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No Return On Investment … das Modebusiness als Geldvernichtungsmaschine

Wir gucken mal wieder kurz hinter die hübsch bemalten Kulissen Potemkinscher Dörfer … und siehe da, unsere Leib- und Magenbranche, das globale High-Fashion-Business ist zwar während den Schauen der Prêt-à-porter allüberall beeindruckend anzuschauen, aber auf den zweiten Blick bröckelt an manchen Stellen der Putz …
Und dann wird Geld gebraucht. Viel Geld. Von Banken und Geldgebern. Den Versuch kann man sich schenken … Risikokapitalgeber stecken das Geld der Fonds, die sie verwalten nicht in ein „liederliches Business“ wie Mode. Klingt paradox, wenn man weiß, wie hoch rentabel LVMH, Burberry, Kering, Hermès und weitere Fashionstars als Unternehmen wirtschaften und auch an der Börse für Dividende garantieren … aber das ist eben nicht typisch für die Gesamtbranche, die ohnehin in viele Segmente zerfällt.

Dass es schon viel zu viele „High-Fashion-Labels“ gibt und es selbst für die bekannten und konstant guten immer schwerer wird, Strahlkraft zu generieren und international zu verbreiten, hatten wir hier schon unter dem Titel „High-Fashion-Hype – oder wer kauft das bitte alles?“ berichtet. Drum sieht es wirtschaftlich selbst für viele der „Branchenstars“ viel weniger fancy aus, als es der durch die Famous Faces in den Frontrow’s streifende Blick auf der Suche nach der am besten besetzten Frontrow aller Frotrows manchmal vermuten lässt. Alles nur Show und manchmal auch Schmiere!

Trauriger Beweis für die allgegenwärtige Risikolage im Business: der Freitod der „gefeierten Designerin“ L’Wren Scott aus reiner Verzweiflung über die Fakten. Wenn eine so starke Frau einfach nicht mehr anders weiter weiß, offenbart sich inmitten von Tragik und Trauer die Wahrheit: Als Selbständiger im Fashion Business dient man zu vielen „Herren“. Da sind die Chefredakteure und Chefredakteurinnen der nicht immer befreundeten Hochglanzmagazine, ungefähr so verlässlich wie nicht entschärfte Tellerminen. Branchengrößen wie Suzy Menkes, und bis vor kurzem Cathy Horyn und freie Modejournalisten wie Tim Allen … davon gibt es weit mehr als hundert, wenn man nur die wichtigen zählt und man sollte alle faszinieren und auch persönlich gefallen. Dann braucht man die Promis, am besten aus Hollywood oder der Grande Nation. Was Großbritannien an It-Girls mit Bleistiftbeinchen hervorgebracht hat, braucht man seltsamerweise auch.

Und damit noch nicht genug, es kommt im Glizzbizz und seiner Kommunikation immer noch schlimmer; dann waren da plötzlich die Blogger mit ihren erfundenen Journalisten- und Stylisten-Biographien und ähnlichem Unsinn. In aller Regel hat man es da mit mehr oder weniger attraktiven Frauen zu tun, deren Versuche, Model, Moderatorin, Schauspielerin, Schmuckdesignerin oder sonst was berühmtes zu werden, einfach nicht klappen wollten und denen ein „Normalberuf“ schlichtweg zu anstrengend wäre. Schon deshalb, weil man da an der Ausbildung und einem Bigboss scheitern könnte, der spätestens nach einer Woche weiß, wen er da wirklich vor sich hat … Oder glaubt tatsächlich irgendjemand auf diesem Planeten, dass die Welt weniger modisch, weniger geistreich und originell und vor allen weniger geschmack- und stilvoll wäre, ohne all die Hannelis, Susie Bubbles, Leandra Medines, Brian Boys, Chiara Ferragnis und so weiter? Wohl kaum! Verzweifelte Selbstvermarktung, auf Kosten der Modebranche und ihrer Label-Highlights, die man als Blogger angeblich schneller und mit der direkten Sprache der VerbraucherInnen näher an ihre Märkte heranbringen wollte … man wird schon müde dabei, nur über diese Branchenlüge zu reden, so old fashioned ist das Geschäftsmodell „ich-tu-so-als-ob-die- Rechnung-zahlen-immer-andere“.

Am Ende bleibt das übrig, was die Selbständigen in der Modebranche wirklich brauchen: den „Handel“ aller Vertriebskanäle und seine Einkäufer und die Verbraucher, die alles wie verrückt kaufen sollen. Und auch wenn man als Modeunternehmer den Zirkus ein Stück weit zu bedienen hat, tut man gut daran, den Fokus auf die Verkäuflichkeit, Tragbarkeit und Attraktivität der Kollektion zu legen. Obwohl auch das heute kein Garant für langjährige Erfolge ist. Weil im Zuge der Unübersichtlichkeit, die das Angebot „vergleichbarer“ High-Fashion-Labels für Einkäufer bereithält, die Bildung neuer Markenpersönlichkeiten und -präferenzen erschwert wird. Im Grunde haben im Bereich der High-Fashion nur die alten und guten Labels so etwas wie relative Marktsicherheit. Mit ihren Maisons, den Flagshipstores, der Diversifikation von Hauptlabels in Zweitlinien und dem Lizenzgeschäft mit Accessoires, Beautyprodukten, Düften und ähnlichem. Und mit den soliden Finanziers im Rücken. Ohne Geld keine Expansion, und ohne Expansion verliert man als Marke immer an Bedeutung, landet dann schnell in einer der verstaubteren Ecken der Label-Festplatte im Kopf der Editorialistas …. So ist das Fashionbusiness – mitnichten ein Spielplatz für Superkreative, eitle Egomanen und lustige Spinner mit gutem Geschmack.

