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Wird der Kuchen jetzt neu aufgeteilt? – adidas eröffnet die ersten NEO Label Concept Stores

Wenn man sich mal verdeutlicht, wie ungeheuer viel Kaufkraft hinter der Marktgröße von vier Millarden Euro steckt, die Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren in Deutschland Jahr für Jahr für Mode ausgeben können und das auch tun, dann kann man sich ungefähr vorstellen, dass es langsam Zeit wurde, dass jemand von den Großen in den Ring zu H&M und Co. steigt. Einfach wird das nicht und ein KO ist auch nicht drinnen. Die großen Textilketten beackern den lukrativen Markt aber seit langer Zeit mit hunderten Outlets, an denen wirklich kein Teen vorbekommt. Von der massiven und sehr gut gemachten Werbung und dem Propagandamonopol, das H&M bei sehr vielen deutschen Modeblogs innehat, erst gar nicht zu reden. Da muss schon sehr viel Kraft aufgewendet werden, um dem etwas Wirksames entgegen zu setzen.

Ein großer Player wie adidas könnte das stemmen und sich ein schönes Stück des Kuchens holen. Lasst uns aber besser erst mal über NEO reden. Adidas kennt jeder und wir für unseren Teil mögen die Herzogenauracher als Hersteller von guten Sportschuhen und Sneakers und tollen Sportklamotten und cooler Streetwear an sich schon sehr gerne. Ab und an und im Zusammenhang mit hochwertigen Designer-Kooperationen kann es sogar zu vereinzelten Begeisterungsstürmen kommen, und das nicht nur bei Horst wegen Jeremy Scott.

Auf diese solide und beliebte Marke lässt sich ein Label wie NEO, das Sporttradition mit Mode zu Preisen, die für Konsumenten im Teenager-Alter erschwinglich sind, verbindet, ganz gut aufsetzen. Ob es dafür eigene Läden braucht, scheinen die Verantwortlichen bei adidas, die das ja zu bezahlen haben, besser als ich zu wissen. Mein Gefühl sagt mir: Da fehlt ein wenig die Strahlkraft der adidas Originals und der sehr tollen adidas-Shops. Aber ich bin ja auch keine Siebzehn.

Mit zehn neuen interaktiven adidas NEO Label Concept Stores bringt adidas jedenfalls frische Mode für Teenager nach Deutschland. Der erste Store wurde am 2. Februar in Hamburg eröffnet und im Laufe des Frühjahrs werden nach und nach alle weiteren Läden folgen.

Wofür steht NEO? Für einen neuen Geist in der Jugendmode. Das würde aber erst mal zur Hülse verkommen, wären da nicht tatsächlich einige Gimmicks in den Stores zu finden, die exakt das bedienen, was Teens von der Kommunikation in Sozialen Netzwerken nur zu gut kennen und leidenschaftlich gerne nutzen. Durch sie und die coolen Klamotten soll das Einkaufen im adidas NEO Store zum puren Erlebnis werden.
Macht euch keine Sorgen, wenn ihr den Begriff „Social Mirror“ bis dato nicht gekannt habt. Das ist ein lebensgroßer Flatscreen, der als multimedialer Spiegel Teil jedes Stores funktioniert. Mit ihm kann jedes anprobierte Outfit nicht nur fotografiert und gefilmt, sondern auch sofort auf Facebook gepostet oder über Twitter getweetet werden. So kann man in Windeseile die Meinung seiner Freunde einholen: posieren, klicken, hochladen. So die überaus ausgeschlafenen Verantwortlichen für dieses Store-Konzept.
Doch damit, seinen Freunden in Echtzeit jede Klamotte am Mann zeigen zu können, ist es noch nicht getan. Das Label adidas NEO arbeitet kontinuierlich an einem Ausbau im Bereich Social Networks, sowohl für Konsumenten, als auch für Mitarbeiter. Das Personal hat Zugang zu einem nicht öffentlichen Twitter-Feed, in welchem sie regelmäßig über neue Marketing-Aktivitäten, Facebook-Posts und digitale Anwendungen informiert werden. Desweiteren werden die NEO-Konsumenten über Facebook mit Inhalten über die Marke, Gewinnspielen, Produkt-Informationen und exklusiven Einkaufsmöglichkeiten auf dem Laufenden gehalten.

