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Peter’s Cuttings – Als Antonio López den Saint Laurent Katalog illustrierte

Am Beginn der 80er Jahre als Modeinformation noch ausschließlich über Magazine wie Womens Wear Daily oder Vogue erfolgten, jedenfalls was die Kollektionen aus Paris oder Mailand betraf, gaben Modehäuser wie Chanel oder Saint Laurent aufwendige, wunderbar gestaltete Broschüren für ihre Kundinnen heraus.
Zweimal im Jahr (es gab eine Frühjahr/Sommer Kollektion und eine für Herbst/Winter) erschienen diese Objekte der Begierde – in relativ kleiner Auflage, denn natürlich gab es weltweit nur wenige Verkaufspunkte für die Prêt-à-Porter de luxe Marken. Märkte wie Russland, China, Südamerika etc. existierten nicht und außer Europa und den USA waren die Japaner und der zaghaft beginnende Nahe Osten die einzigen Ziel-Länder. Die Welt der Mode war zu der Zeit im Vergleich zu heute eine kleine Welt, die sich wenig inflationierte und völlig gesetzmäßig ablief.
Das hat sich ja in den letzten Jahrzehnten total gedreht und heute soll von einem Relikt die Rede sein, das ich immer noch in meinen Archiven bewahre und es liebe hin und wieder reinzuschauen:
Yves Saint Laurents Rive Gauche Katalog gezeichnet von Antonio López aus dem Jahr 1984.

Antonio López war einer der größten Illustratoren-Genies des 20. Jahrhunderts. 1947 geboren machte er seine Ausbildung am Fashion Institute of Technologie in New York, wurde aber schon während des Studiums von John Fairchild von Women’s Wear Daily abgeworben und auch die New York Times veröffentlichte schon seine Zeichnungen.
Kongenial arbeitete er mit seinem Freund Juan Eugene Ramos zusammen und 1969 zogen sie zusammen nach Paris. Dort schlossen sich die beiden schnell der Clique um Karl Lagerfeld, Jacques de Beaumarchais und zu der Zeit auch noch Yves Saint Laurent und Pierre Berge ’s an. Mit Karl arbeitete er eng bei Chloé zusammen, macht aber auch viele eigene Projekte und war in fast jeder Vogue vertreten.

In Paris entdeckte er Talente wie Jessica Lange und vor allem Jerry Hall, mit der er auch eine Zeit lang zusammen wohnte. Ausser der Lagerfeld Clique gehörten zu Antonios und Ramos Freunden auch die junge gerade entdeckte Grace Jones oder Tina Chow.
Als Antonio nach Amerika zurückzog wurde er der Zeichner, der mit Halston untrennbar verbunden ist. Trotzdem arbeitete er immer noch für seine Pariser Freunde Karl und Yves – mittlerweile waren die beiden untereinander aber nicht mehr unbedingt die besten Freunde.

1982 kam das wunderbare Buch „Antonio’s Girls“ heraus und die ersten Ausstellungen größerer Art außerhalb der Fashion Szene fanden statt.
Als Yves Saint Laurent im Frühjahr 1984 seine Herbst Winter Kollektion in den Zelten des Carrousel du Louvre zeigte, beschloss er, den Katalog nicht wie üblich von Claus Ohm und Helmut Newton photographieren zu lassen, sondern er sollte einmalig gezeichnet werden.
So entstand der im typischen Antonio Style gehaltene Katalog. Übrigens nebenbei erwähnt, wie man sehen kann war es selbstverständlich, dass neben jedem Modell der Stofflieferant wie Abraham, Wurmser, Taroni oder Corisia genannt wurde oder aber diejenigen, die die Spitzen oder Stickereien machten, wie Schubiger oder Schlaepfer.

Es ist ein wunderbares Zeugnis einer damals sehr starken und erfolgreichen Rive Gauche Kollektion von Saint Laurent und eine tolle Erinnerung an den genialen Antonio. 1987 starb Antonio an Aids, 1995 leider auch sein Partner Ramos.

Seine Farben und sein Stil zu zeichnen waren meine prägenden Eindrücke von Modezeichnungen und ich liebe sie bis heute. Das Buch „Antonios Girls“ ist ein Must have für jede Fashion Bibliothek und auf den Katalog von Saint Laurent pass ich bis an mein Lebensende auf.
Mode ist etwas wunderbares, wenn man an solche tollen Talente wie Antonio denkt, weiß man das diese Welt nicht nur Kleidung bedeutet und Kommerz, sondern Phantasie und wunderbare Geschichten beinhaltet.

  • Johan
    11. Juni 2012 at 10:02

    Kann eine Woche schöner beginnen? Kompliment für diesen wundervollen Beitrag!

  • Ulrike Teterycz
    11. Juni 2012 at 10:47

    Oh ja, danke für diese kleine Reise in meine eigene Vergangenheit als junge Modedesigner-Studentin! Diese Illustrationen prägten mich maßgeblich und auch heute freue ich mich sehr, wenn Modezeichnungen hin und wieder Photografie verdrängen und ein kleines Revival erfahren.

    Ehrfürchtig blätterte ich damals diese Bücher durch und ertastete auf den Stoffmessen dieser Welt die Kollektionen von Abraham, Schlaepfer &Co.

    Ein wunderbarer Bericht!

  • thomas
    11. Juni 2012 at 13:27

    Gefäält mir sehr! Ein schöne Woche wünsche ich!

  • Monsieur_Didier
    12. Juni 2012 at 20:18

    …ein wirklich toller Artikel, lieber Peter…!
    …als ich Antonio das erste mal entdeckte war das während meiner Ausbildung in einer Elle…
    damals konnte ich ehrlich gesagt nicht so viel mit ihm anfangen, aber im Laufe der Zeit nahm ich dann wahr, was für eine unglaublich hervorragende Arbeit er geleistet hat…
    er war ein wirklich einzigartiger Künstler…!

    Ausserdem muss ich immer lächeln, wenn ich irgendwo den Namen der Stoffproduzenten Abraham lese…
    mit diesem Namen verbinde ich meinen Lieblingscouturier BALENCIAGA…
    den größten und meiner Meinung nach begabtesten, den es im 20. Jahrhundert gegeben hat…
    nieman beherrschte Schnittkunst und Silhouetten so wie er…

  • Siegmar
    18. Juni 2012 at 11:45

    ein ganz wunderbarer Artikel, diesen katalog hätte ich wirklich gerne, Deinen fundus, lieber Peter, würde ich gerne mal sehen.

  • Horstson » Blog Archiv » Peter’s Cuttings – Model-Ikone Pat Cleveland
    27. Mai 2013 at 10:12

    […] bester Freund, der Illustrator Antonio Lopez (auch ihn kennt ihr aus unseren Berichten), brachte sie auf die Idee, in Mailand und Paris zu modeln und so ging sie mit ihm 1970 nach Paris. […]