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Peter’s Cutting – Endless Love Paris

Paris Eiffelturm
Bild: Horstson

Weil Paris so unendlich viele Facetten hat und ich häufig angeschrieben werde, doch ein paar Tipps zu geben oder Adressen preiszugeben, nachdem wir den Artikel „Warum ich nicht ohne Paris leben kann!“ veröffentlicht hatten, habe ich beschlossen, meinen Liebesschwur zu erneuern und eine weitere Liebeserklärung an die Stadt der Liebe und der Mode zu schreiben.
Neulich sagte Bill Cunningham in einem Videointerview für die New York Times, dass es wunderbare Mode in New York, London oder Mailand geben würde, aber niemand so die Präsentation von Modenschauen beherrscht, wie die Franzosen. Eigentlich bräuchte es auch keiner versuchen, das zu imitieren, weil es irgendwie eine geheime Raffinesse ist, die das auszeichnet …
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In diesem Frühjahr gibt es viele Gründe in die Stadt an der Seine zu fahren. Eine der schönsten Modeausstellungen der letzten Jahre gibt es im Musée des Arts décoratifs an der Rue de Rivoli zu sehen, die dem Werk und der Inspiration von Dries van Noten gewidmet ist. Aber nicht nur Kleidung und Accessoires des Belgiers sind zu sehen, sondern auch Gemälde und Werke anderer Designer, die ihn inspirierten, runden die Ausstellung ab. Eine beeindruckende Schau, die man auf jeden besuchen sollte. Überhaupt sind Sonntage in Paris wunderbare Museumstage. Die Stadt hat sonntags eine magische, etwas träge Ausstrahlung, auf die ich mich immer besonders freue und immer wieder zieht es mich ins Musée de la Chasse et de la Nature in die Rue des Archivs.
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„Sketch for a velvet cushion“ Alexandre-François Desportes Bild: Horstson

Neben zauberhaften Details, wie in Trompe-l’œil Malerei ausgeführten Mauselöchern oder Tierspuren in den Terrakottafliesen, kann man allerlei skurriles bei so einem Besuch entdecken, wie zum Beispiel ein Kabinett, das ganz mit Eulenfedern ausgekleidet ist oder einen Raum, der dem Einhorn gewidmet wurde. Mein Liebling ist allerdings das Gemälde von Alexandre-François Desportes aus dem achtzehnten Jahrhundert, auf dem das verlassene Hundekissen des Lieblingshundes von Ludwig XV. zu sehen ist.

Überhaupt birgt fast jeder Hinterhof der Umgebung eine Überraschung und manchmal ist die Welt hinter den großen, schweren typischen Pariser Eichenholztüren viel spannender als das bunte Treiben auf den Straßen des Marais Viertels. Am Place des Vosges liegt ebenfalls in „zweiter“ Reihe das Picasso-Museum und birgt die größte Kollektion des Malergenies. Gebildet wird die Ausstellung aus den Werken, die Claude und Paloma Picasso dem französischen Staat als Erbschaftssteuer nach seinem Tod 1973 abtraten. Ein Ort, der sich immer wieder lohnt, weil neben der Dauerausstellung immer wieder wechselnde Themen aus dem enormen Bestand gezeigt werden …
Tournage YSL
Pierre Niney als Yves Saint Laurent; Bild: PR

Das Palais Royal ist einer der schönsten Orte von Paris und zu jeder Jahreszeit immer wieder anders. Neben dem besten Vintagehändler der Stadt, Didier Ludot, und Flagshipstores von Marc Jacobs und Stella McCartney gibt es den Stammsitz von Rick Owens genauso, wie Pierre Hardy’s Schuhparadies und Serge Lutens verführerische Duftboutique im etruskischen Empirestil. Sein „Ambre Sultan“ ist immer noch, auch nach Jahrzehnten, einer meiner Lieblingsdüfte. Doch die eigentliche Sensation, neben den einer Oase gleichendem Park und den Collonaden, die durch Audrey Hepburns Filmklassiker von Stanley Donen „Charade“ Legende wurden, ist die Comédie Française. Die Comédie Française ist nicht nur eines der renommiertesten und ältesten Theater und Ensembles der Welt, sondern auch dafür bekannt, dass, wer in den Kreis der Schauspieler aufgenommen wird, nicht nur wirklich gut, sondern begnadet sein muss. Das jüngste Mitglied, damals gerade 21 Jahre alt, macht gerade Furore mit der Verfilmung des Lebens von Yves Saint Laurent: Pierre Niney.

