Vor fast genau 20 Jahren, am 6. Januar 1993, starb einer der größten und flamboyantesten Tänzer des 20. Jahrhunderts: Rudolf Nurejew. Nicht nur sein Tanz war spektakulär, sondern auch sein ganzes Leben und seine Existenz. In einem Zug geboren, schnell zu einem der begabtesten Tänzer der Welt avanciert, wurde er, als er auf dem Höhepunkt des kalten Krieges in den Westen flüchtete, mit einem Schlag weltberühmt.
Über seine göttliche Tanzkarriere und seine großartigen Choreographien erschienen wunderbare Bücher und Biographien – unter anderem von Tom Ford’s Ehemann Richard Buckley. Besonders empfehlenswert ist hingegen das Buch ‚The Nurejew Image‘ von Alexander Bland. Ähnlich wie Nurejew’s Vorgänger, Vaslav Nijinsky, gehört alles bereits zu dem, was man Legendenbildung nennt.
Hiervon soll aber heute gar nicht die Rede sein, sondern davon, dass sein Werk und seine Person auch 20 Jahre nach seinem tragischem Aids Tod wunderbares bewirkt und das ist dem anderen großen Talent des legendären Tänzers zu verdanken – seiner Geschäftstüchtigkeit.
Schon 1965 erhielt er pro Auftritt 2.800 Dollar, 1970 schon 10.000 und 1990 für jede Audition 20.000 Dollar und Nurejew tanzte 250 Abende im Jahr! Er kreierte auf der Kraft seiner Muskeln entspringend ein Imperium, das ihn den Beinamen ‚Zar Nurejew‘ einbrachte. Seine prachtvollen, palastartig angelegten Residenzen erschienen in Architectural Digest ebenso wie in House & Garden.
Neben 300 Quadratmetern am Quai Voltaire in Paris besaß er im Dakota House in New York als Nachbar von Jackie Kennedy und John Lennon ein nahezu identisches Appartement, ein Ferienhaus in La Turbie, eine Villa in Saint-Barth, eine Ranch in Richmond und ein wunderschönes Anwesen auf der Galli Insel im Mittelmeer. Alles zusammengetanzt und möbliert mit den schönsten Möbeln und Kunstwerken, sowie unzähligen Sammlungen, die er auf seinen legendären Einkaufstouren bei Sotheby’s und Christie’s erwarb.
Als im November 1992 klar wurde, dass der Tod des damals 54jährigen Nurejew nicht mehr auf sich warten ließ, beschloss er, dass nicht alles dem Staat zufallen darf, sondern für verschiedene Zwecke Stiftungen gebildet werden sollten.
Zum einen sollte für die medizinische Forschung und die gesundheitliche Absicherung von Tänzern (ein bis auf wenige Ausnahmen bis heute lausig bezahlter Beruf) eine Basis geschaffen werden. Die Nachwuchsförderung sollte genau so bedacht werden, wie die Finanzierung von Tanzprojekten und Inszenierungen.
Nach seinem Tod wurde in spektakulären Auktionen bei Christie’s in Paris, London und New York das gesamte Interieur und die Sammlungen versteigert (die Auktionskataloge sind heute Sammlerstücke und ansich schon wie Kunstobjekte) und die zahlreichen Wohnungen und Häuser verkauft.
Es wurde eine amerikanische und eine europäische Stiftung gegründet – mit einem Kapital von 6,2 Millionen Dollar bzw.12 Millionen Dollar. Hinzu kommen die jährlichen Einnahmen von Rechten an Choreographien von Nurejew, die immerhin 2012 auch noch 330.000 Dollar ausmachen.
Die Nurejew-Foundations tragen heute dazu bei, dass es weltweit möglich ist Tänzer zu werden, auch wenn man nicht aus begüterten Verhältnissen kommt und das der Tänzer nach Karriere-Ende ein klein wenig mehr Absicherung bekommt. Außerdem hat Nurejew’s Vermächtnis dazu beigetragen, den Dämon der Krankheit weiter zu erforschen dem er selbst erlegen ist – der HIV Forschung.
So lebt die Legende des Tänzers, der mit 2 Sprüngen eine ganze Bühne überqueren konnte, nicht nur in seiner Kunst weiter, sondern leistet heute dort aktive Hilfe, wo die knappen Kultur-Etats eh schon seit Jahrzehnten versagen.
Vor zwanzig Jahren starb der Gott des Tanzes, dessen Kunst – wenn man ihn einmal gesehen hat – einen nie wieder los ließ. Der Mann, der wie im Märchen lebte, voller Widersprüche und wie eine Verkörperung der Erotik wirkend, mit fast animalischer Anziehungskraft auf seine Fans. Unvergessen, aber eigentlich viel wichtiger, dass jeder Dollar den er sich mühsam ertanzt hat, heute seine Wirkung tut – Danke Rudolf Nurejew. Das ist das, was Sie wirklich unsterblich macht.
Siegmar
27. Dezember 2012 at 13:21beeindruckender Artikel über Nurejew, der ein Tanzgott war, danke Peter!
Winterbube
27. Dezember 2012 at 13:40Danke, sehr sexy.
Monsieur_Didier
27. Dezember 2012 at 20:28…Danke für diesen wirklich sehr aussergewöhnlichen Artikel…!
Siegmar
28. Dezember 2012 at 12:46ich muß Winterbube zustimmen, daß Foto von ihm ist klasse !
PeterKempe
28. Dezember 2012 at 18:08@ Siegmar
Das Photo ist von Richard Avedon und hängt in meinem Wohnzimmer ich hab das schon als Junge geliebt.
Volker
29. Dezember 2012 at 15:09Der Einrichtungsstil ist ein Graus. Nurejew erinnert schon fast an Liberace
Daisydora
29. Dezember 2012 at 17:19Wie gewohnt sehr interessant und schön geschrieben, ich liebe es, von dir an solche Genies erinnert zu werden ….
Pryor Dodge
11. Dezember 2013 at 17:36Nijinsky — “Der Gott des Tanzes”
Nijinsky — „God of Dance“
DOWNLOAD this eBook/App for free until Dec. 12 at iTunes and Amazon:
Keyword ¬– Nijinsky
An interactive illustrated experience essential for those who love dance.
“One of the most remarkable collections in the world”
(Dance Magazine, June 1950)
This unique eBook/App presents 242 photographs of Vaslav Nijinsky, the greatest ballet dancer of the twentieth century and star of the Ballets Russes. Photography is the only available means to experience Nijinsky’s greatness as no films of him dancing were ever produced. Viewers will discover Nijinsky in twenty-one ballets from 1906 to 1916 and in his every-day life from 1902 to 1928. The photos are accompanied by ground-breaking articles that provide new insights into Nijinsky’s art and complement the viewing experience. Commentaries by those who witnessed Nijinsky in performance offer a first-hand impression of his genius.