Das nenne ich die erste Digitalisierung des Kleiderschranks für Teenies. Es gibt sogar interaktive Schaufenster.

„Als Inspiration für adidas NEO Label steht die Teenagerkultur im Mittelpunkt. Im Frühjahr Sommer 2012 spiegelt die Kollektion die Suche von Teenagern nach spannenden und überraschenden Erlebnissen wider,” erklärt Dirk Schönberger, der Head of Creative Direction adidas Sport Style. „Wir kreieren Outfits mit Silhouetten, die von Sport und Lifestyle inspiriert sind. Frische Farben in Verbindung mit spielerischen, graphischen Designs dominieren die Kollektion. Für den kompletten Look bieten wir außerdem zahlreiche Schuhmodelle an.“ Kurz: Es gibt Jeans in Eyecatcher-Farben, lässige Kapuzenjacken, verwaschene Denimshorts, bunte Pixelprints und coole Karomuster: die Mode-Linie steht für die Tradition des Hauses und führt diese mit Sport- und Lifestyle inspirierten Designs zu Teenager freundlichen Preisen weiter in die Zukunft.
A pro Pos Preise: T-Shirts fangen bei 12,95 Euro an, Karohemden und Hosen bei 29,95 Euro, Hoodies bei 39,35 Euro und Footwear ab 34,95 Euro.

Erhältlich sind die Klamotten neben den ab Mai zehn NEO Stores in Deutschland auch bei ausgesuchten Partnern. Zum Beispiel bei Peek & Cloppenburg und ab April wird die Kollektion auch über E-Commerce erhältlich sein. Das würde ich jetzt noch nicht als die Kampfansage an die großen Textilketten bezeichnen, die ja mit dem zum größten Teil von den tollen Designer-Labels abgepausten, topmodischen Klamotten punkten, aber adidas traut man zu, den Markt richtig aufzurollen. Und Deutschland ist gleichzeitig Testmarkt für die Welt.

Für euch als Service die Eröffnungsdaten und Adressen: Hamburg, Poststraße 9-11, 9. Februar Düsseldorf, Flinger Straße 38, 16. Februar Frankfurt, My Zeil Shopping Center, Zeil 116-126 23. Februar Berlin, Alexa Shopping Center, Grunerstraße 20, 1. März Berlin, Tauentzienstraße 9-11, 8. März Oberhausen, Centro Oberhausen, Promenade 555, 15. März Köln, Hohe Straße 120-122, 22. März Nürnberg, Breite Gasse 46, 12. April Berlin Potsdam, Potsdamer Platz Arkaden, Alte Potsdamer Straße 7 10. Mai Stuttgart, Königstraße 3

Ich bin sehr neugierig darauf, wie sich die ausgefeilte Brand Marketing-Strategie und das Kundenbindungs-Programm über facebook und twitter in der Praxis weiter bewähren werden. Zur Zeit kann adidas NEO weltweit mit nicht weniger als 162.000 facebook-Freunden rechnen, davon 42.000 in Deutschland. Diese Zielkunden werden aktiv über digitale Plattformen und Technologien an das Label gebunden und täglich mit Inhalten versorgt. Dazu zählen Produktinformationen, Einzelheiten zu Store-Events, Video-Inhalte und Fun sowie diverse Applikationen und Widgets. Außerdem nutzt adidas NEO auch das Handy als Plattform. Im Lauf des Frühjahrs startet eine textbasierte Kampagne, bei der die Fans, die per Handy angesprochen werden, spezielle Incentives, Secret Sale-Aktionen und Events angeboten bekommen. Der treue facebook-NEO-Fan und Kunde soll jederzeit das Gefühl haben, zu den wertvollsten Kunden zu zählen und für die Verantwortlichen etwas Besonderes zu sein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das gab es ja bisher noch nicht, dass uns ein Label überall mit Werbebotschaften erreichen kann, selbst nachts auf der Piste.

Mein vorläufiges Fazit: Man wird sehen, ob die Strahlkraft der Marke adidas und der Style der Klamotten dazu führen werden, dass adidas NEO zu einer angesagten Jugendmarke wird. Mit den digitalen Gimmicks und der facebook Community alleine wird das nicht gelingen.