Um ihn zu sehen, muss man noch nicht mal nach Paris, weil der Film in den nächsten Wochen auch in unsere heimischen Kinos kommt. Besonders beachtlich, neben der schauspielerischen Leistung von Pierre Niney, ist Charlotte Le Bon als Victoire Doutreleau, der Muse von Saint Laurent.
Saint Laurent Sneaker Stan Smith StilMaison KitsuneSweatshirt
Sneaker von Saint Laurent, Sweatshirt von Maosin Kitsuné (über Mr.Porter)

Pierre Niney verkörpert das, was man nur in Paris findet – diesen ganz gewissen Saint Germain Stil, der einfach und lässig wirkt und neben verwegenen Haaren genau das beinhaltet, was man gleich als fashionable Paris Souvenirs einsacken sollte: Sweatshirts von A.P.C., Ami oder Kitsuné. Dazu werden dann spitze Chelseas oder „Stan Smith“ von Saint Laurent und schwarze Skinny Jeans getragen. Alles andere gibt’s im Drugstore an dem Champs-Élysées, der Tag und Nacht geöffnet hat …
Phoenix
Phoenix (v. l.): Laurent Brancowitz, Christian Mazzalai, Sänger Thomas Mars und Deck d’Arcy; Bild: hfr

Was Musik betrifft, leben die Franzosen auch nicht hinter dem Mond und zufällig kommt meine Lieblingsband „Phoenix“ auch aus Paris, Verzeihung aus Versailles, genau wie die Jungs von „Daft Punk“, die niemals ihre Helme abnehmen. Überhaupt hat man in Paris an jedem Ort immer Melodien im Ohr, egal ob es Klassiker von Édith Piaf oder Josephine Baker sind und es gibt in jedem Stadtteil so etwas wie den passenden Soundtrack. Saint Germain klingt nach Gréco und Serge Gainsbourg und an der Métro-Station des Place de la Concorde muss ich immer an die Szene aus den von Jean-Jacques Beineix im Jahre 1981 gedrehten Kultfilm denken, der die Ästhetik des New Wave Interieurs von Hilton McConnico mit der blauen Welle zum Kult machte: „Diva“.
Die Verfolgungsjagd auf dem Moped, quer durch die Métro Station, durch die langen Gänge und über die steilen Rolltreppen und der nächtliche Gang durch Paris sind legendär und machen „Diva“ zu einem der schönsten Liebesfilme als Hommage an die Stadt an der Seine …
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Place Vendôme; 01.August 1968; Bild: Roger Wollstadt (roger4336 on Flickr); CC Lizenz cc-by-sa-2.0

Am Place Vendôme funkeln nicht nur die Juwelen in den Schaufenstern von van Cleef & Arpels, Boucheron, Chanel, Buccellati und JAR, sondern die Säule in der Mitte des an den von der Form an den Verschluss des No.5 Flacon erinnernden Platzes war wiederum der Formgeber, für eine der ältesten Duftflaschen, die in diesem Jahr im Traditionshaus von Guerlain Jubiläum feiert. Der Birnenkorbflakon von „Eau Imperiale“ stand schon auf dem Toilettentisch der Kaiserin Eugenie und ist nach wie vor in der von Jean-Michel Frank gestalteten Guerlain Boutique an der Ecke Rue du Faubourg Saint-Honoré erhältlich.
Le Bistrot de Paris
„Bistrot de Paris“; Bild: Horstson

