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Burberry Prorsum Spring-Summer 2015: The Chatwin Story

Die in dieser Woche in London vorgestellte Herrenkollektion von Burberry Prorsum ist wieder einer dieser Momente, in denen man weiß, dass Mode, trotz allen Kommerzes, durch Fantasie und Inspiration beflügelt wird. Christopher Bailey ist in der wechselvollen Branche mittlerweile so etwas wie ein alter Hase und seine Beständigkeit für das britische Traditionslabel tut seiner Kreativität keinen Abbruch. Er vereinigt die seltene Gabe, ähnlich wie Karl Lagerfeld, die Wurzeln des Hauses klar herauszuarbeiten und immer wieder um Iconic Pieces zu ergänzen. Bailey hat sich in den letzten Jahren unaufgeregt perfektioniert und trotzdem seinen typisch britischen Humor nicht verloren. Im Gegenteil – bei aller Verkäuflichkeit der Einzelteile und Looks, gestattet er sich genau die Gadgets, die man von einem High Fashion Label erwartet. Es ist eben „British Eccentrics at its best“ und dafür hat sich Bailey diesmal ein Thema ausgesucht, was schöner nicht sein könnte. Hinzu kommt, dass dieses Thema intelligent und klug das weitertransportiert, was die britische Kultur ausmacht: Book Covers …

Vintage Buchtitel aus den Sixties gaben die Inspiration für Drucke und Allover-Dessins, die auf die Spitze getrieben werden. Literatur ist, ähnlich wie in der deutschen Kultur, eine der Säulen der britischen Tradition und erfährt spätestens seit Shakespeare und Co. große Verehrung …

Eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der neueren englischen Literatur ist Bruce Chatwin, der im Widerspruch zu seiner Person eine ideale Leitfigur für diese Kollektion bildet. Chatwins Leben fasziniert auf der einen Seite durch die Wandlungsfähigkeit des Autoren und auf der anderen Seite durch seine unkonventionelle Lebensart. Chatwin war bisexuell und hatte eine fast schon magische Ausstrahlung auf beiderlei Geschlechter. Die Bandbreite seiner Arbeit war gigantisch und so eröffnen zum Beispiel die Beschreibungen von Patagonien und Afghanistan innerhalb seiner Romane diese Regionen auf mitreißende Weise. Sein Roman „Utz“ handelt über einen manischen Meißener-Porzellan Sammler in der Vorzeit des Prager Frühlings, wohingegen „Traumpfade“ eine Reise auf der Suche nach sich selbst ist – wie fast alle Erzählungen von ihm.
Bruce Chatwin begann als sogenannter „Sotheby’s Boy“ im weltbekannten Auktionshaus Sotheby’s. Er stieg durch seinen ungeheuren Wissensdurst und die damals schon ausgelöste „Suche“ schnell zum Kunstexperten auf und wurde schließlich Leiter einer der wichtigsten und ertragreichsten Abteilungen des Hauses: den Impressionisten.
Legendär ist die Versteigerung der „Sommerset – Maugham“ Kollektion. Der Chatwin hatte umfangreiche Keywerke der berühmtesten Impressionisten gesichert und die Sale Session brachte 1961 ungeahnte Rekorde. Chatwin gestaltete unter anderem den noch heute begehrten Katalog und entdeckte dadurch seine Liebe zur Buchgestaltung. Aber er gab seine Arbeit auf, um zu reisen und um zu schreiben und das auf der Welt zu suchen, was ihn so innerlich zerriss.
Bruce starb 1989 an seiner 1986 ausgebrochenen AIDS-Erkrankung. Eine magisch faszinierende Persönlichkeit mit unendlich viel Facetten und Farbigkeit – ein Ästhet par ex­cel­lence – mit ungeheurem Individualismus. Eine Beschreibung, die auch den Kern der Burberry Prorsum Kollektion trifft …

Gleich eines vorweggenommen, die „patagonischen Hüte“ faszinieren nicht unbedingt durch ihre Tragbarkeit, bilden aber als verbindende Klammer ein typisch englisches i-Tüpfelchen und sind das durchgehende Statement der Kollektion. Die Entwürfe sind starkfarbig, clourblocked oder auch in den Looks ganz auf eine starke Farbe konzentriert und dabei trotzdem klar und leuchtend. Es sind Looks, die auf der urbanen Reise selbstverständlich und modern wirken, aber auf den Key Items von Burberry Prorsum basieren.

