Ein Familienunternehmen ist wie ein Baum: die Familienmitglieder können nur behutsam im Unternehmen etwas verändern, weil sie wie die Blätter des Baumes sind und zudem immer wieder auf ihre Wurzeln achten müssen, weil die Wurzeln der Garant dafür sind, dass das Wasser bis zur Krone kommt. Die heutige Generation bei Hermès, wie beispielsweise Pierre-Alexis Dumas und Pascale Mussard, ist nicht nur in diesem traditionellen Bewusstsein aufgewachsen, sondern es gibt ihnen auch die Inspiration und die Kraft, die Marke und das Unternehmen in unserer heutigen Zeit zu dem fantasievollsten und wirklichem Luxuslabel weiter auszubauen.
Heute ist Hermès besonders für seine Taschen, Accessoires und seine wunderbaren Carrés bekannt, aber in jeder Boutique, ist sie auch noch so klein, gibt es eine Ecke, die dem ursprünglichen Kunden, also den Wurzeln gewidmet ist – dem Pferd. Natürlich ist es eine Legende, dass einst eine Kundin gesagt haben soll, dass sie es leid ist, dass ihr Pferd besser angezogen ist, als sie selbst und daraufhin Hermès, zunächst auch Sportkleidung gemacht hat. Sicherlich lag es für die Ahnen von Pierre-Alexis und Pascale nahe, nachdem sie sich das Patent des Reißverschlusses in den 20er Jahren in Frankreich sichern ließen, dass sie auch Lederjacken und Reisetaschen machten – denn Pferde wurden auf den Straßen von Paris ja immer weniger.
Das Pferd und Hermès ist eine Liebesgeschichte, die vor über 150 Jahren begann. Die Werkstätten der Sattlerei sind die ältesten im Haus und es erscheint praktisch sinnlos, die Geschichte des Hauses zu erzählen, ohne von Pferden und Sätteln zu sprechen. Die Liebe zum Pferd, zum Handwerk, zum Leder und zu den Fertigkeiten der Verarbeitung in allen Bereichen des Hauses, basieren auf diesen Werkstätten und der Vervollkommnung in all den Jahren.
Außerdem findet man in den Hermès-Welten immer wieder Hinweise auf das Pferd: Die Carrés zeigen Pferderennen, Zaumzeug, Kutschen, die Ställe der Königin von England und das berühmteste Tuch von Hermès, „Brides de Gala“, übrigens der absolute Verkaufsschlager des Hauses, wurde inspiriert vom Sattelzeug.
Beim Sattel gibt es nicht nur Unterschiede des Aufbaues für verschiedene Sportarten, wie Dressur oder Springen, sondern, ähnlich wie beim perfekt sitzenden Schuh, von Pferd zu Pferd verschiedene Bedürfnisse, die der Sattler bedenken muss und die in den nach Maß angefertigten Sattel einfließen. So gibt es den Senlis-Sattel, der für Jagden und sehr lange Ritte gemacht ist und der besonders bequem ist, um den nötigen Komfort zu bieten.
Beim Polo-Spiel geht’s um Schnelligkeit und Wendigkeit – der gleichnamige Sattel ist also kleiner, um mehr Bewegungsfreiheit zu ermöglichen. Gleichzeitig muss der Spieler aber auch präzise sitzen, um die gezielten Schüsse platzieren zu können.
Bei der Dressur kommt es auf absolutes Körpergefühl von Ross und Reiter an und der Dressage-Sattel sitzt besonders nah am Pferd, um die optimale Balance zu gewähren.
Einer der berühmtesten und erfolgreichsten Sättel des Hauses vom Faubourg Saint-Honoré ist aber der „Steinkraus“ für die Springreiter (Bild links). Er ist ein echter Profi-Sattel und sehr sehr beliebt in Amerika. Jackie Kennedys erster Gang, als sie das erste Mal in Paris war, war die Bestellung eines solchen Sattels.
