Interieur

Modeschätze – Architectural Digest besucht 1979 Yves Saint Laurent

Manchmal findet man in seinen Archiven beim Aufräumen die tollsten Sachen. Ein solches Beispiel ist der Besuch des Teams des amerikanischen Architectural Digest 1979 in der Wohnung des französischen Modeschöpfers Yves Saint Laurent. Nach dem Tode von Yves Saint Laurent wurde, bevor in mehreren spektakulären Auktionen das Interieur und die Kunstsammlungen aus diesem Appartement verkauft wurden, weltweit die Photos der Räumlichkeiten veröffentlicht. Allerdings hatte auf diesen Photos Saint Laurents Wohnung ein völlig anderes Gesicht – 1979 hatte die Wohnung noch einen stärkeren Wohncharakter und auch viel mehr vom Zeitgeist der Endsiebziger.

Saint Laurent und Pierre Bergé wohnten einen Steinwurf vom Invalidendom entfernt. Die Wohnung befand sich in der Pariser Rue de Babylone in einem Duplex, das einst von Jean-Michel Frank für eine amerikanische Lady umgebaut wurde. Sie wohnte nie in den Räumlichkeiten, da ihre Familie 1929 beim Börsencrash in New York alles verlor. Trotzdem hatten die Nachfolger weitestgehend alles so belassen, wie sie es vorgefunden hatten und so konnten Saint Laurent und Bergé in eine Wohnung ziehen, die fast originalgetreu noch von Frank gestaltet war.

1979 sagt Saint Laurent, dass seine Wohnung und Umgebung genau seine derzeitige Verfassung widerspiegelt: „Ich weiß meinen Weg, nun hab mich total gefunden. Meine Kollektionen haben Themen und eine Kontinuität. Es ist keine Frage der Kleider, sondern der Fantasie und der Basis der Eleganz, in deren Sinne ich gestalte.“ Zwei Jahre vorher hatte er mit der russischen Kollektion und im darauf folgenden Jahr mit der China-Kollektion Highlights seiner Karriere hingelegt, das Parfum Opium als Weltmarktführer lanciert und das „Rive Gauche“, seine Prêt-à-porter Kollektion, war gefragt wie nie. Außerdem hatte Saint Laurents Geschäftspartner Bergé lukrative Lizenzen in fast allen Bereichen abgeschlossen.

Neben weltberühmter Stücke von Saint Laurents Lieblingsdesignern der dreißiger Jahre, Eileen Gray, Le Corbusier und Jean-Michel Frank, waren, wenn es um Wohnungseinrichtung ging, das Ehepaar François-Xavier und Claude Lalanne die Favoriten von Pierre und Yves. Nicht nur die berühmten Schafhocker sind auf den Bildern zu sehen, sondern auch zahlreiche Spiegelkonsolen und vor allem die legendäre Hausbar in Form eines Straußen-Eies.
Im großen Salon geben sich die großen französischen Ebenisten die Klinke in die Hand: Sessel von Pierre Chareau, Tabourets von Legrain und Ruhlmann-Kommoden. Lampen von Edgar Brandt und vor allem die berühmten Dunand Vasen, die Jahrzehnte später sämtliche Auktions-Rekorde brachen.

Die Reportage spiegelt nicht nur die Welt von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé wider, sondern war auch der Orientierungspunkt für alle Inneneinrichter der Zeit. Durch Saint Laurent (oder auch Karl Lagerfeld) wurde die Epoche des Art déco und der 40er Jahre wiederentdeckt und auch in der Mode wurde die Stilistik prägend.
Der Besuch des Architectural Digest bei Yves Saint Laurent ist heute wie ein Zeitdokument und wirklich lohnenswert, wiederentdeckt zu werden. Es ist eine Welt, die es nie mehr geben wird, die aber noch heute von bahnbrechender Ästhetik ist. Saint Laurent war in jedem Bereich eine absolute Ausnahmeerscheinung – auch in seiner Art zu wohnen …

  • Volker
    20. März 2013 at 11:29

    Interessanter Einblick in die Wohnung. Mich würde mal interessieren wie wir über die Wohnung von Hedi Slimane in 35 Jahren denken

  • Siegmar
    20. März 2013 at 13:15

    schöner Artikel, durch die Wohnung wäre ich gerne mal spaziert und Eileen Gray, Le Corbusier und Jean-Michel Frank sind meine Ikonen.

    Interessant ist die Idee von Volker über Slimanes Wohnung. In seiner Berliner Zeit hat er kurzfristig in den Kunstwerken gewohnt, da gab es Bilder, sehr modern hatte mir aber absolut gefallen.

  • peter
    20. März 2013 at 14:36

    @Volker & Siegmar

    Ihr könnt ja meinen artikel über die wohnung am 20 Februar 2030 lesen dann wisst ihr wie wir die Wohnung dann beurteilen:-))))

  • Horst
    21. März 2013 at 10:29

    Wenn Slimane so wohnt, wie er seine Boutiquen einrcihten lässt, sehe ich in meinem inneren Auge eine Mischung aus schwarzen Marmor, Chrom uns Spiegeln. Könnte also auch in einer Schwulen-Disco der 90er wohnen 😉 😉

  • Shout-Outs: Was war bei anderen Blogs los? | Fashion Insider
    22. März 2013 at 17:58

    […] „Architectual Digest“, die bei einem Besuch in der Wohnung von Yves Saint Laurent im Jahr 1979 entstanden. Wirklich ein tolles […]