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Alles Ohne Glaskugel und Orakel – Modeblogger Hanami, Teil II

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Xaver, das EM Orakel Bild: br

Die Kirschblüte ist nun auch in den kältesten Teilen der Republik Vergangenheit. Aber das Motto ist ja ohnehin nur ein Aufhänger für die Inhalte, die wir von den Kollegen erbeten und bekommen haben.
Ihr kennt das ja schon von Teil I: Wie sehen Deutsche Modeblogs und die Modeblogger-Szene in fünf Jahren aus? …. so lautete die Frage. Den ersten Schwung der Ideen dazu hatten wir euch unlängst vorgestellt. Nun kommt der zweite Teil und dann werden wir sehen, wie hoch der Glaskugel- und Orakel-Faktor der Kollegen ist. Und von Horst bekommt ihr ja auch noch was zu lesen.

Also halte ich euch gar nicht länger mit der Vorrede auf und freue mich auf regen Diskurs, zu diesem und anderen Themen, bei uns auf Horstson und naturgemäß auch auf den spannenden Blogs der Kollegen.
Viel Spaß beim Lesen und mit Fantasieren und ein Dankeschön an die Schreiberkollegen der Modeblogs!

Asmona Logan, Beautydelicious und Greendelicous
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Bild: Screenshot Beautydelicious

In 5 Jahren wird es viele der heutigen Blogs nicht mehr geben, da Bloggen für viele nach wie vor eine Freizeitbeschäftigung ist. Also etwas, was man neben dem Studium oder Job noch zeitlich unter einen Hut bekommt. Sobald sich aber Familie, neue berufliche Herausforderungen etc. einstellen, wird die Zeit fürs Bloggen knapp und irgendwann werden viele ganz damit aufhören.
Dann gibt es noch diejenigen unter den Bloggern, es sind im Moment allerdings nicht sehr viele, die zukünftig ihren Unterhalt mit ihrem Blogs bestreiten können. Voraussetzung dafür ist allerdings eine ernst zu nehmende Professionalisierung vonseiten der Blogger und eine Weiterentwicklung der Inhalte. Outfitposts alleine und etwas Geschreibsel genügen langfristig nicht, um die Leser an den Blog zu binden. Hier ist mehr Kreativität und eine journalistische Herangehensweise von Nöten sein.
Wenn dann noch die Akzeptanz von Blogs in Deutschland von Industrieseite endlich wächst, wie man es bereits in den USA oder UK erleben kann, dann sehen wir spannenden Zeiten entgegen.

Roland Schweins, Styleranking
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Bild: Screenshot Styleranking

Um zu schauen, wie die deutsche Bloglandschaft in fünf Jahren ausschaut, muss man zunächst einmal fünf Jahre zurückschauen. Seinerzeit hatten zumindest Modeblogs gar keine Bedeutung in Deutschland. Das hat sich dann bis 2010 relativ schnell gewandelt. Plötzlich waren Modeblogs hip, trendy, cool und wurden von TV-Sendern vorgestellt. Das wiederum zog eine Vielzahl von neuen Modeblogs, Styleblogs, Stylingblogs, Beautyblogs und Lifestyleblogs nach sich. Inzwischen haben viele derer, die vor fünf Jahren mal zu den am stärksten gelesenen Modeblogs zählten, schon wieder aufgehört. Die Blogosphäre ist heute riesig – fast unüberschaubar.
Was wird passieren? Man merkt es momentan schon: Es kristallisieren sich die Blogs als bekannt heraus, die ein besonderes, einzigartiges Konzept haben. Sie sind lesernah oder produzieren die Autorin in einer ganz besonderen Weise. Vorbild wird bei einigen dieser Blogger/-innen so jemand wie Elin Kling sein – oder eben wie Bryan Boy. Es geht darum, zu unterhalten und eine Marke aufzubauen. Wer das schafft, der wird gelesen.
Ein zweiter Trend zeichnet sich ab: Modeblog-Netzwerke. Blogs, die gut zusammen passen, schließen sich zusammen, um Werbekunden und Agenturen gegenüber selbstbewusster auftreten zu können.