Natürlich gibt es noch viele andere Varianten und in der Welt des Hauses, dessen Namen dem des griechischen Götterboten entlehnt ist, gibt es natürlich auch eine geflügelte Version in Krokoleder – der wird allerdings nicht benutzt, sondern ist, wie auch die seidenbezogenen Show-Sättel, stets einer der Hingucker für die berühmten Schaufenster des Stammhauses in Paris.
Hermès Sättel werden nicht nur von passionierten Profis des Sports bestellt, sondern natürlich auch von berühmten Institutionen des Reitsports. So ist die „Cadre Noir“ in Saumur, eine der renommiertesten Dressur-Institutionen der Welt oder die spanische Hofreitschule in Wien mit ihnen ausgestattet.
Der Aufbau eines Sattels gleicht einer Konstruktion, die man mit einem Dachstuhl vergleichen kann. Es ist eine durch und durch auf Handwerk und Erfahrung aufgebaute Tätigkeit und jeder Sattel wird in vielen Stunden von einem Sattler gemacht. Jeder Sattler nummeriert und signiert den jeweiligen Sattel, so dass man auch nach Jahren bei Reparaturen oder Wartung jeden Schritt des Aufbaus nachvollziehen kann. Ein Hermès Sattel ist eine Anschaffung fürs Leben und darüber hinaus. Viele der Sattler sind schon seit vielen Jahren im Unternehmen, aber das Handwerk ist so spannend und aufregend, dass viele junge Nachwuchskräfte sich dafür interessieren und bei Hermès ausgebildet werden. Dabei geht es nicht nur darum, wie das Handwerk funktioniert und Erfahrung zu sammeln. Es geht auch darum, die perfekten, naturgegerbten Leder auszuwählen, denn das ist eines der Geheimnisse von Hermès, deren Zusammenspiel die Sattel so einmalig macht.
Die Sattlerei-Ateliers und Werkstätten von Hermès sind der absolute Ursprung und die Wurzeln des Hauses. Weil man sie so perfektioniert hat, funktioniert die Ausstrahlung der Taschen, Gürtel und der Lederwaren so gut – sie sind genau solche Meisterwerke, wie die Sättel und spiegeln das Handwerk auf unnachahmliche Weise wider.
Die Blätter können nur sprießen, wenn die Wurzeln gesund sind. Genau darauf baut Hermès auf und deshalb steht auch gerne ein Pferd bei ihnen auf dem Flur und wartet auf seinen Sattel …
ThomasH
25. März 2013 at 10:13besser kann ein montag doch gar nicht anfangen, als mit so einem brillanten peter’s cuttings, das man mit einem kaffee in der sonne genießt.
übrigens, das hab ich mal gehört, falls man einen sattel bestellt, kommt ein mitarbeiter aus paris zum maßnehmen am pferd, ob nach hamburg oder hongkong. zum glück, man stelle sich sonst das pferde-gedränge in der faubiurg st. honoré vor.
Volker
25. März 2013 at 10:24Ein Sattel für das eigene Pferd zeugt von Klasse und einem gut gefüllten Bankkonto 😉 Schöner Einblick in das Unternehmen Hermes!
Siegmar
25. März 2013 at 12:14wunderbarer Artikel
Horst
25. März 2013 at 19:06Jetzt wissen wir auch, wo sich der von mir sehr verehrte Jeremy Scott seine Inspiration her hat! 🙂
Monsieur_Didier
26. März 2013 at 11:42@ Horst: *lach*
und der „Jeremy Scott-Sattel“ ist wirklich sehr sehr schön…
auch wenn ich selber kein Pferd mein eigen nenne würde ich diesen Sattel gerne haben…
ein Stück erlesenster Sattlerkunst…
und der Artikel und die gewonnenen Einblicke sind wieder sehr aussergewöhnlich…
danke dafür…! 🙂