„Cheng shang qi xia“ ist chinesisch und heißt „Die Vergangenheit in die Zukunft holen“. Shang Xia ist aber auch das erste echte chinesische Luxuslabel, das unter seiner Chefin Jiang Qiong Er versucht zu retten, was nach Bürgerkriegen, Kulturrevolution und dreißig Jahren rasanter Wirtschaftsentwicklung noch an Meistern ihres Faches in China übrig ist.
Früher war China berühmt für raffinierten Luxus, Porzellan, Seidenweberei, Lackwaren, Emaille, Stickerei, Kalligrafie und Lenkdrachen – heute gibt es kaum noch hochwertiges an Produkten und Meistern ihres Faches. Die 35jährige hat in Paris studiert und reist ständig durch das Land um Werkstätten und Handwerker aufzuspüren und sie und ihre Produkte für ihre Kollektion zu gewinnen.
So jemanden wie den Töpfermeister Lu zum Beispiel, dessen Beitrag zum Sortiment hauchdünne Schalen mit einer Wandstärke von einem halben Millimeter und einem Preis von 1.000 Euro sind. Oder sie findet einen Handwerker wie z.B. einen Bambusflechter, dessen Skulpturen völlig aus der Mode gekommen war und nutzt seine Handwerkstechniken um neues Design zu entwickeln. Heute ummantelt er mit seinen fragilen Geflechten wunderschöne Teeservice.
Die Perfektion von Jiang Qiong Er und ihren Handwerksmeistern erinnert einen sofort an ihr Europäisches Pendant Hermès – und Bingo: Shang Xia gehört zu 75 Prozent dem französischen Luxuslabel. Mit asiatischer Gelassenheit sagt Jiang Qiong Er „Hermès hat seinen Samen erstmals in fremde Erde gepflanzt.“
Beide Marken verbindet der Anspruch für bedingungslose Qualität; Hermès sieht diese Marke als gleichwertig an und nicht als Submarke für den chinesischen Markt. Im Gegenteil: wenn später Geschäfte in Paris oder New York eröffnet werden, die Läden gleichen eher phantasievollen Kunstgalerien, werden sicherlich mehr westliche als chinesische Kunden dort kaufen, aber so untermauert Patrick Thomas, der Konzernchef von Hermès, seine Pläne, ein Land in dem diese Handwerkstechniken und das Porzellan erfunden wurde, muss einfach auch in Perfektion diese Dinge wieder herstellen können.
Als nächstes, es gibt schon einen Laden in Shanghai, wird eine Handwerksschule gegründet, in der das Wissen an den Nachwuchs weitergegeben wird. Einen Laden in Paris wird es in absehbarer Zeit in der Rue de Sèvres geben. Thomas sagt, dass zwar in den nächsten Jahren kein Gewinn zu erwarten ist, aber Hermès macht ja auch nicht ständig nur Dinge um Gewinne zu erzielen, sondern sieht das Geld was sie in die Fertigkeiten stecken, als Investition in die Zukunft und nutzt die Synergie-Effekte um sein eigenes Handwerk und Sortiment zu optimieren.
Meister Lu hat zwei Jahre gebraucht, um die ersten fünf Schalen genau so hinzubekommen, wie sie der Perfektion entsprechen. Zwei mongolische Schwestern schaffen drei Mäntel, komplett ohne Naht aus einem Stück Stoff gefilzt, im Jahr und die Jade-Teekannen, die in mühevollster Kleinarbeit aus dem Stein geschliffen werden, müssen immer wieder ruhen damit der Stein nicht springt, so das das der Fertigungs-Prozess endlos Zeit in Anspruch nimmt.
Genau darum geht es Hermès und auch Shang Xia – um die Entschleunigung einer hektischen Zeit, in der zu viele schlechte Dinge produziert werden und es geht darum, dem Begriff Luxus wieder seinen Ursprung zu geben. Und das ist das geniale daran, denn eines ist klar: nachdem wir alles gehabt haben und die Verlockung ins Unendliche ausgeufert ist, werden auch die Chinesen zu ihren Wurzeln zurückkehren wollen und das lebt Shang Xia genau so, wie es uns Hermès immer wieder zeigt. Das Handwerk bildet einen Grundstock unserer Kultur und unseres Wissens und es gibt uns die Sicherheit unserer Herkunft – eben die Wurzeln der Zukunft.
Monsieur_Didier
31. Juli 2012 at 11:58…war ja klar, das so ein Artikel nur von Peter Kempe kommen konnte…
Hut ab…!
Volker
31. Juli 2012 at 12:06Gefällt mir sehr, habe von der Firma noch nie was gehört.
Mira
31. Juli 2012 at 12:28Top! Es wird wieder ein Stück Kultur in China ausgegraben und modernisiert! Sowas gefällt mir unheimlich!
Siegmar
31. Juli 2012 at 12:36ich will die Stühle und die Schalen 🙂 nach Preisen muss man gluabe ich nicht fragen. Was für eine wunderbarer Geschichte und was für ein schöner Artikel.
peter
31. Juli 2012 at 14:08@siegmar
es gibt eine vase die hat der meister nur einmal im leben hin bekommen…..die sachen sind der hammer und sie kosten viel geld sind aber auch meisterstücke die sachen sind outstanding!!!
Monsieur_Didier
31. Juli 2012 at 14:16…mich faszinieren diese Mäntel…
und die Fotos sind wunderschön…
x.
31. Juli 2012 at 19:22Danke für den schönen Artikel, ihr seid mein Kleinod bei den Modeblogs. Es tut gut euch zu lesen.
Horst
31. Juli 2012 at 22:46@x vielen Dank! Das freut uns natürlich sehr!
Mich würde das lookbook von denen interessieren!! 🙂
Ulrike Teterycz
3. August 2012 at 07:50WOW!!!