Und in fünf Jahren? Da wird es noch weniger von denen geben, die heute als bekannt gelten. Dafür werden sich in den Netzwerken einige neue Gesichter zeigen – andere werden ausgeschieden sein. Manche Netzwerke werden gar nicht mehr bestehen.
Einige werden eine Marke aufgebaut haben und das Bloggen wird bei diesen Bloggern zur Nebensache. Es geht darum, die eigene Person zu vermarkten. Im TV, auf Veranstaltungen, mit Moderationen und Jury-Tätigkeiten.
Unternehmen werden die Blogs einladen, bei denen sie eine relevante Reichweite erkennen können – nicht die, die am schrillsten sind – die Zeit wird vorbei sein. Und die Leser werden die Portale ansteuern, von denen sie wissen, dass sie etwas erfahren, was sie sonst nirgends lesen würden. Der Konkurrenzkampf unter den Modeblogs um Einladungen und Aufträge wird größer sein – die Anforderungen an die Qualität eines Blogs werden steigen: Exklusivität, Bildqualität, Rechtschreibung, Professionalität werden viel mehr Stellenwert einnehmen, weswegen einige, die heute angesagt sind, ihr Blog wieder als Hobby schreiben werden, nicht aber als Lebensunterhalt. Viele werden wieder aufgeben. Und ist das gut, wenn das eintrifft, was ich erwarte? Ich meine ja. Platz für Newcomer wird es immer geben. Aber wenn die Ansprüche der Leserschaft steigen, dann tut das auch der Blogosphäre gut – und dem Ansehen der Blogs.

Katja Schweizberger, Lesmads
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Bild: Screenshot Lesmads

Wenn mich vor fünf Jahren jemand gefragt hätte, wie sich Blogs bis heute entwickeln würden, dann hätte ich keine Ahnung gehabt, was ich antworten sollte. Das geht mir eigentlich auch jetzt so. Denn als die Modeblogosphäre in Deutschland damals noch in der Anfangsphase steckte, hätte ich niemals mit einer so rasanten Entwicklung gerechnet. Den Hype haben Blogs mittlerweile überlebt. Jetzt sind sie ein fester Bestandteil der Medienwelt.
Ich denke, dass bereits etablierte Blogformate auch in den nächsten fünf Jahren bestehen werden. Gleichzeitig müssen sie sich aber weiter entwickeln. Persönliche Blogs werden immer professioneller werden. Die Blogger selbst werden zu Marken. Außerdem werden Netzwerke an Bedeutung gewinnen. Zusammenschlüsse von Bloggern sind im Ausland bereits erfolgreich und auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Blogs müssen sich außerdem neben dem immer größeren Einfluss von Vlogs behaupten oder mit ihnen zusammenwachsen.
Parallel werden neue Blogformen entstehen, von denen wir bis jetzt vielleicht noch gar keine Ahnung haben. Und darauf bin ich letztlich besonders gespannt, auf alles, was nicht vorhersehbar ist!

Kathrin Wittich, Kathrynsky, That’s so me und Cover PR
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Bild: Screenshot Kathrynsky

Landen die Blogs in einigen Jahren alle im Mainstream? Sind wir in fünf Jahren so weit wie die Blogger in den USA? Werden wir das Level der Akzeptanz erhöhen können?