Da regieren Marketing, Controlling und jene Sorte unternehmerischer Entscheidungen, die Banken und Geldgeber verstehen. Deren Lieblingswort: ROI …. Schon eine falsche Kollektion, die man eben noch dem zumindest höflich staunenden Publikum in Paris, Berlin, New York, London und Mailand gezeigt hat, kann ein Label wirtschaftlich ruinieren. Wie schnell man trotz bester Kontakte, guter Designs und reicher Freunde dabei zuerst sich und seine Würde und dann auch noch das Leben verliert, hat der Suizid des Stars L’Wren Scott gezeigt. Davon, dass selbst Madonna fand: „Das ist ein furchtbarer und tragischer Verlust. Ich bin so furchtbar traurig. Ich habe L’Wrens Arbeit geliebt und sie war immer so großzügig mir gegenüber.“ Großzügig, mir gegenüber? Wie geht das? Ach so: Madonna hatte die Klamotten geborgt und getragen! Das sorgt doch für PR in der Yellow Press und all den In-Style-Postillen, ist ein toller Multiplikator! Auch eine der beliebten Lügen im Business.

Wer heute schon Mode macht, oder vorhat, damit zu beginnen, soll das weiterhin tun und seine Ziele verfolgen. Aber immer mit der Gewissheit, dass die Branche manchmal auch einige ihrer richtig guten Kinder frisst. Anders lautende Behauptungen: Wunschdenken und Legendenbildung! Mein kostenloser Geheimtipp: Als perfekte Muse empfehle ich weder Alexa Chung, noch Anna Dello Russo oder Elin Kling … viel sexier wären Männer und Frauen wie Bankmanager und Venture Capitalists in ihren ewigen Pinstripe-Suits.

Einer aus dieser Riege, der erst 31jährige Ciarán O’Leary, Partner bei Earlybird, sitzt in Berlin und investiert auch in junge Unternehmen in Europa. So beschreibt er den Job: „Wir suchen nicht so sehr gute Ideen, sondern vor allem richtig gute Unternehmer. Starke Persönlichkeiten, die – etwas romantisch gesagt –, die Welt verändern wollen. Wenn die Idee dann noch passt, helfen wir dabei, aus der Idee ein richtig großes Unternehmen zu machen.“

Wer heute irgendwo Geld gibt, achtet auf dessen Vermehrung. Am Ende hat auch die schönste Mode der Formel zu dienen: ROI ist Umsatzrendite mal Kapitalumschlag. Umsatzrendite ist Gewinn durch Nettoumsatz. Kapitalumschlag ist Nettoumsatz durch Gesamtkapital. Lieblingsfarbe Dunkelschwarz. Rot ist in diesem Business immer vollkommen démodé!

Ruhe in Frieden, L’Wren Scott!

  • J
    21. März 2014 at 10:59

    Guter Artikel

  • Siegmar
    21. März 2014 at 11:24

    Leider sieht es genauso aus, ein wichtiger Beitrag dieser Artikel, danke Daisydora

  • petra fischer
    21. März 2014 at 14:25

    genau so läuft das business und dann muss mann/frau sich in mailand und paris auch noch erklären lassen das das alles sehr verkäuflich ist sehr gut geschrieben

  • Daisydora
    21. März 2014 at 14:29

    @J

    Merci!

    @Siegmar

    So ist das und da lässt sich auch in Zukunft leider nichts daran ändern. danke Dir!

    @Petra Fischer

    Wenn man da gerade mitten drin steckt und direkt vor der Nase hat, ist es noch viel schlimmer … Dankeschön!

  • Shout-Outs: Blick in andere Blogs | Fashion Insider Magazin
    21. März 2014 at 15:24

    […] der Absurdität des modernen Fashionbusiness beschäftigt sich DaisyDora bei Horstson. Ergänzend wären da übrigens noch die modernen, digitalen Vertriebswege zu nennen, […]

  • vk
    21. März 2014 at 15:55

    das maedchem im preussischen garderock gefaellt mir doch ausserordentlich gut.

  • Daisydora
    22. März 2014 at 13:27

    @vk

    Deine wahl fiel auf Mrs. Leandra Medine von The Man Repeller, einem der weniger nervigen Star-Modeblogs … 😉

  • vk
    22. März 2014 at 19:59

    lustiges ding. schoene kraftvolle ausstrahlung. weiss genau,wie sie die energie mit nem gewissen augenzwinkern – mit nem haken – nach vorne bringt. hugh grant als maedchen. vordergruendig lustig kraftvoll, hintergruendig unabhaengig. mag ich gerne. master class! nicht zu unterschaetzen.

  • Daisydora
    24. März 2014 at 13:04

    @vk

    Wenn sie keine Modebloggerin wäre, die mit Ehemann am Bett sitzend über das kennenlernen, etc. redet und das Filmchen davon auf Youtube stellt, um Traffic zu generieren … und, die sich auch noch von H&M Teilchen schenken lässt, würde ich das auch so wie Du sehen sehen. Den Typ Frau mag ich auch. Sie ist für mich außer Garance Dore und Scott Schuman international die einzige Bloggerin, die ich sympathisch und nicht verzweifelt und nervig finde … 😉