer wieder“ oder einfach nur „Yeah – „Herzchen“. Und ich habe mich die ganze Zeit gefragt: Warum diese überschwängliche Hysterie?

Nun ist „Random Access Memories“ erschienen. Eine Mischung aus dem Computerfachbegriff für den Arbeitsspeicher RAM und den menschlichen Erinnerungen. Haben Daft Punk bereits im Vorfeld ne Menge Arbeit geleistet, diese gespeichert und veröffentlichen sie nun einfach? Oder besteht ihr Album aus musikalischen Erinnerungen? Nein. Denn wäre dies der Fall gewesen würden sie mit Sicherheit nicht so klingen wie sie nun klingen: Absolut nicht mehr nach Daft Punk wie wir sie kannten. Vielmehr erinnert mich das Album an Mylo’s „Destroy Rock’n’Roll“ oder wie ein Musikredakteur bereits anmerkte: AIR.
Ein Freund von mir meinte sogar neulich zu mir: „Früher konnte man Daft Punk im Club hören und jetzt beim Putzen.“ Fakt ist jedenfalls: Was Daft Punk hier abliefern ist Funk und Disco aber mit Sicherheit keine Clubmusik, wie zum Beispiel auf „Discovery“ oder „Human after all“. Dennoch wurde nur die Creme de la Creme mit ins Studio geholt. So leihen den beiden Glanzhelmen Größen wie Julian Casablancas, Produzentenlegende Giorgio Moroder oder eben eingangs erwähnter Pharell Williams ihre (durch Synthesizer verzerrten) Stimmen. Das ist im Falle von „Giorgio by Moroder“, „Instant Crush“ oder „Touch“ sogar richtig gut geworden. Bei Stücken wie „Within“ oder „The Game of Love“, welche ein wenig nach Softpornomusik der 70er klingen, kann das auch unfreiwillig komisch wirken. Stücke wie „Contact“ klingen allerdings wie zu sehr gewollte Songs, die einem schlechten Gewissen der Fans gegenüber entsprungen sind, die sich ein bisschen mehr House und Wums von „Random Access Memories“ erhofft hatten.

Vielleicht ist es wirklich die Musik oder einfach die vollkommene unerwartete musikalische Kehrtwende von Daft Punk welche die Geister scheidet. Ich jedenfalls werde das Album dennoch diesen Sommer rauf und runter hören („Get Lucky“ mal ausgenommen). Danach wird es aber im Gegensatz zu meinem „Musique Vol 1. 1993-2005“ – Album eher schnell in meiner Itunes Bibliothek verschwinden.

Hörtipps:
Giorgio by Moroder
Instant Crush
Motherboard
Fragments of time

  • peter
    23. Mai 2013 at 11:43

    Ich liebe das Album und mein Favorit ist ‚Beyond‘!! Die Côte d’Azur wird dieses Jahr beben mit ‚Get Lucky‘!!! Danke Jan, wie immer ein genialer Musik-Artikel!!

  • Volker
    23. Mai 2013 at 11:49

    Das Album ist genial!

  • vk
    23. Mai 2013 at 12:05

    klar. wunderbares album. son konzept-dingen. sehr persoenlich und verschiedenartig.
    erinnert mich in seiner weit- und weltlaeufigkeit irgendwie sehr an elton johns ‚goodbye yellow brick road’…
    tolles persoenliches ding.

  • vk
    23. Mai 2013 at 12:43

    einziges manko: man kann es nicht selbst entdecken sondern wurde so plattgebuegelt.
    nen bisschen wie pflichtlektuere in der schule. sowas haelt dann meist nicht ewig.

  • Jan Who
    23. Mai 2013 at 12:49

    @Peter: Vielen Dank!

    @vk: Richtig!

  • Horst
    23. Mai 2013 at 14:06

    Absolut super! Sehr poppig, sehr Italo-Disco! Die Assoziation mit Air passt auch irgendwie. Was machen die jetzt eigentlich??

  • Monsieur_Didier
    24. Mai 2013 at 23:43

    …ach na ja, vom Styling her absolut super…
    die Musik, ich weiß nicht recht…
    AIR waren mit „Sexy Boy“ auch supergehyped und danach ging’s bergab und wurde sehr sehr still, auch zu recht, denn man konnte sie einfach nicht mehr hören…

    und Giorgio Moroder is der Vatter von dat janze…
    der geht einfach immer …!

  • Horstson » Blog Archiv » Die Woche auf Horstson
    26. Mai 2013 at 12:26

    […] Daft Punk auch in Heavy Rotation? Die Meinung von Jan Who, unserem Music-Freak, über das Album gab es am Donnerstag. Und zwei Musikvideos noch dazu! 2) Es war mal wieder soweit! Horst kam mit seiner Sandalenwoche um […]