Der Wandel kann so schnell gehen, es kann immer nur eine Momentaufnahme sein, wer weiß, vielleicht ist es in einem Jahr schon anders, eine Prognose für die nächsten zehn Jahre zu geben, würde ich mich gar nicht trauen.
Heute ist es jedenfalls so, dass bloggende Markenbotschafter dem Fashion-Segment im E-Commerce das Erlebnis geben könnten, welches im Handel schon lange nicht mehr zu finden ist. Doch vergeht dem Blogger dabei oft der eigene Spaß!? Es gibt mittlerweile fast so viel leere Blogs wie gut gepflegte OpenBC (das was früher Xing war) Profile.
Denn was wichtig ist beim Bloggen: Leichtigkeit und viel Luft um auszuhalten. Leichtigkeit um dem Leser eine schöne Geschichte und guten, ungezwungenen Content bieten zu können und Luft um auch nach Jahren noch dabeizubleiben.
Die Motivation des Bloggens entstand bei mir selbst auch durch das Feedback von außen. Das Wesen des Bloggens wird erst durch Vernetzung groß und größer – sie existiert logischerweise nicht vom Start an. Diese Vernetzung ist in den letzten Jahren, genau wie die Kommentarfreudigkeit, eher geringer geworden. (Die deutschen Blogcharts erfassen seit Neuestem auch keine Bloglinks, Trackbacks mehr.) Trotzdem wachsen die Zugriffszahlen auf Blogs stetig.
Empfehlungen und sichtbare Verlinkungen, die in Netzwerken wie Twitter, Facebook & Co. funktionieren, werden bislang nur bei den Videobloggern aktiv betrieben (genauso wie das Geschäftsmodell des Bloggens).
Sollten wir also als erstes das Problem der Vernetzung beheben, bevor wir weiterdenken können? Ein guter Ansatz ist das Projekt von Daniel Rehn und Luca Hammer – hierbei wird die Vernetzungen der Blogger untereinander visualisiert. Das Projekt ist erst ein paar Wochen alt und hat meines Erachtens ein Chance einen guten Überblick über die gesamte deutsche Blogossphäre zu schaffen.

Ihr habt hier nach der Modeblogger-Szene gefragt, doch die Bloggossphäre hat ja so viel mehr zu bieten und wir selbst sehen oft gar nicht, wie weit wir bereits im Vergleich zu anderen Blogsparten sind. Kaum ein anderer Bereich hat eigene Facebookgruppen, in denen es zumindest die Möglichkeit gibt sich abzustimmen und zu besprechen. Geschweige denn, so vielen Events auf denen man im realen Leben sprechen kann.
So bleibt zu hoffen, dass die Mentalität sich im Allgemeinen ändern wird und es eine Vernetzung und Miteinander im Modebloggerbereich, als auch über die eigene Nische hinaus gibt.

Dies könnte ein kleiner Blick in die Zukunft sein. Netzwerke und Agenturen sind ein logischer Schluß davon. Doch auch hier sollte man meiner Meinung nach über den Tellerrand schauen und verschiedene Sparten verknüpfen. Denn ein wahrer Mehrwert für den Leser kann nur entstehen, wenn nicht in allen Blogs die selben Themen, mit der selben Qualität behandelt werden.
Vielleicht schließen sich auch unterschiedliche Netzwerke oder Agenturen zusammen um Kraft gebündelt einzusetzen und Vielfalt zu ermöglichen?

Jürgen Vielmeier hat auf Basic Thinking den Wunsch geäußert, das ein Verlag sich mal trauen sollte, ein Team für ein Mehrautorenblog zu schaffen, welches fest bezahlt wird, auch auf anderen Medien beworben und bei dem die Blogger am Konzept des Ganzen beteiligt werden. Auch ich würde mir mehr bezahlte Modelle wünschen, denn dort wollen viele Blogger hin – mit ihrem eigenen Blog auch noch Geld zu verdienen. Was in den USA, vor allem im Bereich Technik schon sehr gut umgesetzt wird, ist in Deutschland noch nicht möglich. (USA: Der „Business Insider” beschäftigt mehr als 50 Mitarbeiter – bloggen, Anzeigen akquirieren, VS. Deutschland: Nummer-1-Blog „Stadt Bremerhaven“, ist eine One-Man-Show und er lebt nicht nur von seinem Blog.) Auch bei den Modeblogs arbeiten die meisten „noch“ in anderen Berufen.

Ich hoffe das Blogs in Zukunft selbstverständlicher zum Netzalltag gehören werden, bezweifele jedoch, das es in Deutschland ein Mainstream-Medium werden könnte.
Vielleicht werden sie trotzdem in fünf Jahren als journalistische Quelle anerkannt, zumindest die Blogs, die selbst auch einen journalistischen Anspruch haben. Die Vielfalt der Blogosphäre wird steigen, mehr Nischen werden besetzt werden. Es wird eine Konsolidierung der Blogosphäre stattfinden, die kleinen „Mal so Blogger“ werden weiterhin klein werden, die Popularität der „ernsthaften“ Blogger wird wachsen.

