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27 Jahre und kein bisschen leise – Olivier Rousteing

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Foto: Mariano Vivanco; Olivier Rousteing mit dem Model Julia Frauche

Olivier Rousteing ist erst 27 Jahre alt, hübsch, immer in einer Art Uniform aus Skinny Leder Hose, T- Shirt, Jacke und Boots unterwegs und ist das, was man ‚cool‘ nennt. Das eint ihn mit tausenden Jungs seiner Altersgruppe, aber das was ihn unterscheidet ist, dass er Creativ Director für ein Modehaus ist, das zu den französischen Mythen gehört.
Gegründet 1945 von Pierre Balmain, war das Haus Balmain für Weiblichkeit und Couture berühmt. Seine Kundinnen – wie Ava Gardner oder Königin Sirikit von Thailand – waren eher auf der klassischen Lady-Seite anzutreffen.
Nach dem Tod von Balmain wechselte das Haus die Designer und 1993 bis 2002 übernahm Altmeister Oscar de la Renta das Ruder, konnte aber nicht wesentlich zur Verjüngung beitragen – ständig dümpelte das Haus am Rande des Vergessens. Die Couture Kundschaft war längst von den Löwen-Häusern Chanel, Dior und Valentino übernommen und unter sich aufgeteilt worden.
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Olivier Rousteing; Foto: Karim Sadli; Balmain 2009/2010

Nachdem Christophe Decarnin das Image des Hauses zu Gunsten eines Prêt-à-Porter de luxe Images gedreht hatte – Balmain hatte jetzt überhaupt nichts mehr gemein mit seinen Ursprüngen, außer dem Namen und der Adresse in der Rue François 1 Er – übernahm sein Assistent, der schon seit fünf Jahren an seiner Seite arbeitete, die Kreation der Kollektion – Olivier Rousteing.
Rousteing, so eine Art Wonderboy, wurde mit großen Zweifeln der Modejournalisten empfangen: zu jung! Zu unerfahren! Scheinbar hatte man vergessen, dass Yves Saint Laurent in diesem Alter nicht nur schon sein eigenes Haus führte, sondern bereits mit 21 Jahren Frankreichs Flagschiff Dior übernommen hatte.
Aufgewachsen in Bordeaux, war er eher introvertiert und konnte gut in seine eigene Welt abtauchen, ohne weltfremd zu sein. Musik und Ausgehen waren genau seine Welt. Sade, The Smiths, Joe Dassin und Rihanna inspirierten ihn damals genauso wie heute. Außerdem beeindruckte ihn damals wie heute die Welt der Topmodels der 90er Jahre, wie Cindy Crawford und Linda Evangelista.

Nach dem vorgezogenen Abitur ging er nach Paris, um an der Esmod Schule zu studieren und zog dann nach Florenz, um bei Peter Dundas bei Roberto Cavalli Assistent zu werden. Für ihn eine super Schule, wie er meint.
Danach ging er dann als Assistent zu Balmain, bis er schließlich die Kollektion übernahm. Rousteing ist ein Designer der neuen Art – sozusagen aus der Mitte heraus und nicht mehr wie eine Stilikone die vermittelt.
Er bewundert seine Kollegen Lagerfeld, Haider Ackermann, Roland Mouret und Tom Ford. Seine Informationsquellen sind eher Facebook, Twitter und seine Freunde. 4. Pariser Arrondissement.
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Olivier Rousteing; Foto: Balmain

Zugegebenermaßen, aber das liegt an meinem Alter, hab ich manchmal Probleme damit, das so eine Kollektion eigentlich gar nichts mehr, zumindest oberflächlich betrachtet, mit den Ursprüngen des Hauses zu tun hat. Im Detail und der Verarbeitung, den Zitaten von Stickereien (Roustaing bezeichnet sich dort vom Barock inspiriert) sieht man schon, dass er sich mit den Archiven des Hauses beschäftigt und die Handwerklichkeiten nutzt.
Auf der anderen Seite fasziniert mich die Art und Offenheit von Olivier Rousteing, seine sehr pariserische Weise an die Kollektion zu gehen. Sein Team besteht zum größten Teil aus Freunden, die die einzelnen Komponenten der Kollektion wie ihre eigenen Projekte sehen. Im Ergebnis ist alles total heute und total alltagstauglich.

Der Teufel steckt im Detail und es ist halt Prêt-à-Porter de luxe, teuer und für Menschen die eben eine Streetstyle des 21.Jahrhunderts haben wollen, aber eben nicht von Cavalli oder Guess. So eine Art Rockstar-Chic für Reiche…
Außerdem schämt er sich auch nicht, sich dazu zu bekennen kommerziell sein zu wollen – Olivier Rousteing ist halt ein cooler 27 jähriger Junge von heute. Er gehört zu einer Generation, die weiss das ihre Tage als Designer nicht wie früher unendlich dauern, man sich immer wieder überdenken muss und das das Leben Höhen und Tiefen hat und das es sowas wie Sicherheit nicht mehr gibt. Die Zeiten eines Yves Saint Laurent oder Karl Lagerfelds waren halt andere.

Aber ehrlich gesagt, wenn ich mir seine Einstellungen und seine Sicht der Dinge anschaue, ist er nicht cool, sondern ultracool – Bonne Chance Olivier!

  • Siegmar
    29. Dezember 2012 at 20:23

    ein sehr gut aussehender Mann, wirkt auf mich immer wie ein Model, seine Karriere ist beeindruckend, trotzdem sind mir seine Kollektion oft zur sehr Rockstar Chic und dann sehr überteuert und natürlich gib es auch traumhafte Entwürfe von ihm

  • Monsieur_Didier
    30. Dezember 2012 at 12:30

    …das angenehme ist ja, dass jeder den Begriff „cool“, „sexy“ und „begehrenswert“ anders definiert…

    auch wenn ich das, was Balmain auf die Laufstege und vor die Kameras schickt, absolut unbeschreiblich teuer finde ist es das, was Mode für mich ausmacht…
    sie elektrisiert und regt zum träumen an…
    und das Original ist meist viel besser als eine schlechte „Kopie“, die auf Grund von vergleichsweise schlechten Materialien und unsagbarer Verarbeitung den Begriff „Kopie“ meist noch nicht mal verdient hat…