Out Of Burgwedel!

Leider konnte ich nicht rausfinden, wie der eigens für den 59. Bundespresseball komponierte Walzer klang, der zur Eröffnung gespielt wurde. Aber der erste Tanz des Abends gehörte bei dem bundesrepublikanischen Ballereignis des Jahres 2010 – so wie jedes Jahr – dem Bundespräsident. Und so begab es sich, dass zu den Klängen der Bundespresseball Big Band unter der Leitung von Dani Felber (komponierte auch den Walzer) der erste Mann im Staate zuerst mit Ursula Gößling und dann mit Gattin Bettina – in Mauve – das flotte Tanzbein schwang. Man könnte das Ganze erst mal von der musikalischen Seite her aufrollen, aber wir schreiben ja für einen Modeblog und interessieren uns viel mehr für die elegante Garderobe der Gäste. Wer war überhaupt da? Sämtliche sonst aus allen Roten Teppichen landauf landab heraus purzelnden D-, C- und B-Promis mussten Platz machen für den Almauftrieb der absoluten A-Prominenz, deren Namen gerade deshalb nicht jedem Bundesbürger geläufig sein dürften. Oha, da staunt man nicht schlecht! Der erste hochelegante Leistungsträger, den ich euch nicht vorenthalten will, ist Hans-Olaf Henkel, und, erst jetzt wird es richtig rasant, mit Frau und deren eineiiger Zwillingsschwester, die mit ihrem konsequenten Mix aus Zirkus-Roncalli-Styling und Rotlichtcouture sicher zu den Highlights des Bundespresseball zählten (man beachte dazu auch die Fotodokumente des Trio aus 2008 und 2009). Mutig, mutig:

Und als visuelles Präferenz-Statement des Premium-Talkshowgast auch nicht uninteressant; hätte ich doch nach gefühlten 793 Auftritten bei Anne Will und Maybrit Illner Stein und Bein geschworen, der Mann mag es ausschließlich vornehm und elegant. A pro Pos elegant: Der noch taufrische Bundespräsident Wulff kämpft mit guten Anzügen bei Staatsbesuchen und einem mehr als ordentlichen Smoking auf dem Bundespresseball tapfer dagegen an, dass sein Habitus bei weitem nicht so elegant wirkt, wie der seines Vorgängers. Dr. Horst Köhler hätte auch schon zum Frühstück im Smoking erscheinen können, der wirkte immer so, als sei er schon in eleganter Kleidung zur Welt gekommen. Und Daisy fand das sehr gut, weil angemessene Kleidung und ein dezent-eleganter Look der Würde des Amtes und der Bedeutung des Landes entsprechen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was es ist, das den ersten Mann im Staate immer ein wenig provinziell und privat erscheinen lässt, möglicherweise auch die Frisur und der stets fröhlich-unbekümmerte Gesichtsausdruck, der mir jedenfalls noch zu wenig getragen ist …… aber auf Bundespressebällen darf nach Herzenslust gelächelt, geglänzt und natürlich gestaunt werden. Zum Beispiel über den Hang zu Glanzstoffen, die meistens nach zu viel des Guten wirken. Man sollte meinen, eine Frau wie Bettina Wulff ist wegen ihrer sportlichen Topfigur bei 1,80 Körpergröße das reinste Bundesmodel. Aber Deutschland Abendkleiddesigner Nummer 1, Talbot Runhof, schafften es wieder einmal, mit einem hochglänzenden Stoff und der irgendwie tantig-gerafften Fasson des Kleides, das so aussah, wie Kleider, deren Schnitt nicht sitzt, die erste Frau im Staate zu verkleiden, obwohl gerade bei ihr eine Akzentuierung der Attribute und der natürlichen Eleganz so einfach zu bewerkstelligen wären. Aber wirklich schlimm sahen Andere aus! Sylvana Koch Mehrin im sommerlichen Ibizafummel von Pucci, unpassend und unelegant, auch wegen der Lieschen-Müller-artigen Langhaarfrisur … und, auch ein Hingucker der seltsamen Art, unsere junge Familienministerin, Frau Doktor Schröder, die möglicherweise ihr Traumkleid vom Abiturball noch ein zweites Mal ausführen wollte. Jedenfalls wirkte das blass Fliederfarbene Taftkleid ohne Raffinement aber mit Missoni-artigem Schal exakt so auf mich:

Aber zumindest ihr jungenhaft wirkender Gemahl machte in seinem tadellosen Smoking eine gute Figur.
Die Grünen befinden sich anscheinend auch modetechnisch im Aufwind, denn Cem Özdemir sah in seinem Smoking absolut nicht verkleidet aus. Er hat so was selbstverständlich wirkendes, staatstragend-elegantes, das dabei hilft, den Fokus weg von der Bekleidung hin zur Persönlichkeit des Politikers zu lenken. Schließlich soll der Mann den Smoking tragen und nicht der Smoking mit dem Mann „Gassi“ gehen… Insgesamt bot die Gästeschar einen wenig weltstädtischen oder weltläufigen Anblick, schon eher einen der modisch gesehen zwischen Bayreuth und den Salzburger Festspielen oszillierte. Auch wenn es jede Menge Männer gab, die wie Steffen Seibert oder Ulrich Wickert in ihren perfekt sitzenden Smokings perfekt für den Abend gekleidet waren. Aber bevor ihr euch jetzt alle weiteren Fehlgriffe vor Augen führen müsst, will ich das Thema dort hin lenken, wo des Pudels Kern ist: Volksvertreter sollten immer der Würde des Amtes gemäß, zurückhaltend oder auch mal auffallend elegant auftreten. Ungefähr so wie Obama & Co. Während die Garderobe bei Krethi und Plethi reine Privatsache ist, können wir von den Würden- und Leistungsträgern der Republik verlangen, dass sie stets tipp topp gekleidet sind, während sie nicht mehr und nicht weniger als Deutschland im Land und der Welt repräsentieren. Und wenn wir ein wenig genauer hinschauen, dann besteht da noch großer Bedarf an Professionalisierung. Das beginnt bei der Kanzlerin, in ihren total verschnittenen Sakkos und von Kaiser Karl monierten Bollerhosen von Bettina Schoenbach – und endet noch lange nicht bei Bundespräsident Wulff und seiner Gattin, die Beide noch viel zu privat nach heimischem Wohlfühllook à la Burgwedel wirken, wenn sie Airforce One besteigen und die Welt von uns Daheimgebliebenen grüßen …. Man muss aber auch loben können: Toll fand ich, dass Bettina Wulff die Höflichkeit besaß, der Gattin des Türkischen Präsident Abdullah Gül, Hayrünnissa Gül, die in Louboutin artigen Plateau-Peeptoes die Militärische Parade abschritt, den großen Auftritt zu überlassen, in dem sie daneben in sehr schlichten, papierblattflachen Loafers erschien. Das hatte Grandezza! Christian Wulff ist ja schließlich nicht zu kurz geraten, wie der Präsident eines eng mit uns befreundeten Nachbarlandes, dessen Gattin total frustriert sämtliche HighHeels bei eBay verkauft hat….. Daisys spezifische Erkenntnis: Kleider alleine machen zwar keine Leute, da Eleganz immer auch von Innen kommt; aber mit nach Zufallsprinzip aussehenden Klamotten sollten Politiker und andere Würdenträger nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Weder auf Auslandsreisen, noch beim Bundespresseball, den die von uns uneingeschränkt als modisches Leitmedium anerkannte Bunte als eine glamouröse, elegante und liebevoll arrangierte Veranstaltung bezeichnete, obwohl die bei dem Artikel abgebildeten Fotos eher das Gegenteil bezeugen. Kannst du da bitte mal nachfragen Horst, wann wir die wirklich guten Fotos der hocheleganten Damen und Herren in der Bunte zu sehen bekommen. Bis dahin überlegen wir, wer das Styling unserer Volksvertreter wesentlich besser hinbekäme, als Bettina Schoenbach, Talbot Runhof und ein paar andere Lokalgrößen ….. Was spricht dagegen, zum Beispiel mal in einem richtig guten Abendkleid von Escada, Prada und Dior oder einem Smoking von Armani, Tom Ford & Co. anzutanzen …. ganz ein- fach mit Modischem der Extraklasse, das es prak- tischerweise von der Stange zu kaufen gibt … und einen wirklichen Könner für das bundespräsidiale Styling anzuheuern … muss ja nicht gleich Tom Ford sein, aber jemand, der das auch richtig gut kann….. Das Land braucht modische Vorbilder und Berlin will schließlich irgendwann mal Weltstadt werden! Und wenn schon falsch angezogen, dann aber richtig! Claudia Roth gab sich die Ehre in einem Aufzug zu erscheinen, den man so ähnlich von den Schauen in Paris und New York kennt, mit viel Allure getragen von leicht verrückten Modejournalistinnen……