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Modeschätze – Closed by Jean-Luc Godard 

Closed
Screenshot Video „CLOSED Jean (JL Godard 1987)“

Manchmal fallen einem beim Aufräumen die tollsten Dinge in die Hand. Man hatte sie eine Weile vergessen und schaut man sie dann mit dem Blick von heute an, sind sie aktueller denn je. So ein „Objet trouvé“ möchte ich heute in unserer Reihe der Modeschätze vorstellen. Eine der bekanntesten deutschen Modelabels, die zudem auch international überaus erfolgreich sind, ist seit fast 40 Jahren das Hamburger Unternehmen Closed. Closed gilt als Erfinder der stonewashed Jeans – doch nicht nur das: Kontinuierlich passt sich das Label der Zeit an, ohne die Wurzeln zu verlassen. Es wird auf partnerschaftliche Arbeiten gesetzt – ein Credo, welches Closed seit zwei Generationen erfolgreich am Markt bestehen lässt …

Closed ist ein internationales Denimlabel, das gleichermaßen einen leichten wie frischen Blick auf den Alltag kultiviert. Der mühelose Stil ergibt sich aus einer harmonischen Mischung aus Sportswear, Denim, zweckmäßigen und modischen Elementen.
Gegründet wurde das Label im Jahr 1978 in Italien. Seit damals arbeiten die Hamburger kontinuierlich mit den gleichen Partnern in Handwerk und Produktion. Gleichzeitig werden die Kollektionen von Japan über die USA in den besten Multibrandstores angeboten und ist in Europa mit vielen eigenen Geschäften vertreten.
Die meisten Produkte werden bis heute in den weltbesten Manufakturen in Italien hergestellt. Wird in anderen Ländern produziert, liegt der Grund meist darin, dass dort die Rohmaterialien zu finden sind, die den Qualitätserwartungen des Designteams entsprechen. Kaschmirpullover werden beispielsweise in China produziert, weil dort das Kaschmir zu eines der besten der Welt zählt.
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Screenshot Video „CLOSED Jean (JL Godard 1987)“

Wie weitreichend das Auge in die Zukunft schauen muss, wenn man Mode macht und international agiert, zeigt die Zusammenarbeit von Closed mit Regisseur Jean-Luc Godard im Jahre 1987. Nachdem das Designerduo Marithé und François Girbaud in relativ kurzer Zeit mit der „Pedal Pusher“ – ein Modell, welches von italienischen Postuniformen inspiriert war – die Casualwear revolutionierte, wagte sich Closed auch an raffiniertere Waschungen ran. Hauptaugenmerk lag hier auf japanische Sportswear Designer und den „Americanino“-Stil – also das, was man heute Sportswear nennt. Closed hatte von Anfang an Kollektionen für Damen und Herren im Angebot und erfreute sich insbesondere bei denjenigen großer Beliebtheit, die gerade die italienische Mode für sich entdeckten und „Best Company Sweatshirts by Olmes Caretti“ oder Label wie „Momento Due“ trugen.
Das Paar, das nicht nur avantgardistische Inspirationen liebte, sondern auch künstlerische Ambitionen hatte, war einer der Vorreiter, die einen berühmten Regisseur dazu brachten, ihre Kino Werbespots (heute fast ausgestorben) als Art Director zu verantworten. Was heute bei Modehäusern wie Chanel oder Prada üblich ist, war damals ein Novum. Jean-Paul Goude dominierte damals die französische Werbung und kam aus dem Bereich, für einen Filmregisseur wie Jean-Luc Godard war Werbung hingegen nichts wirklich Ernsthaftes …

Schaut man sich heute die einzelnen Spots von Jean-Luc Godard für Closed an, sind sie regelrechte Kabinettstücke. Ungewöhnlich war – damals wie heute – dass man kaum Mode, geschweige denn Looks oder viele Kleidungsstücke sehen konnte. Es ging Godard um den künstlerischen Anspruch und so erinnert jeder Spot an die typische Arbeitsweise des Regisseurs, der als Begründer der „Nouvelle Vague“ des französischen Kinos gilt. Nicht nur sein Filmklassiker „Außer Atem“ wird zitiert – auch arbeiten einige Spots mit der gleichen Schnitttechnik, wie sie Godard in seinem Meisterwerk „Le Mépris“ („Die Verachtung“) mit Brigitte Bardot und Michel Piccoli verwendete.
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Screenshot Video „CLOSED Jean (JL Godard 1987)“

Die aufwendige Ästhetik und die Einstellungen überzeugen noch heute und lassen die Werte des Regisseurs, der als radikal galt erahnen und sein filmisches Werk mit der Fotografie verglich: „Um einen Film zu machen, genügen eine Waffe und ein Mädchen. Fotografie, das ist die Wahrheit. Und der Film ist die Wahrheit 24-mal in der Sekunde!“
Die Looks der Mädchen erscheinen heute wieder modern und es wirkt fast so, als ob Designer wie Rick Owens, Phoebe Philo und Alexander Wang die Spots auch gesehen haben. Mittlerweile gehört die „Pedal Pusher“ mit ihrer markanten Taschenlösung in neuem Erscheinungsbild auch wieder zu den Basics der Damengarderobe. In etwas lässigerer Form zieht sie im nächsten Winter auch wieder in die Männerkollektion von Closed ein.

Der Spirit, immer vorne zu sein, mit dem nötigen Understatement machen den Markenwert des deutschen Labels, das international immer noch als italienisch gilt, bis heute aus. Wie schön, dass man dabei aus solchen Trouvaillen wie den Filmen von Jean-Luc Godard schöpfen kann. Closed kann sich dadurch auch in den nächsten vierzig Jahren mit seiner Marken-DNA immer wieder wandeln – ohne sich zu verwandeln …

CLOSED Jean (JL Godard 1987)

  • Tim
    14. April 2015 at 12:05

    Kann mich noch gut dran erinnern. Wir wollten unbedingt etwas von Closed. Damals bekam man es auch noch nicht überall.

  • thomash
    14. April 2015 at 17:32

    Und – Zack – ist Closed wieder auf der Brand-Map! Wieder ein echter Kempe-Brillant in Kultur- und Werbegeschichte und Markenkenntnis!

  • thomash
    14. April 2015 at 17:33

    PS:
    Völlig vergessen zu schreiben: Die Filme sind der Hammer!

  • Markus
    14. April 2015 at 17:50

    super super, i love

  • Markus
    14. April 2015 at 17:51

    ich hab auch noch ein buch mit original zeichnungen von den girbauds, super, damals schon visionär

  • Die Woche auf Horstson – KW 16/2015 | Horstson
    19. April 2015 at 14:16

    […] dahinter verbergen: 1) Was ist Peter beim Aufräumen in die Hände gefallen? Kleiner Tipp: Es geht um ein deutsches Label! 2) Was könnte ein Vorteil von extrem dünnen Wohnungswänden sein? Am Mittwoch hatte […]