Verspürt man den kleinen oder auch großen Hunger auf französische und bezahlbare Küche, ist man bei einer meiner Lieblingsadressen, das „Chez Georges“ und auf dem Rive Gauche das „Bistrot de Paris“ in der Rue de Lille, richtig. Vom Touristen über Galeristen aus der Nachbarschaft, vom Mädelsabend von Society Damen bis zu Pierre Bergé und dem französischen Kulturminister, Frédéric Mitterrand, ist alles durch die Bank vertreten …
Der „Hareng“, serviert mit lauwarmen Kartoffelsalat als Vorspeisemaus ist Kult und die Entrecôtes sind einfach unwiderstehlich. Wer es noch deftiger mag, ist nach wie vor in der Brasserie „Lipp“ wunderbar untergebracht.
Pomade Paris
„Buly“; Bild: Horstson

Ganz in der Nähe der Rue du Lille, in der Rue Bonaparte, macht gerade diese Woche ein zukünftiger Must-have Shop auf. „Buly“ ist ein Traditionslabel von feinen Seifen und Pomaden und allerlei wunderhübsch verpackter Kosmetika, das zwischen Kunstgalerien und weltberühmten Antiquitätenhändlern des „Carré Rive Gauche“ residiert. Allroundtalent Ramdane Touhami, der schon „Cire Trudon“ ein glanzvolles Comeback verschaffte, hat einen geheimnisvollen Laden erschaffen, der an eine barocke Apotheke erinnert und zum Stöbern einlädt. Die Seifen sind nicht nur naturrein, sondern auch mit ihren Illustrationen ein tolles Mitbringsel.

Direkt an der Seine, neben den bereits legendären Shops von Dries van Noten, liegt der neue Acne Archives Laden, in dem es die tollsten Sachen der Schweden zu entdecken gibt. Über dem Laden, in einem der traumhaften Apartments, die direkten Seineblick haben, hat sich Vuittons Designer und Balenciaga Legende Nicolas Ghesquière niedergelassen. Sicherlich eine sehr inspirierende Wohnlage …
bon marche paris horstson
Le Bon Marché; Paris; Bild: Robyn Lee

Will man alles „auf einem Blick“ haben und sich die umfassendste Übersicht über die Saison verschaffen, hat aber keine Lust auf große Kaufhäuser wie das „Printemps“ oder die „Galeries Lafayette“ unser Lieblingskaufhaus „Le Bon Marché“ in der Rue de Sèvres/ Rue du Bac. Mode in Hülle und Fülle, überwiegend mit Einheimischen zu teilen, ohne große Touristenströme und vor allem eine der zauberhaften Sonderausstellungen besuchen, kann man hier verbinden. Zurzeit wird dort „Proenza Schouler“ mit einer Ausstellung geehrt. Meistens gibt es die Ankündigung zu den Ausstellungen schon auf dem Bahnsteig in der Métro und eine der schönsten, die es je gab, war die über Frankreichs Mode-Doku Ass Loïc Prigent, der uns mittlerweile in das Atelier von fast jedem bedeutendem Modehaus schauen ließ. Wer es noch mal anschauen möchte – in der Buchabteilung des Bon Marché gibt es alle DVDs.
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Cinéma La Pagode en 1977; Bild: Guerinf; CC Lizenz

Wer lieber ins Kino geht, kann das ein paar Schritte hinein in die Rue de Babylone machen: Das „La Pagode“ ist eines der zauberhaftesten Kinos, die ich kenne. Im Nebenhaus wird übrigens die Wohnung, die Pierre Bergé und Yves Saint Laurent bewohnten, noch zum Kauf angeboten. Hinter einer Hecke liegt dann das Kino, welches man zunächst für einen buddhistischen Tempel hält. Der Besitzer des Bon Marché ließ es Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts zur Unterhaltung seiner Kundinnen bauen. Wie in einer chinesischen Opium-Höhle genießt man auf roten Plüschsesseln das, was Paris auch unsterblich machte: intellektuelle Filme, die meist von der Liebe handeln und in vielen Fällen auch von der Stadt, die, wenn man sie einmal erobert hat, nicht loslässt – Paris.

