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New York, Dezember 1953 – Studio Richard Avedon

Mein absoluter Lieblingsphotograph ist Richard Avedon.
Seine Photos sind nicht nur Meisterwerke, sondern Zeitdokumente. Er hat auch eine Reihe von Bildern gemacht, die Gesellschaftsfrauen und Hauptkundinnen der Haute Couture wie Gloria und Dolores Guiness, Jaqueline de Ribes, etc. zeigen. Neben seinen jahrzehntelangen Produktionen für die Vogue war er auch das Vorbild für Stanley Doonens – Modephotograph in „Funny Face“ mit Fred Astaire und Audrey Hepburn … und, er hat die Einstellungen und Stills für den Film konzipiert. Er ist eine Legende und das Buch Richard Avedon, Photographien 1947-1977, ist eines der meistgesuchten Bücher und nicht unter 1500 Dollar in Antiquariaten zu bekommen. Seine Originale erzielen bei Christie’s, Sotheby’s und in Galerien Höchstpreise.

Im Dezember 1953 hatte Richard Avedon eine italienische Schönheit zu Gast in seinem Atelier. Der Winter war besonders kalt in diesem Jahr. Die Frau kam nach New York zu Besuch und war die Gattin des italienischen Fiat Erben Giovanni Agnelli. In Paris hatte sie bei den Besuchen der Haute Couture Schauen Furore gemacht, weil sie eine so ausnehmende Schönheit war. Ihre Lieblings Modeschöpfer Balenciaga und de Givenchy entwarfen extra Modelle, die die Schönheit von Marella betonten und sie Vorteilhaft zur Geltung brachten.

Avedon hatte Madame Agnelli gebeten, verschiedene Outfits mitzubringen, um es salopp zu sagen, eigentlich eher Roben. Die beiden probierten ein paar dieser Teile aus und probten ein verschiedene Einstellungen für das Setting.
Marella und Avedon entschieden sich für ein hellblaues Modell von Cristobal Balenciaga, das in der sogenannten Sack Back Silhouette entworfen war. Einer Schnitttechnik, die Balenciaga gerade lancierte. Die Kleider ließen die Schultern frei und waren von der Konstruktion her so, dass sie praktisch wie umgedrehte Blütenkelche wirkten, so als schwebten sie um den Körper.

Avedon gelang eines seiner größten Meisterwerke – ein wahrer Jahrhundert-Schuss: Das Porträt, auf dem Marella Agnelli wie ein Schwan anmutet und der Hals praktisch unendlich lang wirkt …. ein Bildnis, das eine Würde und Grazie ausstrahlt, die Ihresgleichen sucht.

Es ist mein absolutes Lieblingsbild von Avedon und bis heute eine Sternstunde der Photographie. Marella bekam natürlich mehrere Abzüge von diesem Portrait. Eines der Bilder stand in ihrem Haus in Marrakesch. Hamish Bowles von der US-Vogue aus New York machte dort 2006 eine Wohnreportage. Und zu meiner großen Freude, hatte sie neben ihr Porträt eine von mir für Christian Dior entworfene Vase gestellt, mit einer Rose dekoriert.
So schließt sich der Kreis zu dem elegantesten Porträt das Avedon je gemacht hat.

  • siegmarberlin
    11. November 2011 at 15:57

    @ peter kempe

    was für ein wunderbares Bild und so schöner Artikel. Ganz grossartig finde ich das eine von Dir entworfene Vase dort steht. Es ist noch so ein Ziel Marrakesch, auf den Spuren von diesen tollen Menschen, zu erkunden. Heute ist der erste wirklich kalte Tag hier in Berlin und da freut man sich doch viele von diesen schönen Artikel von Dir zukünftig zu lesen.

  • Daisydora
    11. November 2011 at 20:57

    Signora Agnelli wirkt so distanziert und kühl wie eine Statue, das Foto ist in der Tat großartig, hat aber was verstörendes …