Ich vermisse jetzt erst mal eine passende Werbekampagne und gute Kollektionsfotos, mit denen man auf einem Modeblog etwas anfangen kann.

Und etwas harte Kritik muss ich auch noch los werden: Man weiß ja von H&M und Kollegen, dass da im Verkauf zuhauf mit schlecht bezahlten Billigkräften gearbeitet wird, die auf Basis von 400 Euro Jobs, mit überaus schwammigen Zeitangaben, beschäftigt werden. Leider habe ich auch für die NEO Store-Eröffnungen eine dahingehende Ausschreibung gefunden, die ich euch hier als Screenshot zeige. Meine Meinung dazu, das ist nicht OK. Wenn man junge Leute als Kunden begeistern und binden will, dann muss man sie erst mal das gute Geld verdienen lassen, dass sie dann für Klamotten ausgeben sollen.
Zu diesem unrühmlichen Kapitel der Branche werde ich auch versuchen Interviews mit Verantwortlichen zu führen, O-Töne von schlecht bezahlten Mitarbeitern querbeet einzusammeln und dann einen großen Bericht dazu auf Horstson und wenn mir das gelingt, bei einem überregionalen Magazin, in dessen Onlineausgabe, zu veröffentlichen. Das kann schließlich nicht so bleiben, dass man für Stundenlöhne von fünf Euro brutto und weniger die Wahl hat, das flirrende Konzept bei adidas NEO wie ein Weltmeister mit zu tragen und erfolgreich zu machen oder David Beckhams überteuerte Unterhosen an den Mann zu bringen …

Bilder: adidas, Malte Goy Photography

  • Rheinlaender
    8. Februar 2012 at 23:05

    …die Stellenanzeige kann ja eigentlich nur ein verborgener Comedyjoke sein, oder wie soll ich das verstehen:
    Grundlegende Rechtsschreib- und Rechenkenntnisse…
    wenn ich so etwas in einer Stellenanzeige lese dann frag ich mich, was die wohl von ihren Mitarbeitern und damit auch von ihren Kunden halten…???

  • Daisydora
    9. Februar 2012 at 08:56

    @Rheinlaender

    Ich war auch etwas erstaunt, da adidas ja zu den beliebtesten Arbeitgebern innerhalb der großen Unternehmen in Deutschland zählt und daher gehen wir der Sache auch mit Interviewanfragen auf den Grund und berichten dann wieder darüber.

  • siegmarberlin
    9. Februar 2012 at 12:52

    ich war ziemlich verblüfft diese Stellenazeige zu lesen, grundsätzlich muss man abwarten wie sich das entwickelt bei der Jugend. Adidas ist schon ein ziemliches Gewicht bei den Jugendlichen.

  • Chriss
    9. Februar 2012 at 15:32

    viele Dank für den tollen Artikel mit den ganzen Infos… endlich weiß ich jetzt worum es bei Adidas NEO geht…

  • Daisydora
    9. Februar 2012 at 16:17

    @siegmarberlin

    Das denke ich auch, dass die Marke bei jungen Leuten gut zieht … bin nur gespannt, ob das ohne die Strahlkraft der Originals funktioniert und zu den Löhnen mache ich mich erst mal schlau …

    @Chriss

    Ich danke dir, dafür sind wir ja da 😉

  • fuchsia
    15. Februar 2012 at 17:20

    mehr gehälter für verkäufer hin oder her. wie wir auch alle wissen, werden die sachen auch nicht gerade fair produziert – thema „menschenrechte“. ich sag nur kinderarbeit, ausbeutung, hungerlohn. ich will hier nicht einen auf öko machen, aber wenn man schon kritisiert, dann doch aber bitte nicht nur, weil die armen armen nebenjobler „nur“ 400 euro bekommen, die sie dann schön für klamotten ausgeben können, die für ein minimalteil des verkaufspreises produziert werden.

  • digital signage - das Digital Signage Blog
    11. Oktober 2012 at 12:12

    adidas macht das Schaufenster zum interaktiven Store…

    adidas setzt in seinem NEO-Shop in Nürnberg ein spannendes Digital Signage-Konzept um. Über ein interaktives Schaufenster können Kunden auch außerhalb der Öffnungszeiten Produkte aus dem Store ordern. Der mobile Einkauf gestaltet sich denkbar einfach: …