Trenchcoat, English Duffle, Chesterfield, Cabanjacke, Field Jacket und scharf geschnittene, gerade Hosen bilden die Elemente, die den Reisenden begleiten. Kein Wunder, dass die Taschen dafür erdacht sind, den halben Hausstand mitzunehmen. Augenfällig war, dass sie als wesentlich elegantere Version des Rucksackes ihren Siegeszug in der Präsentation begonnen haben. Es ist die Geburtsstunde des „Travel Satchels“ von Burberry Prorsum, einer Tasche, die man nicht nur sofort haben will, die sich aber auch zum praktischen Klassiker mausern könnte. „Ludique Sneakers“ und praktische „Field Sneakers“ ergänzen die Looks perfekt.

Pergament, Safrangelb, Ocker, orange-stichiges Rot, Kupfer, Magenta, Sturmblau, Lagune, Olivgrün und Scottish Green machen Baileys Reisekollektion zu einem starken Farbbekenntnis und verführen durch ihre Farbigkeit. Überhaupt wirkt alles so stilvoll humorvoll, dass ich zugeben muss, dass ich mich in diese Kollektion verliebt habe – auch weil sie zauberhaft schrullig wirkt und doch so normal ist.
Die Würze bekommt die Kollektion noch von den an Découpage erinnernden Drucken – vom „Allover-Trenchcoat“ bis zu den Accessoires über die großen „Notebooks“ im klassischen Sinne – alles wirkt ein bisschen so, als hätte man es Gulliver geklaut. Die Prints aus schottischen und englischen Burgen und Schlössern begeistern sofort.

Christopher Bailey setzt mit dieser Kollektion einen fulminanten Auftakt für die nächste Männermode-Saison und man freut sich mit ihm auf einen farbigen Sommer 2015. Er bestätigt auf eindrucksvolle Weise, dass Burberry gestandene Männer anzieht, die aber nie ihren Witz und ihren Humor verlieren, die zu ihren skurrilen Seiten stehen und exzentrisch sein können.

Bruce Chatwin würde sicherlich gern mit dem ein oder anderen Teil im nächsten Frühling auf die Reise gehen – und die Suche nach sich selbst, wäre in der Spring-Summer Kollektion von Burberry Prorsum umso fröhlicher …

  • Horst
    21. Juni 2014 at 10:37

    Einige Teile gefallen mir sehr, die Schals und die bedruckten Taschen und Mappen (?) würde ich sofort nehmen

  • Markus
    21. Juni 2014 at 11:15

    kollektionsidee traumhaft poetisch, der cashmere duffle ist toll, farben sind mir zu …..ansonsten fulminant geschrieben, klar, peter ist der autor

  • Monsieur_Didier
    21. Juni 2014 at 14:55

    …tolle Farben, die Duffle sind wirklich toll, ich liebe solche seit Ewigkeiten, allerdings eher für mich in gedeckten Farben…
    aber ein neuer Twist farbtechnisch ist ja nie verkehrt…
    die Taschen sind der Hammer…
    die Hüte allerdings ziemlich albern und bestimmt nicht zufällig Vivienne-Westwoos-Pharell-Williams-mäßig…
    aber muss nicht sein, dann lieber das Original…!

    und wie immer sehr Peteresk toll geschrieben…! 🙂

  • Elke
    21. Juni 2014 at 19:19

    Die Taschen sind super!

  • Thomas
    22. Juni 2014 at 12:41

    Gut geschrieben! Ansonsten endlich eine Kollektion die den Sommer nicht nur im Namen trägt sondern auch sommerlich aussieht.

  • Siegmar
    23. Juni 2014 at 12:29

    toller Artikel und tolle Kollektion und das in Verbindung mit dem fabelhaften Bruce Chatwin. Super ! 🙂

  • vk
    25. Juni 2014 at 14:14

    natuerlich sind die huete grossartig und extrem tragbar.