Sascha Pietsch, Horstson
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Bild: Screenshot Horstson

Horstson gibt es nun seit etwas über 3 Jahren und wir haben viele Blogs kommen und gehen sehen. Besonders die persönlichen Styletagebücher waren vor ein paar Jahren beliebt, heutzutage ist nichts so oldfashioned wie Blogs, die den Blogger in den Fokus rücken. Zu Recht, denn sind wir mal ehrlich – das war anfangs ganz unterhaltsam, in die Kleiderschränke der Republik schauen zu dürfen und auch die verwackelten Handybilder aus den Umkleidekabinen der Highstreet-Ketten hatte ein wenig Charme. Nur hat das halt keine Substanz. Irgendwann ist auch die x-te Variante eines Tagesoutfit-Posts langweilig und nicht sonderlich inspirierend und auch die chicste Bloggerreise wird irgendwann genau das Gegenteil des gewünschten Effektes haben – die Leser haben sich vermutlich irgendwann an dem vermeintlichen Erfolg von Blogger XY für den vermeintlich wenigen Aufwand sattgesehen und wollen ihn weder in einem schönen Hotel an der Côte d’Azur sehen, noch auf dem roten Teppich. Selbst Bryan Boy sagte mal in einem Interview, dass das Konzept hinter seinem Blog vielleicht mal nicht mehr funktioniert. Was aber funktionieren wird, sind Inhalte mit Substanz, Querdenker und wahre Inspiration. Diese Inspiration findet man meist in den Wörtern zwischen den Bildern. Daher glauben wir an Magazine mit einem subjektiven Charakter. An Online-Magazine, die den Mut haben, sich auch mal in die Gefahr zu begeben, falsch zu liegen. Und wir glauben an Netzwerke, die dem Leser einen Mehrwert geben.
Vielleicht gibt es in 5 Jahren Blogs aber auch gar nicht mehr und es gibt was ganz Neues. Etwas, von dem wir heute noch keine Ahnung haben und was sich irgendein findiger Schüler in seinem Jugendzimmer ausgedacht hat. Vielleicht sollte man deshalb auch gar keine Gedanken in ein Modeblogger-Futurama investieren. Die Hummel hat 0,7 cm² Flügelfläche und wiegt 1,2 Gramm. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich, bei diesem Verhältnis zu fliegen. Die Hummel weiß das nicht und fliegt einfach. Und wir bloggen einfach weiter.

Wie seht Ihr das, liebe LeserInnen – Wie sehen Deutsche Modeblogs und die Modeblogger-Szene in fünf Jahren aus?

  • Volker
    28. Mai 2013 at 10:57

    Guter Teil 2. Die Professionalisierung nimmt den Blogs leider einiges

  • Siegmar
    28. Mai 2013 at 11:44

    es ist sicherlich schwierig zu sagen was in 5 Jahren ist, ich hoffe auf einige interesante Blogs, gerne auch als Netzwerk, Horstson wird sicher dabei sein und die Nummer mit der Hummel ist einfach wunderbar, ich mußte sehr lachen. 🙂

  • Horst
    29. Mai 2013 at 12:54

    @Siegmar es freut mich natürlich das Du uns zu den Blogs zählst, die es in 5 Jahren noch gibt. Die Netzwerke ansich sind wirklich spannend, man weiß ja nie….

  • Dani
    31. Mai 2013 at 16:23

    „Denn was wichtig ist beim Bloggen: Leichtigkeit und viel Luft um auszuhalten. Leichtigkeit um dem Leser eine schöne Geschichte und guten, ungezwungenen Content bieten zu können und Luft um auch nach Jahren noch dabeizubleiben.“

    Das stimmt, unseren Blog gibt es jetzt auch schon über 3 Jahre und es gibt durchaus einige Tage, an denen mir ein bisschen die Luft ausgeht. Deshalb ist es sehr wichtig sich ständig weiterzuentwickeln und sich nicht auf seinem Erfolg auszuruhen. Dann bleibt auch die Spannung beim Bloggen.

    Herzlichst, Dani

  • Daisydora
    3. Juni 2013 at 10:42

    @alle

    Da bin ich wieder … und sage auch hier noch mal Dankeschön an alle Blogger für deren interessante Ausblicke, an die Leser für das Interesse as Thema und die guten Kommentate und an Horst für seinen schönen Beitrag und die Leser-Kommentarbetreuung.

    Danke, Daisy 🙂