Für mich wird diese Stadt nie langweilig und inspiriert auf ihre ganz besondere Art, die ganz anders ist als die von London oder New York.

Auf wunderbare Weise drückt das einer meiner All-Time-Klassiker aus, die nicht nur die Pariser Legende Catherine Deneuve singt, sondern auch Malcolm McLaren, der Begründer der Sex Pistols: „Paris, Paris“.

In dem in den Neunziger Jahren gedrehten Video verkörpert Deneuve auf perfekte Weise den Saint Laurent Stil der Zeit. McLaren hingegen erinnert sie auch an ihre Zeit in London, als sie mit David Bailey zusammen war und macht dadurch auch schon wieder Lust darauf, von Paris einen Abstecher nach London zu machen …
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Renée Simonen auf dem Cover der französischen Vogue; Februar 1984; Foto: Albert Watson

Mich wird diese Stadt nie loslassen und es gibt immer wieder Neues zu entdecken, oder Altes wieder zu entdecken. Dass das so ist, liegt auch ein bisschen daran, dass Paris immer so ist, wie es in den französischen Vogues, lange vor Internet und Informationsflut, beschrieben wurde: Paris ist die Stadt, in der die Mode ganz einfach aus dem Rhythmus der Stadt geboren wird und der sich niemand entziehen kann und will. Und das Schöne ist, dass es noch viele Trends und Überraschungen geben wird, denn Paris ist ja nie zu Ende. Paris ist ja erst 2000 Jahre alt …

  • thomash
    3. April 2014 at 10:33

    …nach lesen des artikels abgereist nach p.

  • monsieur_didier
    3. April 2014 at 11:03

    …und wieder stelle ich fest, dass ich sehr gerne nach Paris möchte…
    danke für diesen tollen Artikel…!

  • Horst
    3. April 2014 at 11:21

    Super! Kannte viele Plätze nicht … Immer wenn ich solche Artikel lese, kommt mir die Leserreise nach Paris in den Kopf 😀

  • Siegmar
    3. April 2014 at 12:51

    @ Peter Kempe
    eine sehr,sehr schöne Liebeserklärung an Deine Stadt Paris und für mich Aufforderung nach endlich mal wieder nach Paris zu fahren. Wollte schon immer mal die Strecke Frankfurt/M.-Paris mit dem TGV fahren.

  • Daisydora
    3. April 2014 at 12:55

    Egal, wie gut man die Stadt kennt und wie sehr man sie liebt, man findet bei Dir immer neues und lässt sich gerne weiter entflammen … Sehr inspirierend, wie immer – Merci! 🙂

  • Barbara Markert
    4. April 2014 at 09:32

    Solche Eindrücke waren der Grund, weshalb ich vor 11 Jahren hierher zog. Doch das Paris der Pariser ist leider anders. Die Realität einer völlig überbevölkerten Metropole holt einen ein. Schade, aber am 15. August, wenn alle Pariser in den Ferien und die Touristen am Strand sind, kann man noch dieses Paris erleben. Best day to visit Paris: 15. August!! Glaubt mir. Paris bleibt immer eine Reise wert, aber manchmal ist es besser, sie zu besuchen als hier zu leben. D’ailleurs: Scarett Johannson musste die gleiche Erfahrung machen. Eh bien, c’est Paris, cherie! 😉

  • peter
    4. April 2014 at 10:52

    @Barbara Markert
    Du hast recht, deswegen haben wir auch vor 10 Jahren beschlossen, nur partiell in Paris zu leben und nicht ganz! Allein die Wege sind manchmal sehr beschwerlich! Aber es ist toll, wenn man ganz oft da sein kann:-)))

  • Die Woche auf Horstson | Horstson
    6. April 2014 at 11:34

    […] Hier die Highlights der vergangenen Woche: 1) Peter entführte uns in die Stadt, die er liebt: Endless Love Paris! 2) Für Daisy steht das Unwort des Jahres 2014 fest: Hater. Einer der Gründe dafür […]