Ausstellung

Kunstkörper

(Simon Lohmeyer, Backflash, 2018; © Simon Lohmeyer)

Hui, hui, schon wieder ist eine Woche verstrichen und die Zeit Richtung Herbst scheint nur so zu fliegen. Ich bin mittlerweile aus dem Urlaub zurück – bei Sonne, Meer und Palmen gehen die Tage bekanntlich flux um – und bereite mich auf meine allerletzte mündliche Prüfung vor. Mitte der Woche ist es soweit, danach heißt es erst einmal „Durchatmen“ und Haken hinter den Master setzen. Zurück in Hamburg hat mich, nach meiner Zeit auf Korsika, vor allem ein volles Postfach und Lernstoff en masse empfangen. Einen Anlass möchte ich an dieser Stelle, Pauken hin oder her, dabei gerne mit euch teilen: CORPUS DELICTI, eine Ausstellung der ganz besonderen Art feiert Eröffnung. Ab Mittwoch den 19. September werden in der Berliner Galerie The Ballery drei FotografInnen ihre Ansätze aka Auffassungen zum Thema Aktfotografie und Körperinszenierung präsentieren.

Schon seit ein paar Wochen hatte ich hierfür eine Ausstellungsempfehlung im Hinterkopf, nur die Zeit für einen Artikel hat bislang nie gereicht. Jetzt ist es soweit und ich bin gespannt, ob jemand von unseren LeserInnen oder Autoren bei CORPUS DELICTI vorbeischaut. Die ersten Pressebilder sind auf jeden Fall vielversprechend und mit Simon Lohmeyer – okay, zugegeben: ich bin ein kleines bisschen verliebt in Mr. Supertramp vom GQ-Blog –, Steven Kohlstock und Sonia Szóstak wurde eine feine Auswahl an aufstrebenden jungen Fotografen zusammengebracht. Szóstak lebt und arbeitet in Paris, ihre Arbeiten wurden bereits in der Mailänder Galeria Carla Sozzani und dem Warschauer Museum of Contemporary Art ausgestellt. Kohlstock absolvierte ein Fotografie-Studium am Lette-Verein und setzte anschließend noch ein Kunstgeschichtsstudium „drauf“, seine Fotos sind mitunter schon in der italienischen Vogue, L’Uomo Vogue oder dem New York Times Style Magazine erschienen.

Besagten Lohmeyer werden bestimmt viele unter unseren LeserInnen kennen, entweder als Autor oder Model für Online- wie Printkampagnen diverser Modekampagnen. Zusätzlich hat er – im Laufe der Jahre als vielgereistes Model – seine Leidenschaft für die Fotografie vorangetrieben. Er beschränkt sich dabei auf keinen festgesetzten Bereich und veröffentlich regelmäßig genreübergreifende Aufnahmen der Bereiche Landschaft-, Portrait-, Mode- oder eben Akt. Bevor ich zu sehr ins Schwärmen gerate, halten wir uns an dieser Stelle an das Hauptaugenmerk, das verbindende Element der Ausstellung: Alle drei Fotografen beschäftigen sich mit dem Thema Nacktheit, der Zurschaustellung von Körpern. Teils auf verletzliche, zurückhaltend-kunstvolle Weise, teils erfrischend unaufgeregt und dokumentarisch. Beim Sichten der ersten Bilder für die Vorankündigung fällt auf, dass die drei FotografInnen einen spannenden Mix ergeben – ich freue mich jetzt schon darauf, die Werke in den nächsten Wochen live und kuratiert in Berlin zu begutachten.

In der Pressemitteilung zu CORPUS DELICTI wird eine wichtige und zentrale Frage aufgeworfen: Wie wird Aktfotografie heute bewertet und rezipiert? Ein Gedanke, der in Zeiten von Internet, Instagram und einem – gerade bei jüngeren Leuten – oftmals regen Austausch von Nacktaufnahmen à la „dick pic“ und „oben ohne“ durchaus seine Daseinsberechtigung ergründet. Ich würde sogar noch weiter gehen: Hier wird ein äußerst wichtiger Gedanke angestoßen, der unbedingt stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken sollte, gerade in Zeiten von sozialen Netzwerken, dem Drang nach Aufmerksamkeit in Form von Likes und steigenden Follower-Zahlen. Welche Rolle spielen Geschlecht, Intimität und Sexualität dabei? Wie wird der Körper – in diesem Fall aus Sicht der FotografInnen – heute eigentlich erkannt bzw. wahrgenommen? Wie lässt er sich inszenieren? Szóstak setzt sich in ihren gezeigten Arbeiten primär mit dem femininen Körper auseinander, Kohlstocks Fotografien lenken den Blick auf gestählte Muskeln und ansehnlich anmutende Männerkörper. Lohmeyer setzt mitunter Paare in Szene und weicht nicht davor zurück, sich selbst in den Fokus der Betrachtung zu rücken – nackt samt faszinierender Leichtigkeit und naturbelassenen Kulissen.

Randnotiz: Von Porno-Ambiente oder anrüchigem Flair fehlt hier jede Spur. Wer Aufnahmen à la Richardson oder markant in Szene gesetzte Geschlechtsorgane sucht, wird bei CORPUS DELICTI vergeblich suchen. Fündig wird, wer die Kunst des Körpers – stilvoll und ästhetisch in Szene gesetzt – aus Sicht dreier vielversprechender FotografInnen neu kennenlernen mag.

Ich freue mich über Feedback! Meldet euch auch gerne, falls ihr euch die Ausstellung in der The Ballery Galerie angeschaut habt: Eure Rückmeldung interessiert mich natürlich sehr. Ich wünsche euch bis dahin eine schöne Woche!

„CORPUS DELICTI – Drei zeitgenössische Statements zur Aktfotografie und Körperinszenierung“ 

The Ballery
Nollendorfstraße 11-12
10777 Berlin
20. September – 21. Oktober 2018